16.01.2018

Hohe Zahl von Asy­l­ent­schei­dun­gen ging wei­ter zu Las­ten der Qualität

Bei aller Eupho­rie des Bun­des­in­nen­mi­nis­ters de Mai­ziè­re und der Prä­si­den­tin des Bun­des­am­tes für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge Cordt über eine gro­ße Zahl von Asy­l­ent­schei­dun­gen 2017 muss die Kehr­sei­te deut­lich benannt wer­den: Die Qua­li­tät der Arbeit des Bun­des­am­tes hat sich kaum ver­bes­sert. Dies zeigt die hohe Zahl von Ent­schei­dun­gen der Ver­wal­tungs­ge­rich­te, die das Bun­des­amt korrigieren.

Frau Cordt hat in der heu­ti­gen Pres­se­kon­fe­renz ver­sucht, die­sen Ein­druck zu ver­wi­schen und bezog sich zunächst auf Schutz­quo­ten, die sons­ti­ge Ver­fah­rens­er­le­di­gun­gen beinhal­ten. Es macht aber kei­nen Sinn, Ver­fah­ren, in denen es nicht zu einer inhalt­li­chen Ent­schei­dung über die Schutz­be­dürf­tig­keit gekom­men ist, in die Sta­tis­tik ein­flie­ßen zu las­sen. Aus­schlag­ge­bend sind die inhalt­li­chen Ent­schei­dun­gen, die eine berei­nig­te Erfolgs­quo­te von 44,2 Pro­zent erge­ben. Für das Her­kunfts­land Afgha­ni­stan lag die Erfolgs­quo­te sogar bei 61%. Das ist ein bemer­kens­wer­tes Ergeb­nis vor dem Hin­ter­grund der Tat­sa­che, dass de Mai­ziè­res Pro­pa­gan­da afgha­ni­schen Flücht­lin­gen seit Jah­ren abspricht, ernst­haf­te Asyl­grün­de zu haben. Syrer bekom­men in 69% der Kla­gen, die meist von sub­si­diä­rem auf den vol­len Schutz abzie­len, von den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten Recht. (Das ergibt sich aus einer Ant­wort der Bun­des­re­gie­rung auf eine Anfra­ge der LINKEN). Bis Ende Sep­tem­ber waren 365.062 Gerichts­ver­fah­ren im Asyl­be­reich anhän­gig. Gegen 90 Pro­zent (Stand Okto­ber 2017) aller ableh­nen­den Beschei­de des BAMF wur­de geklagt.

Die im Sep­tem­ber 2017 ange­kün­dig­te Qua­li­täts­of­fen­si­ve des BAMF hat bis­lang kaum Ergeb­nis­se gezeigt. Zwar sind tau­sen­de von BAMF-Mit­ar­bei­tern, die zuvor beden­ken­los ins kal­te Was­ser des BAMF-Betriebs gewor­fen wor­den waren, fort­ge­bil­det wor­den, aber das von Frau Cordt ver­kün­de­te und von PRO ASYL seit vie­len Jah­ren gefor­der­te Vier-Augen-Prin­zip der Qua­li­täts­prü­fung im BAMF selbst ver­hin­dert nach wie vor nicht, dass ableh­nen­de Ent­schei­dun­gen erge­hen, in denen die Män­gel der Beschei­de auf der Hand lie­gen. Die Beschleu­ni­gung der Asyl­ver­fah­ren geht zu Las­ten der Sorg­falt und die Arbeit wird nach wie vor auf Ver­wal­tungs­ge­rich­te ver­la­gert. Wür­de sich das Bun­des­amt mit sei­nem Bekennt­nis zur Qua­li­tät dar­auf kon­zen­trie­ren, eige­ne Ableh­nungs­ent­schei­dun­gen noch­mals zu über­prü­fen, wäre dies eine Ent­las­tung der Ver­wal­tungs­ge­rich­te. Doch das hat das BAMF erklär­ter­ma­ßen nicht vor.

Die in den Son­die­rungs­ge­sprä­chen von Uni­on und SPD ver­ab­re­de­te Ein­rich­tung der soge­nann­ten »ANkER-Zen­tren« (Ankunfts‑, Ent­schei­dungs- und Rück­füh­rungs­zen­tren) wür­de die Chan­cen von Asyl­su­chen­den auf fai­re Asyl­ver­fah­ren vor­aus­sicht­lich dras­tisch verschlechtern.

»Die Unter­brin­gung in den soge­nann­ten ANkER-Ein­rich­tun­gen soll so abschre­ckend wie mög­lich gestal­tet sein und die Men­schen von Bera­tung und Zugang zu Rechts­bei­stän­den und einem effek­ti­ven Rechts­schutz abschnei­den«, so Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL.

Eine Kor­rek­tur durch Ver­wal­tungs­ge­rich­te wird in einer viel gerin­ge­ren Zahl von Fäl­len statt­fin­den, weil Schutz­su­chen­den die Mög­lich­keit, vor Gericht gegen die BAMF-Ent­schei­dung zu kla­gen, erschwert wür­de.  Sie wer­den sowohl im Asyl­ver­fah­ren als auch bei dro­hen­der Abschie­bung ohne Hil­fe­stel­lung dastehen.

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