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Alle Jahre wieder klagt die „AG-Rück“

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Rückführung“ – kurz „AG Rück“ genannt – sieht wieder einmal Grund zur Klage. Die Abschiebungsexperten aus Bund- und Ländern monieren, zu vielen Menschen würde der Zwangstransport ins Ausland erspart.
Wieder einmal hat die „Ag Rück“ Vorschläge zum „Abbau von Vollzugshemmnissen“ erarbeitet. BILD macht sich heute zum Sprachrohr der Abschiebungslobbyisten, auch die CDU/CSU ist voll des Lobs: Die Vorschläge der AG-Rück müssten dringend umgesetzt werden, so der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion heute in einer Presseerklärung.
Der Zeitpunkt scheint passend gewählt: Die Schweizer Abstimmung gegen Zuwanderung dürfte die Union daran erinnert haben, dass es sich so kurz vor der Europawahl für sie lohnen könnte, im Fahrwasser von Rechtspopulisten auf Stimmenfang zu gehen. Auch die im Koalitionsvertrag geplante Bleiberechtsregelung könnten die Abschiebungsbefürworter im Auge haben, bei der sie vermutlich eine liberale Regelung zu verhindern trachten – eine Regelung, die es den vielen seit Jahren nur geduldeten Menschen endlich ermöglichen könnte, durch einen sicheren Aufenthaltstitel ihr Leben planen und selbstbestimmt gestalten zu können.
Denn was tatsächlich stimmt: In Deutschland leben zahlreiche Menschen (laut „Bild“ 37090 Personen), die „unmittelbar ausreisepflichtig“ sind und fast 100.000 Menschen mit einer Duldung. Sehr viele dieser Menschen befinden sich nicht selten schon seit langer Zeit in der bedrückenden und für viele auch extrem beängstigenden Lage, nicht zu wissen, ob sie abgeschoben werden oder nicht.
Was die AG Rück und auch CDU/CSU gern verschweigen, sind die vielfältigen Gründe, warum diese Menschen nicht abgeschoben werden können: Etwa Härtefallanträge oder Petitionen, die anhängig oder auch erfolgreich gewesen sind – denn immer öfter akzeptieren es Menschen nicht, wenn Nachbarinnen, Mitschüler, Sportkameraden oder Freundinnen in ein anderes Land verfrachtet werden sollen, in denen ihnen existenzielle Probleme drohen.
Auch wird in der Debatte verschwiegen, dass oft schwerwiegende Abschiebehindernisse berücksichtigt werden müssen – etwa Krankheiten der Betroffenen. Oder dass sich in manchen Fällen Herkunftsstaaten weigern, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen. In eine ganze Reihe von Staaten wird de facto nicht oder kaum abgeschoben – aus guten Gründen: etwa nicht nach Syrien, in den Irak, Somalia oder Afghanistan. Auch haben mehrere Bundesländer während des Winters Abschiebungsstopps in Balkanstaaten angeordnet, weil sich die Behörden bewusst sind, dass sie die Betroffenen sonst direkt in eine existenzgefährdende Lage abschieben würden.
Es gibt also viele und oft sehr gute Gründe, Menschen, die nur geduldet oder „unmittelbar ausreisepflichtig“ sind, nicht abzuschieben. Doch diese Gründe bleiben im Diskurs der Populisten im Dunkeln – denn um Aufklärung geht es nicht, sondern um das Gegenteil: Um die Mobilisierung von verbreiteten Ressentiments im Europa-Wahlkampf, in dem rechten und rechtspopulistischen Parteien Stimmgewinne prognostiziert werden.