Der Winter steht bevor, Nahrungsmittel werden knapp, die ärztliche Versorgung ist kaum gesichert: Vielen tausend syrischen und irakischen Flüchtlingen drohen in den nächsten Wochen Hunger und Not. Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Entwicklungsminister Gerd Müller und UN-Vertreter kommen aus diesem Anlass in Berlin zusammen.
PRO ASYL fordert die Industriestaaten und Deutschland zur Soforthilfe auf: Den Nachbarländern Syriens und dem Nordirak, die sich um die Versorgung der Flüchtlinge kümmern, muss jede erdenkliche Hilfe zu teil werden, damit sie mehr als drei Millionen Flüchtlinge über den Winter bringen können, ansonsten droht eine humanitäre Katastrophe. Darüber hinaus müssen den Flüchtlingen aus dem Irak und Syrien, unbürokratisch Visa erteilt werden um von ihren Verwandten in der EU aufgenommen zu werden.
Die Nachbarstaaten Syriens hatten angesichts unzureichender finanzieller Hilfen und fehlender Aufnahmezusagen zuletzt immer wieder ihre Grenzen für Flüchtlinge geschlossen. UNHCR hatte die Staaten der Welt daher dringend zur Aufnahme von syrischen Flüchtlingen aufgerufen. Am 9. Dezember 2014 fand dazu eine UN-Konferenz statt. Laut UNHCR sicherten die Staaten dort zu, insgesamt bis zu 100.000 Flüchtlinge aufnehmen zu wollen. Das sind aber keineswegs neue Aufnahmen, sondern schließt alle diejenigen ein, die seit 2013 aufgenommen wurden – allein 30.000 bereits bestehende Aufnahmeplätze in Deutschland sind bereits inbegriffen. Deutschland hatte keine neuen Zusagen gemacht.
Staaten wie Australien (5.600), Kanada (1.300 Einreisen, fast ausschließlich über private Gelder) und die USA (9.000 Aufnahmevorschläge, offene Aufnahmezahl) bleiben unter ihren Möglichkeiten. Schweden will insgesamt auf 2.700 aufgenommene Flüchtlinge kommen, Norwegen auf 2.500, Österreich auf 1.500, Frankreich auf 1.000. Alle anderen europäischen Staaten machten geringere oder gar keine Zusagen. Die reichen arabischen Golfstaaten beteiligen sich gar nicht. Die weltweite Hilfe durch die Aufnahme von Flüchtlingen bleibt damit weiter auf einem katastrophal niedrigen Niveau.
Mit den rund 30.000 Aufnahmezusagen seit 2013 steht die Bundesrepublik im Vergleich zu den anderen Staaten vergleichsweise gut da. In Deutschland gibt es jedoch eine deutlich größere syrische Diaspora als in anderen Industriestaaten. Die Angehörigen der Kriegsopfer sind es, die die Reisekosten und den Lebensunterhalt eines Großteils der Aufgenommenen tragen. Das deutsche Kontingent reicht zudem bei weitem nicht aus: Bereits vor dem jüngsten Exodus waren 76.000 Anträge von in Deutschland lebenden Syrern eingegangen. Für irakische Flüchtlinge, die in großer Zahl vor der Terrormiliz des IS fliehen mussten, öffnet die Bundesrepublik nach wie vor überhaupt keine legalen Einreisewege. Gemessen an dem, was ein wirtschaftlich prosperierender 80-Millionen-Einwohnerstaat wie Deutschland zu leisten im Stande wäre, bleibt auch der humanitäre Beitrag der Bundesrepublik beschämend.