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Bloß nicht ablenken lassen

Die Schengen-Debatte dominiert die Berichte über das EU-Innenministertreffen in Luxemburg. Das lässt leicht übersehen, wie desaströs dessen eigentliche asylpolitische Ergebnisse ausfallen.
Schengen, Schengen und nochmals Schengen – in der Medienberichterstattung scheint es fast, als sei dies das vordringlichste Thema des EU-Innenminister-Treffens gewesen. Geschickt hatten der deutsche Innenminister Friedrich und sein französischer Amtskollege Guéant dieses Thema gesetzt, indem sie die angebliche Gefahr der „illegalen Migration“ beschworen, um sich als Hüter der nationalen Souveränität in Sachen Sicherheit und Ordnung zu profilieren.
Auch wenn Friedrich und Guénant mit ihrem öffentlichkeitswirksamen Vorstoß für die Wiedereinführung befristeter Kontrollen an den Binnengrenzen bei den meisten ihrer Amtskollegen auf Ablehnung stießen und Friedrichs merkwürdige Formulierung, „jeder“ habe „irgendwo seinen populistischen Druck“, schon fast nach einer Entschuldigung für das leicht durchschaubare deutsch-französische Wahlkampfmanöver klang, bleibt der Vorstoß nicht ohne Folgen: Andere wichtige Themen des Ministertreffens blieben in den meisten deutschen Medien weitgehend unterbelichtet – besonders die zentralen asylpolitischen Entscheidungen.
Denn hier hat sich die populistische Agenda von Friedrich und seiner österreichischen Kollegin Mikl-Leitner durchgesetzt: So soll die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX künftig auch an der ungarisch-serbischen Grenze zum Einsatz kommen. Während UNHCR, PRO ASYL und andere Menschenrechtsorganisationen auf die dramatische Situation von Schutzsuchenden in Ungarn und die völkerrechtswidrigen Praktiken an der Grenze zu Serbien hinweisen, wollen die Innenminister zusätzliche Polizeieinheiten schicken, um diese EU-Grenze noch effektiver abzuriegeln.
Auch an der griechisch-türkischen Grenze, an der Frontex-Beamte schon lange an der Inhaftierung von Asylsuchenden in überfüllte und verdreckte Zellen mitwirken, soll die Abschottung weiter perfektioniert werden. Auch sollen Abschiebungen in die Türkei erleichtert werden. „Jetzt werden Nägel mit Köpfen gemacht“, freute sich die österreichische Innenministerin Mikl-Leitner über den „Masterplan gegen illegale Migration“.
Was das im Endeffekt heißt, hat Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung formuliert: „Kurz: Das Grenzregime soll noch strenger, schärfer, rücksichtsloser werden – zur Sicherheit und zur Flüchtlingsabwehr. Stark bewachte Außengrenzen sollen Flüchtlinge abhalten, und wenn dies nicht gelingt, sollen die Binnenkontrollen zugreifen. Die europäische Demokratie ist nämlich eine exklusive Veranstaltung, die den Reichtum drinnen und die Not draußen behalten möchte. So sieht der vielgelobte Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aus.“