11.10.2024

Heu­te am 11. Okto­ber tref­fen sich Vertreter*innen der Län­der, um Details zur bun­des­wei­ten Ein­füh­rung der Bezahl­kar­te zu bespre­chen. PRO ASYL for­dert, sich von dem Pro­jekt abzu­wen­den, denn die Bezahl­kar­te ist ein staat­lich ange­leg­tes Dis­kri­mi­nie­rungs­pro­jekt und schafft ledig­lich Pro­ble­me für Geflüch­te­te und Kommunen.

“Die Bezahl­kar­te ver­ur­sacht gro­ße Pro­ble­me und führt zu kei­nen Lösun­gen, son­dern zu einer staat­li­chen Dis­kri­mi­nie­rung. Es ist absurd, die gerin­gen finan­zi­el­len und per­so­nel­len Kapa­zi­tä­ten der Kom­mu­nen in sinn­lo­se Rege­lun­gen und deren kom­pli­zier­te Umset­zung zu ver­schwen­den, anstatt ech­te und ernst­haf­te Pro­ble­me zu lösen”, sagt Tareq Alaows von PRO ASYL.

Die Bezahl­kar­te für Geflüch­te­te ver­ur­sacht zudem eine lan­ge Lis­te an Umset­zungs­pro­ble­men, sie hat mas­si­ve nega­ti­ve Fol­gen für Betrof­fe­ne, führt zu einer Mehr­ar­beit in den zustän­di­gen Stel­len und zu unver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten für die Steuerzahler*innen.

Ein Instru­ment staat­li­cher Diskriminierung

Die Bezahl­kar­te erschwert die Teil­ha­be gan­zer Bevöl­ke­rungs­grup­pen und ver­stärkt die Chan­cen­un­gleich­heit und abso­lu­te Armut in Deutsch­land. Der­zeit begren­zen Län­der und Kom­mu­nen das ver­füg­ba­re Bar­geld meist auf 50 Euro pro Per­son monat­lich. In Ham­burg erhal­ten Min­der­jäh­ri­ge sogar nur zehn Euro – das reicht häu­fig nicht ein­mal für den Schul­aus­flug oder den Sport­ver­ein. Vie­les kann in Deutsch­land nur in bar bezahlt wer­den, dar­un­ter auch güns­ti­ge Arti­kel wie ein gebrauch­ter Kin­der­wa­gen oder ein gebrauch­tes Fahr­rad. Damit wer­den die ohne­hin finan­zi­ell Schwächs­ten unse­rer Gesell­schaft wei­ter in struk­tu­rel­le Armut gedrängt und von Teil­ha­be ausgeschlossen. 

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt stell­te bereits 2012 fest, dass migra­ti­ons­po­li­ti­sche Erwä­gun­gen kein Absen­ken des Leis­tungs­stan­dards unter das phy­si­sche und sozio­kul­tu­rel­le Exis­tenz­mi­ni­mum recht­fer­ti­gen. Denn die Men­schen­wür­de ist migra­ti­ons­po­li­tisch nicht zu relativieren.

Die Sozi­al­ge­rich­te in Ham­burg und Nürn­berg urteil­ten bereits in Kla­gen, die PRO ASYL und die Gesell­schaft für Frei­heits­rech­te (GFF) unter­stütz­ten: Eine pau­scha­le Bar­geld­be­gren­zung auf 50 Euro ist nicht rechtmäßig. 

Absur­der Ver­wal­tungs­auf­wand und maß­lo­se Kosten

Auch urteil­ten die Sozi­al­ge­rich­te, dass die Behör­den in jedem Ein­zel­fall prü­fen müs­sen, ob die betrof­fe­ne Per­son mit der Bezahl­kar­te in ihrer kon­kre­ten Situa­ti­on tat­säch­lich die exis­ten­zi­el­len Bedürf­nis­se decken kann. So eine indi­vi­du­el­le Prü­fung bedeu­tet für die Ver­wal­tun­gen einen immensen Aufwand.

Eben­so die soge­nann­te “White­list”, auf der bestimm­te Empfänger*innen fest­ge­hal­ten wer­den, zu denen Geld gesandt wer­den darf. Die Mitarbeiter*innen der Ämter müs­sen dann über jeden ein­zel­nen Antrag ent­schei­den, ob die­ser “frei­schal­tungs­wür­dig” ist. Man­cher­orts müs­sen dafür die Betrof­fe­nen für jede Über­wei­sung im Amt vor­stel­lig wer­den, anders­wo wer­den kom­mu­na­le Sozialarbeiter*innen auf­ge­for­dert, in den Unter­künf­ten IBANs, Über­wei­sungs­ziel und ‑zweck von den Betrof­fe­nen abzu­fra­gen. Ein ver­wal­te­ri­sches und daten­schutz­recht­li­ches Desas­ter

Auf Steu­er­zah­len­de kom­men hohe Kos­ten zur Ein­füh­rung der Bezahl­kar­te zu, in Ber­lin sind zum Bei­spiel mitt­ler­wei­le fünf Mil­lio­nen Euro statt wie bis­her 366.000 Euro ver­an­schlagt eine Ver­schwen­dung staat­li­cher Gelder.

Die Fal­schen gewinnen

Die ein­zi­gen Gewin­ner der Bezahl­kar­te sind die Rechts­po­pu­lis­ten, die in ihren abwer­ten­den und ras­sis­ti­schen Nar­ra­ti­ven über geflüch­te­te Men­schen bestä­tigt wer­den. In einer Zeit, in der Rechts­po­pu­lis­mus um sich greift und demo­kra­tie- und ver­fas­sungs­feind­li­che Rechts­extre­me an Macht gewin­nen, soll­ten das Geld und der für die Kom­mu­nen belas­ten­de per­so­nel­le Auf­wand für die Bezahl­kar­te bes­ser in die Abschaf­fung der Arbeits­ver­bo­te für Geflüch­te­te, die Aus­wei­tung von Sprach­lern­an­ge­bo­ten und die schnel­le­re Aner­ken­nung aus­län­di­scher Abschlüs­se gesteckt wer­den, anstatt sich wie­der­holt mit sinn­lo­sem Aktio­nis­mus vor den rech­ten Kar­ren span­nen zu lassen. 

PRO ASYL for­dert von Bund und Län­dern die Rückkehr zur Real­po­li­tik, dann wäre die Bezahl­kar­te längst Geschichte.

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