29.11.2011

Die bun­des­wei­te Arbeits­ge­mein­schaft PRO ASYL betrach­tet die bevor­ste­hen­de Ankunft von 152 Flücht­lin­gen aus Mal­ta nur als einen ers­ten Schritt. Ange­sichts der Tra­gö­die an Euro­pas Außen­gren­zen ist sie abso­lut nicht aus­rei­chend. Wäh­rend nun hier­zu­lan­de 152 Flücht­lin­ge aus Mal­ta auf­ge­nom­men wer­den, hat Deutsch­land Mal­ta allein im Zeit­raum vom 1. Janu­ar bis zum 30. Sep­tem­ber auf der Grund­la­ge der Dub­lin-II-Ver­ord­nung auf­ge­for­dert, 124 Flücht­lin­ge wie­der zurück­zu­neh­men. PRO ASYL for­dert, dass das euro­päi­sche Asyl­zu­stän­dig­keits­sys­tem, das den Staa­ten an den Außen­gren­zen die Ver­ant­wor­tung für die Flücht­lings­auf­nah­me auf­bür­det, in die­ser Form abge­schafft wird. 

Grie­chen­land: PRO ASYL for­dert die Bun­des­re­gie­rung auf, Flücht­lings­kin­der aus den Haft­an­stal­ten an der grie­chisch-tür­ki­schen Gren­zen aufzunehmen.

An der tür­kisch-grie­chi­schen Gren­ze wer­den Flücht­lin­ge unter men­schen­un­wür­di­gen Bedin­gun­gen in grie­chi­schen Haft­la­gern inter­niert. Dar­un­ter waren allein in die­sem Jahr rund 1.000 unbe­glei­te­te Min­der­jäh­ri­ge. An der Fest­nah­me und der Regis­trie­rung der Flücht­lin­ge sind im Rah­men einer soge­nann­ten RABIT-Ope­ra­ti­on der EU-Grenz­schutz­agen­tur Fron­tex auch deut­sche Grenz­be­am­te betei­ligt. Hier­bei wer­den deut­sche Poli­zis­ten in ein Sys­tem ein­ge­bun­den, das kei­ner­lei Schutz­stan­dards gewährt und zu ekla­tan­ten Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen führt. PRO ASYL begrüßt, dass die Bun­des­re­gie­rung und die Innen­mi­nis­ter der Län­der die Ver­län­ge­rung des Abschie­be­stopps nach Grie­chen­land, der am 10. Janu­ar 2012 aus­läuft, bera­ten wer­den. Doch ein Aus­set­zen der Abschie­bun­gen nach Athen reicht nicht aus. Die Wirt­schafts­kri­se in Grie­chen­land ver­schärft die bis­her schon elen­den Bedin­gun­gen, unter denen Flücht­lings­kin­der in Grie­chen­land leben müs­sen. PRO ASYL appel­liert an die Innen­mi­nis­ter von Bund und Län­dern, bei ihrer in der kom­men­den Woche statt­fin­den­den Tagung einen Ret­tungs­schirm für Flücht­lings­kin­der zu beschließen.

Resett­le­ment: Die Auf­nah­me von Flücht­lin­gen – ein Gebot der Mensch­lich­keit und Solidarität

Die Auf­nah­me von Flücht­lin­gen, die in pro­vi­so­ri­schen Lagern in Tune­si­en und an der ägyp­tisch-liby­schen Gren­ze fest­sit­zen ist, ist ein Gebot der Mensch­lich­keit und Soli­da­ri­tät. Die etwa 5.000 Schutz­su­chen­den stam­men zumeist aus Soma­lia, dem Sudan, Eri­trea oder ande­ren Sub-Saha­ra-Kon­flikt­staa­ten und muss­ten Liby­en ange­sichts der gewalt­sa­men Aus­ein­an­der­set­zun­gen in den letz­ten Mona­ten ver­las­sen. Trotz aller Appel­le des Flücht­lings­kom­mis­sars der Ver­ein­ten Natio­nen ste­hen für die­se Flücht­lin­ge bis jetzt nur rund 1.000 Resett­le­ment­plät­ze in der west­li­chen Welt zur Ver­fü­gung. Die Initia­ti­ve des Bun­des­lan­des Rhein­land- Pfalz zur Auf­nah­me von Flücht­lin­gen aus dem Lager Choucha/Tunesien und die For­de­rung des CDU-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den Vol­ker Kau­der nach einer Auf­nah­me von ira­ki­schen Flücht­lin­gen zei­gen, dass in die bun­des­deut­sche Debat­te zum The­ma Resett­le­ment end­lich Bewe­gung kommt. PRO ASYL appel­liert an die Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz, ein deut­li­ches Zei­chen zu set­zen und ein groß­zü­gi­ges Auf­nah­me­pro­gramm für bedroh­te Flücht­lin­ge zu beschließen. 

Für eine neue Blei­be­rechts­re­ge­lung: Zehn­tau­sen­de Men­schen leben seit Jah­ren ohne Auf­ent­halts­sta­tus in Deutsch­land. Sie brau­chen eine siche­re Lebensperspektive.

Trotz zwei­er Blei­be­rechts­re­ge­lun­gen der Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz, einem Ver­län­ge­rungs­be­schluss, einer gesetz­li­chen Rege­lung und einer zusätz­li­chen Rege­lung für Jugend­li­che leben immer noch 75.000 Men­schen län­ger als sechs Jah­re in Deutsch­land ohne Aus­sicht auf ein Auf­ent­halts­recht. Das Pro­blem der Ket­ten­dul­dun­gen ist nicht gelöst. Zehn­tau­sen­de Men­schen, die schon lan­ge hier leben und hei­misch gewor­den sind, müs­sen jah­re­lang mit der Angst vor einer Abschie­bung leben. Und die­je­ni­gen, die ein Blei­be­recht erhiel­ten, müs­sen befürch­ten, es wie­der zu ver­lie­ren – etwa, wenn sie arbeits­los wer­den. PRO ASYL appel­liert daher an die ver­ant­wort­li­chen Minis­te­ri­en der Län­der und an den Bund, eine neue Blei­be­rechts­re­ge­lung zu schaf­fen. Die Feh­ler der Ver­gan­gen­heit dür­fen nicht wie­der­holt wer­den. Eine neue Blei­be­rechts­re­ge­lung muss fol­gen­den Anfor­de­run­gen genü­gen: Eine Blei­be­rechts­re­ge­lung darf nicht ein­ma­lig an einen Stich­tag geknüpft wer­den. Sie muss fort­lau­fend die Auf­ent­halts­dau­er der Betrof­fe­nen zur Vor­aus­set­zung machen. Die Anfor­de­run­gen an die Lebens­un­ter­halts­si­che­rung müs­sen rea­lis­tisch sein. Alte, kran­ke oder behin­der­te Men­schen dür­fen nicht vom Blei­be­recht aus­ge­schlos­sen wer­den. Eine neue Blei­be­rechts­re­ge­lung muss zudem ver­hin­dern, dass Fami­li­en aus­ein­an­der­ge­ris­sen werden.

Alle Presse­mitteilungen