PRO ASYL protestiert gegen den Rechtsbruch und das Schweigen der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen am Weltkindertag
In einem breiten Bündnis unter dem Motto »Es reicht! Wir haben Platz!« ruft PRO ASYL zu Demonstrationen in Berlin, Köln und München auf. Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL, wird bei der Auftaktkundgebung in Köln sprechen.
PRO ASYL fordert die sofortige Beendigung der illegalen Push-Back-Praktiken der griechischen Regierung, den Zugang zum Recht auf Schutz und Asyl und die Aufnahme aller Schutzsuchenden von den griechischen Inseln in EU-staaten, vor allem in Deutschland.
Von der Leyen versagt
PRO ASYL Geschäftsführer Günter Burkhardt wirft der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen vor, in ihrer Rolle als Hüterin der Europäischen Verträge zu versagen. Griechenland begeht einen permanenten Rechtsbruch und missachtet elementare Rechte. Tausenden Schutzsuchenden wird eine menschenwürdige Aufnahme und der Zugang zum Recht auf Asyl behördlich verweigert. »Es ist beschämend, dass wir ausgerechnet heute am Weltkindertag zusehen müssen, wie tausende Kinder in Dreck und Elend ausharren, ohne dass die Hüterin der EU-Verträge aktiv wird. Kinder- und Menschenrechte werden mit Füßen getreten und wir erleben ein lautes Schweigen der EU-Kommission. Die Europäische Union gründet auf Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten«, so Burkhardt.
Es geht um mehr als Flüchtlingspolitik. Es geht um das Fundament des Zusammenlebens in Deutschland und Europa. Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit werden faktisch außer Kraft gesetzt werden: Das Recht, unveräußerliche Rechte zu haben – konkret: das Recht auf Leben, das Recht auf Schutz vor Zurückweisung in Folter und erniedrigende Umstände, der Zugang zum Recht auf Schutz und Asyl und das Recht, in einem Rechtsstaat gegen Behördenentscheidungen den Rechtsweg zu beschreiten – all das wird auf griechischem Hoheitsgebiet nicht gewährleistet.
Griechenland begeht offensichtlich Völkerrechtsbruch – und es gibt keine Reaktionen seitens der EU
Seit März 2020 häufen sich Berichte zu Push-Backs durch die griechische Küstenwache in der Ägäis. Erreichen Schutzsuchende griechische Gewässer und werden durch die Küstenwache aufgegriffen, zerstört diese den Motor des Boots und schleppt die Schutzsuchenden auf den kaputten Booten zurück in Richtung türkische Hoheitsgewässer. Dort werden die Schutzsuchenden ihrem Schicksal überlassen.
Schutzsuchende werden auf aufblasbaren, manövrierunfähigen Rettungsinseln ausgesetzt. Recherchen der New York Times zufolge wurden in alleine bis Mitte August 2020 über 1.000 Menschen Opfer dieser Praxis. In einem Video ist sie dokumentiert: Die Schutzsuchenden werden auf einer Rettungsinsel mit einem Seil von einem Schiff der griechischen Küstenwache gezogen und das Seil dann – in griechisch-türkischen Grenzgewässern – gekappt.
Doch nicht nur Schutzsuchende, die auf See aufgegriffen werden, sind von dieser menschenverachtenden Praxis betroffen. Es gibt diverse Berichte von Betroffenen, die sogar nach ihrer Ankunft auf einer griechischen Insel von Beamt*innen auf solche Rettungsinseln gebracht und in der Nähe türkischer Hoheitsgewässer ausgesetzt wurden.
Der UNHCR fordert von der griechischen Regierung eine Untersuchung der Vorwürfe. Der griechische Premierminister, Kyriakos Mitsotakis, streitet alle Vorwürfe ab und will von Push-Backs nichts wissen. Der griechische Minister für Schifffahrt, Giannis Plakiotakis, rühmt sich aber damit, alleine im August die Ankunft von 3.000 Schutzsuchenden verhindert zu haben. Wie dies erreicht wurde, verrät er nicht.
In einer Anhörung zu der Situation an der griechisch-türkischen Grenze hat die zuständige EU-Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson, lediglich die Einrichtung eines »Beobachtungsmechanismus« in Aussicht gestellt.
Unterlassene Hilfeleistung und Push-Backs in der Ägäis – Schweigen aus Deutschland
Der Rechtsbruch geschieht auch vor den Augen deutscher Schiffe, die im Rahmen einer NATO-Mission »Standing NATO Maritime Group 2« in der Ägäis patrouillieren. Die Besatzung der deutschen Fregatte »Berlin« wurde mehrfach Zeugin von Push-Backs, griff jedoch nicht ein. Welche Rolle deutsche Einsatzkräfte in der völkerrechtswidrigen Praxis spielen, möchte die Bundesregierung nicht aufklären.
In einer Kleinen Anfrage wird die Bundesregierung gefragt, ob ihr Fälle bekannt sind, in denen die griechische Küstenwache Gefahrensituationen erzeugte, indem sie in hohem Tempo an Flüchtlingsbooten vorbeifuhr. Die Bundesregierung schweigt: »Die Beantwortung der Frage kann nicht offen erfolgen. Eine öffentliche Bekanntgabe von Informationen im Sinne der Fragestellung könnte nachteilige Auswirkungen für die bilateralen Beziehungen von Deutschland und Griechenland haben und somit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein«.
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