05.03.2015

Der aktu­el­le Gesetz­ent­wurf für eine Reform des Blei­be­rechts und der Auf­ent­halts­be­en­di­gung, der mor­gen im Bun­des­tag bera­ten wird, stößt auf erheb­li­che Beden­ken. PRO ASYL, die Arbei­ter­wohl­fahrt, die Dia­ko­nie Deutsch­land und der Pari­tä­ti­sche Wohl­fahrts­ver­band for­dern grund­le­gen­de Nach­bes­se­run­gen im nun begin­nen­den par­la­men­ta­ri­schen Gesetzgebungsverfahren.

Auf schar­fe Kri­tik der Ver­bän­de sto­ßen ins­be­son­de­re die geplan­ten Rege­lun­gen zur Aus­wei­tung der Inhaf­tie­rung Asyl­su­chen­der und des Ein­rei­se- und Auf­ent­halts­ver­bots, das die geplan­te Blei­be­rechts­re­ge­lung kon­ter­ka­riert. Zudem sei­en wesent­li­che For­de­run­gen bis­her unbe­rück­sich­tigt, etwa die not­wen­di­ge Öff­nung der Inte­gra­ti­ons­kur­se für Asyl­su­chen­de und die drin­gend erfor­der­li­che Strei­chung der Sprach­er­for­der­nis­se beim Ehegattennachzug.

Dro­hen­de Aus­wei­tung von Inhaftierungen

Die Orga­ni­sa­tio­nen befürch­ten, dass die Neu­re­ge­lung zu einer erheb­li­chen Aus­wei­tung der Inhaf­tie­rung Asyl­su­chen­der führt. Zudem ist das neu geschaf­fe­ne Instru­ment des Aus­rei­se­ge­wahr­sams, das ermög­licht, Abzu­schie­ben­de bis zu vier Tage zu inhaf­tie­ren, inakzeptabel.

Der Gesetz­ent­wurf schafft die recht­li­che Mög­lich­keit, Asyl­su­chen­de allein aus dem Grund zu inhaf­tie­ren, weil sie aus einem ande­ren EU-Staat ein­ge­reist sind. Künf­tig soll die Dub­lin-Haft mög­lich sein, „wenn der Aus­län­der einen Mit­glied­staat vor Abschluss eines dort lau­fen­den Ver­fah­rens zur Zustän­dig­keits­prü­fung oder zur Prü­fung eines Antrags auf inter­na­tio­na­len Schutz ver­las­sen hat…“. Dies wür­de dazu füh­ren, dass die Mehr­heit der Asyl­su­chen­den, die unter die Dub­lin-Ver­ord­nung fal­len, in Haft genom­men wer­den kön­nen. Dies ist nicht akzep­ta­bel. Flucht ist kein Verbrechen!

Blei­be­rechts­re­ge­lung droht kon­ter­ka­riert zu werden

Die Wohl­fahrts­ver­bän­de und PRO ASYL begrü­ßen die Inten­ti­on, end­lich eine stich­tags- und alters­un­ab­hän­gi­ge Blei­be­rechts­re­ge­lung zu schaf­fen. Aller­dings besteht die Sor­ge, dass die Rege­lun­gen zum Blei­be­recht durch die vor­ge­se­he­ne Aus­wei­tung des Ein­rei­se- und Auf­ent­halts­ver­bots fak­tisch kon­ter­ka­riert werden.

Gegen wen ein Auf­ent­halts­ver­bot erteilt wur­de, zum Bei­spiel weil er nicht aus­ge­reist ist, obwohl die Pflicht dazu bestand, soll vom Blei­be­recht aus­ge­schlos­sen wer­den kön­nen. Der Gesetz­ge­ber ermög­licht damit den Behör­den, das Blei­be­recht nach eige­nem Ermes­sen ent­we­der anzu­wen­den oder nicht. Dies neh­me der Blei­be­rechts­re­ge­lung ihre huma­ni­tä­re Kraft, öff­ne­te der Will­kür Tür und Tor und dür­fe daher kei­nes­falls Wirk­lich­keit wer­den, war­nen die Organisationen.

Hin­zu kommt: Als unbe­glei­te­te min­der­jäh­ri­ge Flücht­lin­ge ein­ge­reis­te jun­ge Erwach­se­ne wer­den in der Regel kein Blei­be­recht nach dem neu­en Gesetz bean­tra­gen kön­nen, selbst wenn sie eine Aus­bil­dung absol­vie­ren oder stu­die­ren. Denn die meis­ten von ihnen wer­den mit 21 Jah­ren noch kei­ne vier Jah­re Auf­ent­halt in Deutsch­land nach­wei­sen kön­nen. Dies ist jedoch eine der Vor­aus­set­zun­gen für den Erhalt des Blei­be­rechts. Eine Antrags­mög­lich­keit auch für jun­ge Erwach­se­ne bis 27 Jah­re – wie in frü­he­ren Ent­wür­fen vor­ge­se­hen – wäre statt­des­sen fol­ge­rich­tig und sach­ge­recht. Dies wür­de auch der Tat­sa­che Rech­nung tra­gen, dass Indus­trie- und Arbeit­ge­ber­ver­bän­de wie auch ver­schie­de­ne Minis­ter­prä­si­den­ten der­zeit einen siche­ren Auf­ent­halt für Jugend­li­che in Aus­bil­dung fordern.

Die Wohl­fahrts­ver­bän­de und PRO ASYL for­dern zudem die Öff­nung der Inte­gra­ti­ons­kur­se für Asyl­su­chen­de, Gedul­de­te sowie Per­so­nen mit huma­ni­tä­ren Auf­ent­halts­ti­teln sowie die Abschaf­fung des Nach­wei­ses der Deutsch­kennt­nis­se beim Ehe­gat­ten­nach­zug. Dies ist auch nach EU-Recht zwin­gend geboten.

Stel­lung­nah­me von PRO ASYL zum Gesetz­ent­wurf eines Geset­zes zur Neu­be­stim­mung des Blei­be­rechts und der Auf­ent­halts­be­en­di­gung vom 29.12.2014

Stel­lung­nah­me der Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft der Frei­en Wohl­fahrts­pfle­ge (BAGFW) zum Gesetz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung zur Neu­be­stim­mung des Blei­be­rechts und der Auf­ent­halts­be­en­di­gung vom 29.12.2014

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