06.05.2023

PRO ASYL for­dert die Par­tei­vor­stän­de der Ampel­ko­ali­ti­on auf, für die Zie­le im Koali­ti­ons­ver­trag ein­zu­ste­hen und sich gegen die Zustim­mung zu EU-Grenz­ver­fah­ren aus­zu­spre­chen. Es dro­hen De-fac­to-Haft­la­ger und die Aus­he­be­lung des Flücht­lings- und Men­schen­rechts­schut­zes an den EU-Gren­zen. Das dür­fen SPD, Grü­ne und FDP nicht zulassen.

PRO ASYL ruft alle, die für Men­schen­rech­te und Flücht­lings­schutz in Euro­pa ein­tre­ten, dazu auf, an die Par­tei­vor­stän­de von SPD, Grü­nen und FDP zu schrei­ben mit der drin­gen­den Bit­te, für die Ein­hal­tung der flücht­lings­po­li­ti­schen Ver­ab­re­dun­gen im Koali­ti­ons­ver­trag ein­zu­ste­hen. Hin­ter­grün­de und Infor­ma­tio­nen zu der Akti­on „Wenn Men­schen­rech­te ver­schwin­den: Wir wol­len ein ande­res Euro­pa!“ gibt es hier: aktion.proasyl.de/menschenrechte-verschwinden/

Die Zeit drängt: EU-Rat tagt am 8. Juni 

Die Zeit drängt: Bereits am 8.  Juni 2023 wol­len die Innenminister*innen im EU-Rat über neue Grenz­ver­fah­ren ent­schei­den. Innen­mi­nis­te­rin Nan­cy Fae­ser hat­te am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de ange­kün­digt, zustim­men zu wol­len. PRO ASYL erin­nert an den Koali­ti­ons­ver­trag: „Wir wol­len die ille­ga­len Zurück­wei­sun­gen und das Leid an den Außen­gren­zen been­den. […] Der Asyl­an­trag von Men­schen, die in der EU ankom­men oder bereits hier sind, muss inhalt­lich geprüft werden.“

Des­halb darf die Regie­rung der fak­ti­schen Ver­hin­de­rung des Zugangs zu einem fai­ren und rechts­staat­li­chen Asyl­ver­fah­ren nicht zustim­men. Sie muss die­se Plä­ne auf EU-Ebe­ne stop­pen, sich für bes­se­re Stan­dards für Schutz­su­chen­de in den Asyl­ver­fah­ren ein­set­zen und das Leid an den Außen­gren­zen been­den. „Wir appel­lie­ren daher an Sie als Par­tei­vor­stän­de: Tre­ten Sie für die von Ihrer Par­tei im Koali­ti­ons­ver­trag fest­ge­hal­te­nen Posi­tio­nen ein und stop­pen Sie die­se Plä­ne auf EU-Ebe­ne!“, steht in dem Brief, den jeder von der PRO ASYL-Akti­ons­sei­te aus an die Par­tei­vor­stän­de sen­den kann.

Dro­hen­der Erfolg der Fein­de Europas 

Die Umset­zung der Plä­ne der EU-Kom­mis­si­on ­- Grenz­ver­fah­ren, De-fac­to-Haft­la­ger und  die Aus­he­be­lung des Flücht­lings­schut­zes an den EU-Gren­zen – wären ein „gro­ßer Erfolg für alle rechts­po­pu­lis­ti­schen, natio­na­lis­ti­schen und post­fa­schis­ti­schen Regie­run­gen in der EU, die für ein Euro­pa der Gewalt und der Recht­lo­sig­keit ste­hen. Eine fürch­ter­li­che Nie­der­la­ge nicht nur für asyl­su­chen­de Men­schen und ihr Recht auf Schutz vor Krieg, Fol­ter oder Ver­fol­gung, son­dern für uns alle, die wir ein ande­res Euro­pa wol­len: Ein Euro­pa der Men­schen­rech­te, der Frei­heit und der Demo­kra­tie“, heißt es in dem Brief weiter.

Schutz­su­chen­de, die die EU-Außen­gren­ze errei­chen, müs­sen nicht nur befürch­ten, Opfer von gewalt­sa­men und ille­ga­len Zurück­wei­sun­gen zu wer­den. Künf­tig droht ihnen dort auch die sofor­ti­ge Inhaf­tie­rung. Was in der bun­des­deut­schen Debat­te als „Asyl­ver­fah­ren an den Außen­gren­zen“ bezeich­net wird, hat nichts mit einer fai­ren, rechts­staat­li­chen Asyl­prü­fung  zu tun.

Unsi­che­re Drittstaaten 

In fern­ab gele­ge­nen, geschlos­se­nen Lagern an den Rän­dern der EU geht es nicht um Schutz­ge­wäh­rung. Geflüch­te­te sol­len dort „Schnell­ver­fah­ren“ unter­zo­gen wer­den, an deren Ende für vie­le die Abschie­bung in einen soge­nann­ten siche­ren Dritt­staat droht. Eine inhalt­li­che Prü­fung des Asyl­ge­suchs fin­det in vie­len Fäl­len gar nicht erst statt. Die Suche nach Schutz und Sicher­heit in Euro­pa ist für die betrof­fe­nen Men­schen damit gescheitert.

Die Zustim­mung zu  Grenz­ver­fah­ren ist zugleich auch der Start­schuss zu wei­te­ren Schrit­ten, die den Flücht­lings­schutz aus­höh­len: Die aktu­el­len Ent­wür­fe aus dem Rat sehen eine mas­si­ve Aus­wei­tung des Kon­zepts von  soge­nann­ten siche­ren Dritt­staa­ten vor, in die schutz­su­chen­de Men­schen ohne jede indi­vi­du­el­le Prü­fung direkt von der Gren­ze aus abge­scho­ben würden.

Dabei soll es kei­ne Rol­le mehr spie­len, ob die schutz­su­chen­de Per­son in die­sem „siche­ren Dritt­staat“ eine rea­lis­ti­sche Chan­ce auf men­schen­wür­di­gen Schutz hat. Sie muss die­sen ver­meint­lich siche­ren Staat nicht ein­mal betre­ten haben, um dort­hin abge­scho­ben wer­den zu kön­nen. Nötig wäre nur eine mini­ma­le Ver­sor­gung dort, die nach einer ent­spre­chen­den Abma­chung zwi­schen EU und Dritt­staat ein­fach als gege­ben ange­nom­men wird.

Zum Hin­ter­grund:

Im ers­ten Halb­jahr 2023 wird im Rat unter der schwe­di­schen Rats­prä­si­dent­schaft über für die Zukunft des Flücht­lings­schut­zes in Euro­pa beson­ders rele­van­te Ent­wür­fe dis­ku­tiert: die Asyl­ver­fah­rens­ver­ord­nung und die Asyl- und Migra­ti­ons­ma­nage­ment-Ver­ord­nung. Bis zum nächs­ten Rats­tref­fen der EU-Innenminister*innen am 8. Juni 2023 müs­sen sich die Mit­glied­staa­ten auf Ver­hand­lungs­po­si­tio­nen eini­gen, um den Reform­pro­zess bis zur Euro­pa­wahl im Früh­jahr 2024 abschlie­ßen zu können.

PRO ASYL hat in einem Kurz­positions­pa­pier die wich­tigs­ten men­schen­recht­li­chen roten Lini­en für die Ver­hand­lung benannt und in der Sach­ver­stän­di­gen­an­hö­rung im Bun­des­tag zur euro­päi­schen Flücht­lings­po­li­tik auf die Gefah­ren der Reform in einer Stel­lung­nah­me hingewiesen.

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