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Eine Runde Mitleid für die „AG Rück“
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Rückführung“, eine Art Steuerungsgruppe für Abschiebungspraktiken, moniert, dass weder Politiker noch Behörden Abschiebungen hart genug durchsetzten. Die in der Gruppe versammelten leitenden Bundespolizisten und Landesbeamten beklagen, ihr Tun werde von der Landes- und Bundespolitik zu wenig unterstützt. Auch Bürgermeister und Landräte brächen bei entsprechendem Druck von Lobbygruppen und Medien immer wieder in letzter
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Rückführung“, eine Art Steuerungsgruppe für Abschiebungspraktiken, moniert, dass weder Politiker noch Behörden Abschiebungen hart genug durchsetzten. Die in der Gruppe versammelten leitenden Bundespolizisten und Landesbeamten beklagen, ihr Tun werde von der Landes- und Bundespolitik zu wenig unterstützt. Auch Bürgermeister und Landräte brächen bei entsprechendem Druck von Lobbygruppen und Medien immer wieder in letzter Minute Abschiebungen ab. Allenfalls bei Straftätern oder Terrorverdächtigen gebe es in der Öffentlichkeit noch Rückhalt, Ausländer gegen ihren Willen aus dem Land zu weisen, bedauern die Abschiebe-Experten.
All das schreibt „Der Spiegel“, der sich dabei auf ein „Erfahrungspapier“ der Arbeitsgruppe Rückführung beruft. Der Öffentlichkeit ist das Papier bisher nicht zugänglich. Weil das rein administrative Gremium mit dem Kurznamen „AG Rück“ eigentlich auch gar nicht befugt ist, sich politisch zu äußern, scheint es nun dem „Spiegel“ ein Papier zugesteckt zu haben – um es dort als „Expertenbericht“ zu lancieren.
Die daraus bisher veröffentlichten Informationen sind dürftig. Kritischer Betrachtung bedarf besonders die Tatsache, die der „AG Rück“ als Beleg einer angeblich „zu laschen“ Abschiebepraxis dient: Dass im Jahr 2010 weniger als 15 Prozent aller Ausreisepflichtigen die Bundesrepublik verlassen haben. Das kann allerdings verschiedene Gründe haben. Sind Härtefallanträge oder Petitionen anhängig oder gar erfolgreich gewesen? Existieren anderweitige Abschiebehindernisse, die schließlich noch berücksichtigt werden mussten? Verweigern Herkunftsstaaten die Rückübernahme ihrer Staatsangehörigen? Das sind nur einige wenige denkbare Fallkonstellationen, die im Dunkeln bleiben.
Stattdessen wird in den vom „Spiegel“ zitierten Ausschnitten des Papiers auf den Druck verwiesen, der von „Lobbygruppen und Medien“ ausgehe, der Bürgermeister und Landräte immer wieder dazu brächte, Abschiebungen abzubrechen. PRO ASYL hält das für ein riesiges Kompliment – ein Kompliment an all jene, die die humanitären Belange von Flüchtlingen auch nach Abschluss der juristischen Fragen ernster nehmen als manche Gerichte und Ausländerbehörden. Auch für ein Kompliment an die Medien, die über die menschlichen Dramen berichten, die mit dem Vollzug von Abschiebungen nach oft langjährigem Aufenthalt verbunden sind. Und nicht zuletzt für ein Kompliment an Bürgermeister und Landräte, die den Mut aufbringen, Abschiebungen aus humanitären Gründen auszusetzen.
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Rückführung“ reagiert offenbar auf einen drohenden Verlust ihrer beträchtlichen informellen Macht. Mit den jüngsten Regierungswechseln in einigen Bundesländern könnte die Macht der Hardliner schwinden. Vor diesem Hintergrund ist es wohl kein Zufall, dass die Abschiebe-Beamten gerade jetzt die Unterstützung der Landes- und Bundespolitik anmahnen.
Zum Spiegel-Artikel vom 21.05.2011