24.01.2019

See­ho­fer: Ver­ant­wor­tung erfolg­reich ausgelagert 

Bun­des­in­nen­mi­nis­ter (BMI) See­ho­fer hat bei der gest­ri­gen Pres­se­kon­fe­renz zur Vor­stel­lung der Asyl­zah­len 2018 den Rück­gang der Asy­l­erst­an­trä­ge um 18 Pro­zent im Ver­gleich zum Vor­jahr her­vor­ge­ho­ben und mein­te, »poli­ti­sche Maß­nah­men hät­ten die gewünsch­te poli­ti­sche Wir­kung gezeigt«. Das ist eine rein natio­na­le Sicht der Din­ge, die zudem völ­lig igno­rant ist gegen­über der Tat­sa­che, dass Mil­lio­nen Men­schen welt­weit auf der Suche nach Schutz sind, der ihnen häu­fig ver­wehrt bleibt. Ange­sichts der töd­li­chen Behin­de­rung der See­not­ret­tung auf dem Mit­tel­meer, ille­ga­len Push-Backs auf der Bal­kan­rou­te und der Unwil­lig­keit eini­ger EU-Part­ner­staa­ten Sys­te­me des Flücht­lings­schut­zes auf­zu­bau­en, ist See­ho­fers Aus­sa­ge ein schlich­tes Bekennt­nis zur Stra­te­gie, Flücht­lings­schutz aus­zu­la­gern oder zu verhindern.

Auch die Zah­len beim The­ma Fami­li­en­nach­zug zu sub­si­di­är Geschütz­ten glei­chen eher einem Trau­er­spiel. Die bereits unglaub­lich restrik­ti­ve Quo­te von 1000 Visa pro Monat wur­de bei wei­tem nicht aus­ge­schöpft. Es wur­den gera­de ein­mal 2.600 Visa tat­säch­lich erteilt. Bei der Fra­ge, ob die rest­li­chen 2.400 auf das neue Jahr über­tra­gen wür­den, ant­wor­te­te BMI See­ho­fer süf­fi­sant, da sei er »nicht ganz ver­schlos­sen«, es gehe aber um eine Fra­ge des »Inter­es­sens­aus­glei­ches«. Wird da der nächs­te unsitt­li­che Deal mit dem Koali­ti­ons­part­ner ange­kün­digt? PRO ASYL for­dert als abso­lu­tes Mini­mum die Über­tra­gung des Visa­kon­tin­gents auf das lau­fen­de Jahr, lehnt aber die Beschrän­kung des Fami­li­en­nach­zugs für Men­schen, die den sog. sub­si­diä­ren Schutz erhal­ten haben, grund­sätz­lich ab.

Der Prä­si­dent des Bun­des­am­tes für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF), Dr. Som­mer, leg­te den Fokus der­weil auf Qua­li­täts­si­che­rung. Es gebe »kei­ne Behör­de in Deutsch­land, die eine der­ar­tig inten­si­ve Qua­li­täts­kon­trol­le betreibt.« Nach Ansicht von PRO ASYL wer­den hier Absichts­er­klä­run­gen zu Ergeb­nis­sen umge­münzt. Das von PRO ASYL seit vie­len Jah­ren gefor­der­te Vier-Augen-Prin­zip soll umge­setzt sein. Doch nach wie vor lan­den dürf­tig begrün­de­te Asyl­ab­leh­nun­gen, die auf schlech­ten Anhö­run­gen basie­ren, auf den Tischen von Anwäl­ten wie auch von PRO ASYL. Die Selbst­ein­schät­zung der Behör­de in Sachen Qua­li­täts­kon­trol­le ist schlicht­weg nicht gerecht­fer­tigt. Es gibt wohl kei­ne Behör­de, die so vie­le feh­ler­haf­te Beschei­de ver­sen­det, von denen vie­le dann von Gerich­ten wie­der kor­ri­giert wer­den. Bei einer sach­ge­rech­ten Betrach­tung wer­den die for­mel­len Ver­fah­rens­aus­gän­ge nicht mit­ge­rech­net. Das bedeu­tet: Tat­säch­lich wird jeder drit­te Asyl­be­scheid des BAMF durch Gerich­te kor­ri­giert, bei Afgha­nin­nen und Afgha­nen sogar jeder zwei­te. Dass sich Bun­des­amt und BMI mit die­sen Zah­len nicht aus­ein­an­der­set­zen möch­ten, ist fatal – belas­tet wer­den die Ver­wal­tungs­ge­rich­te, viel mehr aller­dings noch die Asyl­su­chen­den, die wei­te­re Mona­te und mit­un­ter Jah­re auf den Schutz war­ten müs­sen, der ihnen zusteht.

Über­stel­lun­gen im Rah­men des Dub­lin-Ver­fah­rens in ande­re EU-Staa­ten haben im Ver­gleich zum Vor­jahr deut­lich zuge­nom­men. Was BMI und Bun­des­amts­prä­si­dent posi­tiv dar­stel­len, heißt im Klar­text, dass der Druck auf die EU-Rand­staa­ten wei­ter erhöht wird, in denen ohne­hin der größ­te Teil der Flücht­lin­ge ankommt. Grie­chen­land, Bul­ga­ri­en, Ita­li­en sol­len mehr Schutz­su­chen­de auf­neh­men, unge­ach­tet des­sen, dass in die­sen Staa­ten ein men­schen­wür­di­ges Unter­brin­gungs- und Asyl­prü­fungs­sys­tem kaum exis­tiert. Damit wird deren Kurs in Rich­tung ver­schärf­ter Abschot­tung nach Außen wei­ter angetrieben.

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