11.01.2023

PRO ASYL for­dert Innen­mi­nis­te­rin Nan­cy Fae­ser und das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF) auf, für Men­schen aus dem Iran einen sofor­ti­gen Ent­schei­dungs­stopp für Ableh­nun­gen zu veranlassen.

Es darf nicht sein, dass das BAMF zwar auf Grund­la­ge einer neu­en Lage­be­wer­tung durch das Aus­wär­ti­ge Amt von Ende Novem­ber 2022 sei­ne Her­kunfts­län­der-Leit­sät­ze über­ar­bei­tet, aber unter­des­sen wei­ter­hin Men­schen ablehnt, weil sie im Iran nicht bedroht seien.

Anfang Dezem­ber 2022 hat Bun­des­in­nen­mi­nis­te­rin Fae­ser die Men­schen­rechts­la­ge im Iran als desas­trös bezeich­net, zum Inter­na­tio­na­len Tag der Men­schen­rech­te am 10. Dezem­ber 2022 hat sie sich mit den Pro­tes­tie­ren­den im Iran soli­da­ri­siert und Respekt für die Men­schen geäu­ßert, „die mit unglaub­li­chem Mut ihr Leben ris­kie­ren, um für die Men­schen­rech­te in ihrem Land ein­zu­tre­ten“. Die Asyl­be­hör­de BAMF, die dem Innen­mi­nis­te­ri­um unter­steht, scheint das hin­ge­gen kaum zu interessieren.

Im Zeit­raum Janu­ar bis August 2022 erhiel­ten noch 46 Pro­zent der Asyl­su­chen­den aus dem Iran Schutz im Asyl­ver­fah­ren, 54 Pro­zent wur­den abge­lehnt. Seit dem Beginn der Revol­te (die mit der Ermor­dung Masha Ami­nis am 16. Sep­tem­ber begann) erhiel­ten jedoch nicht mehr Men­schen aus dem Iran Schutz in Deutsch­land, wie viel­leicht zu ver­mu­ten. Im Gegen­teil: Die Ableh­nungs­quo­te stieg zunächst sogar leicht an. Im Sep­tem­ber 2022 lag die Ableh­nungs­quo­te bei 61 Pro­zent, im Okto­ber bei 59 Pro­zent, im Novem­ber bei 58 und im Dezem­ber bei 51 Pro­zent. Das geht aus den heu­te ver­öf­fent­lich­ten Asyl­zah­len hervor.

Auch wenn die­ser Anstieg der Ableh­nungs­quo­ten noch im Bereich sta­tis­ti­scher Schwan­kun­gen lie­gen mag, ist er ange­sichts der Men­schen­rechts­la­ge im Iran ein Skan­dal. Ein sofor­ti­ger Stopp von Ableh­nun­gen ira­ni­scher Asyl­su­chen­der ist nicht zuletzt auch des­we­gen ange­zeigt, weil bereits vor Beginn der ira­ni­schen Revo­lu­ti­on unzäh­li­ge Fehl­ent­schei­dun­gen des BAMF ergin­gen. So lag die Auf­he­bungs­quo­te durch Ver­wal­tungs­ge­rich­te in den inhalt­lich ent­schie­de­nen Asyl­kla­gen im ers­ten Halb­jahr 2022 bei 42 Pro­zent, das heißt, fast jeder zwei­te inhalt­lich über­prüf­te BAMF-Bescheid zum Her­kunfts­land Iran wur­de auf­ge­ho­ben. Schutz­be­dürf­ti­ge Men­schen aus dem Iran dür­fen nicht in jah­re­lang dau­ern­de Gerichts­ver­fah­ren gedrängt werden.

Die Hälf­te aller Asyl­su­chen­den kommt aus Syri­en und Afghanistan

Die Zahl der Asy­l­erst­an­trä­ge ist mit knapp 218.000 im Ver­gleich zum Vor­jahr um 47 Pro­zent gestie­gen. Mit 71.000 Asy­l­erst­an­trä­gen aus Syri­en und knapp 36.000 aus Afgha­ni­stan kam rund die Hälf­te aller Asyl­su­chen­den allein aus die­sen bei­den Her­kunfts­län­dern. Aller­dings beinhal­tet die Zahl der Asy­l­erst­an­trä­ge auch hier gebo­re­ne Kin­der von oft­mals bereits vor Jah­ren ein­ge­reis­ten und teils längst aner­kann­ten Flücht­lin­gen. Rund 11 Pro­zent oder 25.000 der Asy­l­erst­an­trä­ge ent­fal­len auf in Deutsch­land gebo­re­ne Kin­der im Alter von unter einem Jahr. Somit liegt die Zahl der neu ein­ge­reis­ten Asyl­su­chen­den 2022 bei 193.000.

Fast drei Vier­tel erhal­ten Schutz vom BAMF

Auf Rekord­hö­he ist die Schutz­quo­te im Asyl­ver­fah­ren: Men­schen aus Syri­en und Afgha­ni­stan erhal­ten zu fast 100 Pro­zent Schutz in Deutsch­land, wenn der Asyl­an­trag hier bear­bei­tet wird. Ins­ge­samt liegt die Schutz­quo­te für alle Her­kunfts­län­der bei rund 72 Pro­zent, wenn man nur die inhalt­lich über­prüf­ten Asyl­be­schei­de betrach­tet. Das bedeu­tet, dass fast drei Vier­tel aller Schutz­su­chen­den bereits beim BAMF Schutz erhal­ten; dazu kom­men Tau­sen­de von Ver­wal­tungs­ge­rich­ten auf­ge­ho­be­ne unrecht­mä­ßi­ge Asylbescheide.

Die vom BAMF aus­ge­wie­se­ne „offi­zi­el­le“ Schutz­quo­te von 56 Pro­zent ver­zerrt Aus­sa­gen über die fest­ge­stell­te Schutz­be­dürf­tig­keit, da sie auch for­mel­le Erle­di­gun­gen beinhal­tet: So sagt ein Dub­lin­be­scheid für einen afgha­ni­schen Asyl­su­chen­den, für des­sen Asyl­ver­fah­ren zum Bei­spiel Rumä­ni­en zustän­dig ist, wenig über des­sen Schutz­be­dürf­tig­keit aus, da nur die Zustän­dig­keit, aber nicht die Asyl­grün­de geprüft wur­den. Von die­sen Dub­lin­ent­schei­dun­gen gab es im ver­gan­ge­nen Jahr über 22.000.

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