14.12.2011

Heu­te stel­len die Bun­des­tags­frak­tio­nen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bünd­nis 90/Die Grü­nen ihren gemein­sa­men Ent­schlie­ßungs­an­trag zur Situa­ti­on von Flücht­lin­gen in Grie­chen­land vor. Sie kri­ti­sie­ren: „Die Zustän­de in die­sen Auf­fang­la­gern sind ent­setz­lich. Dort wer­den tag­täg­lich Men­schen­rech­te ver­letzt.“ Die Frak­tio­nen for­dern u.a. Grie­chen­land auf, zügig ein funk­tio­nie­ren­des Asyl­sys­tem zu ent­wi­ckeln und die „men­schen­un­wür­di­gen Bedin­gun­gen in den grie­chi­schen Auf­fang­la­gern sofort zu beenden“.

PRO ASYL begrüßt die­se For­de­rung, warnt aber davor, den euro­päi­schen Anteil an der grie­chi­schen Flücht­lings­mi­se­re aus­zu­blen­den. Wer über die dra­ma­ti­sche Situa­ti­on in Grie­chen­land spricht, darf über Dub­lin nicht schwei­gen. Die euro­päi­sche Asyl­zu­stän­dig­keits­re­ge­lung – die soge­nann­te Dub­lin-II-Ver­ord­nung – lässt dem klei­nen Land, selbst wenn es alles rich­tig machen wür­de, kei­ne Chan­ce. Grie­chen­land ist auf­grund sei­ner geo­gra­fi­schen Lage für einen gro­ßen Anteil der Schutz­su­chen­den in Euro­pa zustän­dig. Flücht­lin­ge aus Afgha­ni­stan, aus dem Irak, dem Iran, aus Syri­en und aus Soma­lia flie­hen über die Tür­kei nach Grie­chen­land. Bis Okto­ber 2011 sind allein an grie­chisch-tür­ki­schen Land­gren­zen über 45.000 Men­schen auf­ge­grif­fen und inhaf­tiert worden.

PRO ASYL appel­liert an die Bun­des­re­gie­rung, sich einer grund­le­gen­den Reform der euro­päi­schen Asyl­zu­stän­dig­keits­re­ge­lung nicht wei­ter zu ver­schlie­ßen. Eine Poli­tik, die den klei­ne­ren Staa­ten an den Außen­gren­zen der EU die maß­geb­li­che Ver­ant­wor­tung für den Flücht­lings­schutz zuweist, ist unso­li­da­risch. Euro­pa braucht einen huma­ni­tä­ren Ver­tei­lungs­me­cha­nis­mus, der die Bedürf­nis­se und fami­liä­ren Bin­dun­gen des Schutz­su­chen­den in den Mit­tel­punkt stellt.

Ange­sichts der men­schen­un­wür­di­gen Bedin­gun­gen in Grie­chen­land for­dert PRO ASYL die Bun­des­re­gie­rung und ande­re euro­päi­schen Staa­ten auf, unmit­tel­bar zu han­deln: Drin­gend gebo­ten ist ein ad-hoc Auf­nah­me­pro­gramm für unbe­glei­te­te Min­der­jäh­ri­ge und Fami­li­en mit Kin­dern aus Grie­chen­land. Euro­pa darf nicht län­ger zuschau­en, wie tau­sen­de von beson­ders Schutz­be­dürf­ti­gen obdach­los und schutz­los in den Stra­ßen von Athen und anders­wo um ihr Über­le­ben kämpfen.

PRO ASYL wider­spricht der Behaup­tung, dass der Fron­tex-Ein­satz zur Ver­bes­se­rung der Situa­ti­on vor Ort bei­getra­gen habe. „Men­schen­rech­te wer­den bes­ser ein­ge­hal­ten und die Zusam­men­ar­beit mit dem tür­ki­schen Mili­tär hat sich signi­fi­kant ver­bes­sert“, heißt es in dem gemein­sa­men Antrag. An der Rechtslos­stel­lung und der Inhaf­tie­rungs­pra­xis von Flücht­lin­gen hat sich seit dem Fron­tex-Ein­satz nichts geändert.

Der Ver­weis auf die Tür­kei blen­det aus, dass es dort kein Flucht­schutz­sys­tem gibt. Die Tür­kei hat die Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on mit einem soge­nann­ten regio­na­len Vor­be­halt unter­zeich­net. Gera­de Flücht­lin­gen aus Län­dern wie dem Irak, Iran und Syri­en droht nach einer Über­stel­lung in die Tür­kei die unmit­tel­ba­re Abschie­bung ins Herkunftsland.

Zum frak­ti­ons­über­grei­fen­den Antrag (BT-Druck­sa­che 17/7979):

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/079/1707979.pdf

Zum Antrag der Frak­ti­on „Die Lin­ke“ (BT-Druck­sa­che 17/8139):

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/081/1708139.pdf

 „Ich hat­te Todes­angst“ – Miss­hand­lun­gen und Fol­ter beim Auf­griff von Flücht­lin­gen in der grie­chi­schen Ägä­is (04.06.13)

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