27.02.2009

Ekla­tan­te Defi­zi­te, Recht‑, Obdach- und Mittellosigkeit

PRO ASYL for­dert: Kei­ne Über­stel­lun­gen von Asyl­su­chen­den nach Griechenland

PRO ASYL for­dert vor dem Hin­ter­grund der wei­ter­be­stehen­den ekla­tan­ten Defi­zi­te des grie­chi­schen Asyl­sys­tems, dass Deutsch­land von der Rück­über­stel­lung Asyl­su­chen­der nach Grie­chen­land absieht. Chao­ti­sche Zustän­de sind dort an der Tages­ord­nung. Dies belegt eine jetzt von PRO ASYL ver­öf­fent­lich­te Unter­su­chung zur aktu­el­len Situa­ti­on von Asyl­su­chen­den in Griechenland.

Die Stel­lung­nah­me, die auf Vor­ort­re­cher­chen des Europa­re­fe­ren­ten Karl Kopp im Janu­ar 2009 und der Aus­wer­tung von Quel­len bis zum Febru­ar beruht, kommt zu dem Schluss: Das bestehen­de Asyl­sys­tem in Grie­chen­land steht nicht im Ein­klang mit der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on und der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on. Ein effek­ti­ver Zugang zum Ver­fah­ren und recht­li­ches Gehör wer­den nicht gewähr­leis­tet. Alle drei maß­geb­li­chen EU-Asyl­richt­li­ni­en sind nicht in der Pra­xis ver­wirk­licht wor­den. Die ers­te Asy­l­in­stanz in Grie­chen­land erfüllt kein Kri­te­ri­um eines rechts­staat­li­chen Ver­fah­rens, was auch in ihrer Aner­ken­nungs­quo­te (0,02 Pro­zent im Jahr 2008) zum Aus­druck kommt. Eine wirk­li­che Anhö­rung und Prü­fung des Schutz­be­geh­rens fin­det nicht statt. Asyl­su­chen­de am Athe­ner Flug­ha­fen wer­den wei­ter­hin ohne Dol­met­scher ange­hört. Die von Deutsch­land und ande­ren euro­päi­schen Staa­ten abge­scho­be­nen Asyl­su­chen­den lan­den in der Regel in der Obdachlosigkeit.

Durch das zen­tra­li­sier­te Ver­fah­ren in Grie­chen­land dräng­ten sich vor der für die Ent­ge­gen­nah­me von Asyl­an­trä­gen zustän­di­gen Athe­ner Aus­län­der­be­hör­de zeit­wei­lig meh­re­re Tau­send Men­schen. Zugang zum Gebäu­de wird nur weni­gen nach undurch­schau­ba­ren Kri­te­ri­en und offen­bar will­kür­lich gewährt. Die an den Wochen­en­den auf einen Ter­min War­ten­den ste­hen dort in Regen und Käl­te – ohne Zugang zu Toiletten.

Die­se Miss­stän­de, die einer fast völ­li­gen Rechts­ver­wei­ge­rung gleich­kom­men, bestä­ti­gen inzwi­schen auch Berich­te des Hohen Flücht­lings­kom­mis­sa­ri­ats der Ver­ein­ten Natio­nen (UNHCR), des Grie­chi­schen Ombuds­man­nes, des Men­schen­rechts­kom­mis­sars des Euro­pa­ra­tes und der Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­ti­on Human Rights Watch.

Ein halb­wegs funk­tio­nie­ren­des Asyl­sys­tem ver­moch­te allein eine Dele­ga­ti­on des deut­schen Bun­des­am­tes für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge zu erken­nen, die sich im Novem­ber in Athen auf­hielt. PRO ASYL hält die auf der Dienst­rei­se des Bun­des­amts zurück­ge­hen­den Dar­stel­lun­gen für teil­wei­se unzu­tref­fend und ergän­zungs­be­dürf­tig. Sie blen­den zen­tra­le Pro­blem­fel­der aus und sind in der Gesamt­schau verharmlosend.

Eine gan­ze Rei­he von deut­schen Ver­wal­tungs­ge­rich­ten hat Rück­über­stel­lun­gen von Asyl­su­chen­den zeit­wei­lig unter Ver­weis auf die Situa­ti­on in Grie­chen­land aus­ge­setzt. Nach der Dub­lin II-Ver­ord­nung wäre Grie­chen­land für die­je­ni­gen Flücht­lin­ge zustän­dig, die den ers­ten Gebiets­kon­takt mit die­sem Land hat­ten. Vie­le der in Grie­chen­land völ­lig recht­los gestell­ten, in der Mehr­zahl obdach- und mit­tel­los gelas­se­nen Flücht­lin­ge ver­su­chen jedoch, sich in ande­re EU-Staa­ten durchzuschlagen.

Bernd Meso­vic

Refe­rent

Hin­weis: Die Stel­lung­nah­me zur aktu­el­len Situa­ti­on von Asyl­su­chen­den in Grie­chen­land und wei­te­re Hin­ter­grund­ma­te­ria­li­en fin­den Sie auf der Home­page von PRO ASYL.

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