Anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20.Juni und vor dem EU-Gipfel am 22. Juni appellieren PRO ASYL, Paritätischer Gesamtverband, Jesuiten-Flüchtlingsdienst, Republikanischer Anwaltsverein und Neue Richtervereinigung an die Staats- und Regierungschefs, für ein offenes Europa für Flüchtlinge einzutreten.
Sie warnen vor einer Abwälzung der Verantwortung für Flüchtlinge an Drittstaaten, in denen Flüchtlinge der Rechtsunsicherheit und Aussichtslosigkeit ausgesetzt werden. Die Europäische Union trägt dazu bei, dass sich der auf den universellen Menschenrechten aufbauende Flüchtlingsschutz einschneidend wandelt und sich immer mehr Staaten ihrer Verantwortung entziehen.
Derzeit entwickeln die Regierungen und auch die EU selbst flüchtlingsfeindliche Abwehrstrategien. Sie erlassen Gesetze, die der Abwehr nationalistischer und anti-europäischer Parteien und Entwicklungen dienen sollen, sich in ihrer Wirkung aber kaum von den Forderungen dieser Bewegungen unterscheiden. Dadurch gewinnen anti-europäische Entwicklungen zunehmend gesellschaftspolitische Akzeptanz.
Der Mut, anti-europäischen Positionen durch eine flüchtlingsfreundliche Politik entgegen zu wirken, fehlt Regierungen wie auch der Union. Nicht aber die Abwehr von Flüchtlingen stärkt die europäische Integration, sondern ihre Aufnahme.
Die Organisationen wenden sich entschieden gegen die aktuelle Politik der Abschottung und fordern:
- Ein offenes Europa für Flüchtlinge ohne Obergrenze, die Stärkung des individuellen Asylrechts und die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen.
- Dabei müssten die nord- und mitteleuropäischen Industriestaaten zunächst die Hauptverantwortung tragen. In einem System unterschiedlicher Geschwindigkeiten müssen vorrangig Mitgliedstaaten, die eine Einwanderungstradition entwickelt haben, Flüchtlinge aufnehmen und die Verantwortung für diese unter sich aufteilen.
- Ein Finanzausgleich für Mitgliedstaaten, die Flüchtlinge aufnehmen, soll geschaffen werden. Bei der Aufteilung der Verantwortung muss familiären, kulturellen und sonstigen Bindungen der Flüchtlinge Vorrang eingeräumt werden. Langfristig müssen einheitliche Verfahrens- und Aufnahmestandards geschaffen werden.
- Die EU muss für Flüchtlinge ein faires, individuelles Verfahren einschließlich einer Beschwerdeinstanz gegen ablehnende Entscheidungen auf europäischem Boden gewährleisten. Das Refoulement-Verbot nach Art. 33 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention sowie nach Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention muss strikt beachtet werden.
- Eine verantwortliche und den Menschenrechten verpflichtete Politik darf gar nicht anders handeln, als Flüchtlinge in Seenot zu retten. Nichtstaatliche Seenotrettungsorganisationen dürfen nicht diffamiert und kriminalisiert werden, sondern müssen unterstützt werden. Eine Verstärkung der Seenotrettung ist dringend geboten.
- Die politisch Verantwortlichen in der EU und in den Mitgliedstaaten müssen Alternativen zur lebensgefährdenden Flucht schaffen, z.B. durch umfangreiche Programme zur Neuansiedlung von Flüchtlingen (Resettlement), Gewährung humanitärer Visa, Gewährung von Familiennachzug etc.
- Die Schaffung einer unmittelbar an die Asylentscheidung anschließenden Freizügigkeitsberechtigung für international Schutzberechtigte in der Union verbunden mit einer gegenseitigen Anerkennung der Statusentscheidungen durch die Mitgliedstaaten.
Zur gemeinsamen Erklärung »Für ein offenes Europa« geht es hier.