07.12.2017

Pseu­do-Debat­te über Abschie­bun­gen nach Syri­en ver­setzt Zehn­tau­sen­de Schutz­be­dürf­ti­ge in Unsicherheit

PRO ASYL wirft der Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz vor, bei Fra­gen zur Flücht­lings­po­li­tik absur­de Debat­ten zu füh­ren. »Die Debat­te über eine Neu­be­wer­tung der Lage im kriegs­zer­rüt­te­ten Syri­en ist eine über­flüs­si­ge Pseu­do-Dis­kus­si­on«, kri­ti­siert Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL. Damit wür­den Zehn­tau­sen­de von Syre­rIn­nen, die einen Auf­ent­halts­sta­tus haben, ver­un­si­chert und Inte­gra­ti­ons­chan­cen aufs Spiel gesetzt.

Gegen­wär­tig gibt es nur 3.684 Syre­rIn­nen, die ledig­lich über eine Dul­dung ver­fü­gen (sie­he BT-Druck­sa­che 19/136, S. 38), mit der die Abschie­bung ledig­lich vor­über­ge­hend aus­ge­setzt wird. PRO ASYL for­dert, die Ver­un­si­che­rungs­stra­te­gie zu been­den. Geflo­he­ne Syre­rIn­nen brau­chen einen siche­ren Auf­ent­halts­sta­tus und das Recht, ihre Ange­hö­ri­gen zu sich zu holen. PRO ASYL hält syri­sche Flücht­lin­ge unver­än­dert für schutz­be­dürf­tig. Das Assad-Regime ist seit Jah­ren bekannt für gra­vie­ren­de Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen, Fol­ter, sys­te­ma­ti­sche Inhaf­tie­rung und bru­tals­tes Vor­ge­hen gegen Oppo­si­tio­nel­le und ist kein Part­ner in Men­schen­rechts­fra­gen oder gar in Sachen Rückführungen.

Obwohl der IS an Ein­fluss ver­lo­ren hat, gibt es neben der Regie­rungs­ar­mee eine Viel­zahl bewaff­ne­ter Grup­pie­run­gen und umkämpf­ter Gebie­te im Land. Nie­mand weiß, wie eine Frie­dens­re­ge­lung aus­se­hen könn­te. Jede denk­ba­re Neu­be­wer­tung der Lage müss­te die aktu­el­le Lage­ein­schät­zung des UNHCR aus Novem­ber 2017 zur Kennt­nis neh­men, in der der UNHCR ein Mora­to­ri­um für Abschie­bun­gen nach Syri­en for­dert: »As all parts of Syria are repor­ted to have been affec­ted, direct­ly or indi­rect­ly, by one or mul­ti­ple con­flicts, UNHCR calls on sta­tes not to for­ci­b­ly return Syri­an natio­nals and for­mer habi­tu­al resi­dents of Syria, inclu­ding Pal­es­ti­ni­ans pre­vious­ly resi­ding in Syria. UNHCR also con­siders that it would gene­ral­ly not be appro­pria­te to return natio­nals or for­mer habi­tu­al resi­dents of Syria to neigh­bou­ring count­ries and non-neigh­bou­ring count­ries in the regi­on, unless spe­ci­fic arran­ge­ments are in place that gua­ran­tee that the indi­vi­du­al con­cer­ned will be read­mit­ted to the coun­try and can re-avail him/herself of inter­na­tio­nal pro­tec­tion. (…) Depen­ding on the coun­try, the indi­vi­du­al con­cer­ned may not be read­mit­ted, or such return may not be safe for the indi­vi­du­als con­cer­ned, and it may be impos­si­ble for their (spe­ci­fic) needs to be met.«

Nicht auf der Tages­ord­nung der Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz ist unver­ständ­li­cher­wei­se das The­ma Afgha­ni­stan – trotz drin­gen­den Hand­lungs­be­dar­fes. Dem Bun­des­amt und den Innen­mi­nis­tern liegt eine drin­gen­de Neu­be­wer­tung der Lage in Afgha­ni­stan nicht vor. Das Bun­des­amt ent­schei­det seit lan­gem mit Hil­fe von Text­bau­stei­nen, die die sich immer wei­ter ver­schlech­tern­de Sicher­heits­la­ge nicht widerspiegeln.

Laut Glo­bal Peace Index 2017 ist Afgha­ni­stan nach Syri­en das zweit­ge­fähr­lichs­te Land der Erde. Die bewaff­ne­ten Aus­ein­an­der­set­zun­gen fin­den nicht nur zwi­schen den Tali­ban und den Regie­rungs­kräf­ten statt, bru­ta­le Akteu­re sind auch der IS, bewaff­ne­te Mili­zen, regio­na­le War­lords. Die Zahl der umkämpf­ten Pro­vin­zen nimmt von Monat zu Monat zu. Für die in vie­len Afgha­ni­stan-Ent­schei­dun­gen ent­hal­te­ne Behaup­tung, Afgha­nen könn­ten in angeb­lich siche­re Gebie­te zurück­keh­ren, lie­gen bis­lang kei­ne Bele­ge vor. Ange­sichts die­ser Situa­ti­on wäre ein Abschie­be­stopp geboten.

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