30.09.2021

Zum Tag des Flücht­lings am 1. Okto­ber appel­lie­ren die Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen PRO ASYL und Amnes­ty Inter­na­tio­nal an die son­die­ren­den Par­tei­en, einen men­schen­rechts­kon­for­men Flücht­lings­schutz im Koali­ti­ons­ver­trag zu ver­an­kern. Dazu gehö­ren fai­re und recht­staat­li­che Asyl­ver­fah­ren, das Recht auf Fami­li­en­nach­zug für alle Schutz­be­rech­tig­ten, die Ver­ein­ba­rung, Abschie­bun­gen in Kriegs- und Kri­sen­ge­bie­te zu unter­las­sen sowie der Zugang zu indi­vi­du­el­lem Asyl­recht an EU-Außengrenzen.

Zum Auf­takt der Son­die­rungs­ge­sprä­che nach der Bun­des­tags­wahl for­dern Amnes­ty Inter­na­tio­nal und PRO ASYL zum Tag des Flücht­lings die ver­han­deln­den Par­tei­en auf, sich unmiss­ver­ständ­lich für das indi­vi­du­el­le Recht auf Asyl in Deutsch­land und Euro­pa sowie für einen star­ken Flücht­lings­schutz ein­zu­set­zen und dies auch klar im Koali­ti­ons­ver­trag zu vereinbaren.

Mar­kus N. Bee­ko, Gene­ral­se­kre­tär von Amnes­ty Inter­na­tio­nal in Deutsch­land, sagt: „Jetzt ist der Zeit­punkt für alle Par­tei­en, die Regie­rungs­ver­ant­wor­tung wol­len, ein kla­res unmiss­ver­ständ­li­ches Bekennt­nis zu den inter­na­tio­nal ver­brief­ten Men­schen­rech­ten von schutz­su­chen­den Men­schen fest­zu­schrei­ben. Wer Men­schen­rech­te für sich pro­kla­miert, kann die­se nicht immer wie­der gera­de den Opfern von Gewalt und Ver­fol­gung abspre­chen. Kon­kret darf Deutsch­land nicht in Kriegs- und Kri­sen­ge­bie­te wie Afgha­ni­stan und Syri­en abschie­ben. Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen an den EU-Außen­gren­zen müs­sen geahn­det und eine euro­päi­sche See­not­ret­tung ins Leben geru­fen werden.“

Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL, sagt: „Für eine offe­ne, auf Men­schen­rech­te basie­ren­de Gesell­schaft ist der Umgang mit Geflüch­te­ten der Lack­mus­test. Wir erwar­ten von Grü­nen, Libe­ra­len und Sozi­al­de­mo­kra­ten, dass sie in einer künf­ti­gen Regie­rung hör­bar und wir­kungs­voll für Rechts­staat­lich­keit, die Gel­tung der Men­schen­rech­te von Geflüch­te­ten und das Recht auf Asyl in Euro­pa ein­tre­ten. Das Tot­schwei­gen und Tole­rie­ren der per­ma­nen­ten Rechts­brü­che, wie es die alte Regie­rung getan hat, muss ein Ende haben. Grenz­ver­fah­ren in gro­ßen Lagern an den euro­päi­schen Außen­gren­zen dür­fen nicht euro­pa­recht­lich ver­an­kert wer­den. In Deutsch­land muss das Recht, als Fami­lie zusam­men­zu­le­ben, auch wie­der für sub­si­di­är Geschütz­te gel­ten. Die neue Bun­des­re­gie­rung muss zudem die AnkER-Zen­tren abschaf­fen, so fai­re Asyl­ver­fah­ren gewähr­leis­ten und eine auf Inte­gra­ti­on aus­ge­rich­te­te Flücht­lings­po­li­tik mit einer Blei­be­per­spek­ti­ve umsetzen.“

Als drän­gen­de Auf­ga­be für die noch amtie­ren­de Bun­des­re­gie­rung sehen die Orga­ni­sa­tio­nen die fort­ge­setz­te Auf­nah­me beson­ders gefähr­de­ter Men­schen wie Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen aus Afgha­ni­stan. Ange­sichts der kon­kre­ten Gefähr­dung der Men­schen kann nicht auf den Aus­gang von Koali­ti­ons­ge­sprä­chen gewar­tet werden.

Fol­gen­de fünf Berei­che soll­ten aus Sicht von Amnes­ty Inter­na­tio­nal und PRO ASYL im Koali­ti­ons­ver­trag fest­ge­schrie­ben werden:

-            Fami­li­en gehö­ren zusam­men.
Sub­si­di­är schutz­be­rech­tig­te Men­schen haben wie­der einen gesetz­lich garan­tier­ten Anspruch auf Fami­li­en­nach­zug. Der Nach­zug min­der­jäh­ri­ger Geschwis­ter wird gesetz­lich ver­an­kert. Die Bear­bei­tung der Visa­an­trä­ge und die Ein­rei­se nach Deutsch­land erfolgt inner­halb weni­ger Wochen digital. 

-          Fai­re und rechts­staat­li­che Asyl­ver­fah­ren in Deutsch­land. AnkER-Zen­tren und ver­gleich­ba­re Ein­rich­tun­gen wer­den abge­schafft, denn Iso­la­ti­on beein­träch­tigt die Wahr­neh­mung ele­men­ta­rer Rech­te. Eine behör­den­un­ab­hän­gi­ge Ver­fah­rens- und Rechts­be­ra­tung wird gewähr­leis­tet. Die Zeit in der Erst­auf­nah­me wird wie frü­her auf drei Mona­te beschränkt, Geflüch­te­te kön­nen mög­lichst schnell selbst­be­stimmt woh­nen und leben. So wird Inte­gra­ti­on gefördert. 

-            Zugang zum Asyl­ver­fah­ren in ganz Euro­pa. Die Bun­des­re­gie­rung setzt sich mit allen Mit­teln auf euro­päi­scher Ebe­ne für ein Ende men­schen­rechts­wid­ri­ger Push­backs ein. Beschleu­nig­te Asyl­ver­fah­ren an den Außen­gren­zen sowie haft­ähn­li­che und men­schen­un­wür­di­ge Unter­brin­gung wer­den ver­hin­dert. Statt­des­sen wer­den Asyl­an­trä­ge stets inhalt­lich in der EU geprüft und Flücht­lings­schutz nicht auf Dritt­staa­ten aus­ge­la­gert. Die Bun­des­re­gie­rung setzt sich für die Schaf­fung eines unab­hän­gi­gen Kon­troll­me­cha­nis­mus ein, um Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen zu doku­men­tie­ren und zu ahnden.

-          Ver­folg­te aus Afgha­ni­stan auf­neh­men. Mit einem Bun­des­auf­nah­me­pro­gramm schützt die Bun­des­re­gie­rung gefähr­de­te Verteidiger*innen von Demo­kra­tie und Men­schen­rech­ten aus Afgha­ni­stan. Lan­des­auf­nah­me­pro­gram­me für Afghan*innen, die einen Bezug zu Deutsch­land haben, vor allem durch hier leben­de Ange­hö­ri­ge, wer­den unter­stützt. Grund­sätz­lich wer­den lega­le und siche­re Zugangs­we­ge nach Deutsch­land ausgebaut. 

-            Blei­be­per­spek­ti­ven schaf­fen – kei­ne men­schen­rechts­wid­ri­gen Abschie­bun­gen. Die Asyl­rechts­ver­schär­fun­gen der ver­gan­ge­nen Jah­re wer­den rück­gän­gig gemacht. Dazu zählt auch die „Dul­dung light“ mit dem Aus­bil­dungs- und Arbeits­ver­bot. Wirk­sa­me Blei­be­rechts­re­ge­lun­gen wer­den ein­ge­führt. Abschie­bun­gen in Kriegs- und Kri­sen­ge­bie­te wie Syri­en und Afgha­ni­stan wer­den unter­las­sen, eben­so inner­eu­ro­päi­sche Rück­füh­run­gen ins Elend.

Die­se und wei­te­re For­de­run­gen erhe­ben Amnes­ty Inter­na­tio­nal und PRO ASYL heu­te in einer gemein­sa­men Pres­se­kon­fe­renz an die son­die­ren­den Parteien.

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