01.02.2022

Anläss­lich der heu­te begin­nen­den Afgha­ni­stan-Kon­fe­renz im Euro­päi­schen Par­la­ment und des infor­mel­len Tref­fens der EU-Innenminister*innen am 3. und 4. Febru­ar for­dert PRO ASYL die EU-Län­der auf, ihre Zusa­gen zur Auf­nah­me schutz­be­dürf­ti­ger Afghan*innen ein­zu­hal­ten und die Zahl der Auf­zu­neh­men­den sub­stan­zi­ell zu erhö­hen. Neue Erkennt­nis­se der Ver­ein­ten Natio­nen zei­gen die Dring­lich­keit des­sen auf.

Die Tali­ban haben einem UN-Bericht zufol­ge seit ihrer Macht­über­nah­me im August 2021 mehr als hun­dert ehe­ma­li­ge Regierungsmitarbeiter*innen und Orts­kräf­te der inter­na­tio­na­len Trup­pen in Afgha­ni­stan getö­tet. In dem Bericht, der der Nach­rich­ten­agen­tur AP in einer Vor­ab­ver­si­on vor­liegt, wird auch dar­auf hin­ge­wie­sen, dass „Men­schen­rechts­ver­tei­di­ger und Medi­en­schaf­fen­de wei­ter­hin Angrif­fen, Ein­schüch­te­run­gen, Schi­ka­nen, will­kür­li­chen Ver­haf­tun­gen, Miss­hand­lun­gen und Tötun­gen aus­ge­setzt [sind]“. Ange­sichts des­sen appel­liert PRO ASYL an die Innenminister*innen der EU, die Auf­nah­me gefähr­de­ter Afghan*innen bei ihrem infor­mel­len Tref­fen am 3. und 4. Febru­ar weit oben auf die Agen­da zu setzen.

„Die EU und ihre Mit­glie­der müs­sen die neu­en Erkennt­nis­se der Ver­ein­ten Natio­nen ernst neh­men und end­lich han­deln“, for­dert Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL. „Euro­pa muss bedroh­ten Men­schen aus Afgha­ni­stan schnell und unbü­ro­kra­tisch Schutz bie­ten. Ihre Auf­nah­me stockt schon viel zu lan­ge – es darf kei­ne wei­te­re Zeit ver­lo­ren wer­den.“ Statt­des­sen scheint es so, als ob die EU nur auf Grenz­ab­wehr an ihren Außen­gren­zen setzt. Die Schutz­be­dürf­ti­gen sit­zen in Afgha­ni­stan in der Falle.

Die poli­ti­sche und huma­ni­tä­re Situa­ti­on in Afgha­ni­stan spitzt sich rapi­de zu. Das Zeit­fens­ter, um gefähr­de­ten Afghan*innen die Aus- und Ein­rei­se nach Euro­pa zu ermög­li­chen, droht sich zu schlie­ßen. Doch der Auf­nah­me­pro­zess stockt auf meh­re­ren Ebe­nen. Die EU soll­te sich des­halb nach Ansicht von PRO ASYL dafür stark machen, Flü­ge aus Kabul in euro­päi­sche Städ­te zu ermög­li­chen. „Wir brau­chen eine dop­pel­te Luft­brü­cke: Auf dem Hin­flug soll­ten die Flug­zeu­ge huma­ni­tä­re Hilfs­gü­ter lie­fern, auf dem Rück­flug bedroh­te Men­schen mit­neh­men und in Sicher­heit brin­gen“, erläu­tert Burk­hardt. Dar­über hin­aus ist es essen­ti­ell, dass die EU mit Afgha­ni­stans Nach­bar­län­dern prak­ti­sche Lösun­gen fin­det, beson­ders in Hin­blick auf erfor­der­li­che Doku­men­te wie Päs­se oder Visa.

PRO ASYL: „Auf­nah­me­zu­sa­gen müs­sen der Rea­li­tät ange­passt wer­den“

Die am 31. Janu­ar bekannt gewor­de­nen Erkennt­nis­se der UN decken sich mit den Berich­ten von Afghan*innen, die PRO ASYL vor­lie­gen, sowie mit aktu­el­len Ein­schät­zun­gen der Euro­päi­schen Asyl-Behör­de EASO. Die­se wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­se und die kon­kre­ten Erfah­rungs­be­rich­te von Afghan*innen müs­sen zu einer ver­stärk­ten Auf­nah­me bedroh­ter und ver­folg­ter Män­ner, Frau­en und Kin­der aus Afgha­ni­stan füh­ren, for­dert PRO ASYL. Die Zahl der tat­säch­lich Gefähr­de­ten sei in den ver­gan­ge­nen Mona­ten künst­lich her­un­ter­ge­rech­net wor­den, so die Menschenrechtsorganisation.

EU-Innen­kom­mis­sa­rin Ylva Johans­son hat­te Mit­te Dezem­ber mit­ge­teilt, dass 15 EU-Staa­ten rund 40.000 Men­schen aus dem Land auf­neh­men wol­len. Deutsch­land hat­te allein 25.000 Plät­ze zuge­sagt. „Wir erwar­ten von den EU-Innenminister*innen, dass die Auf­nah­me­zu­sa­gen der Rea­li­tät ange­passt wer­den und sich nach der tat­säch­li­chen Bedro­hungs­la­ge rich­ten“, sagt Burk­hardt. „Solan­ge muti­ge Frau­en­rechts­ak­ti­vis­tin­nen, kri­ti­sche Jour­na­lis­ten und ande­re Men­schen­recht­ler in Afgha­ni­stan akut in Lebens­ge­fahr sind, darf ihnen die Auf­nah­me nicht mit dem Argu­ment ver­wehrt wer­den, die Zahl von 40.000 sei bereits erreicht“, prä­zi­siert er. 

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