25.11.2022

PRO ASYL und Flücht­lings­rä­te for­dern: Deutsch­land muss mehr tun, um geflüch­te­te Frau­en vor Gewalt zu schüt­zen und sie men­schen­wür­dig auf­zu­neh­men.

Krieg in der Ukrai­ne, Unter­drü­ckung und mas­si­ve Gewalt in Afgha­ni­stan und im Iran: Das Jahr 2022 zeigt sehr deut­lich, dass Frau­en von Krieg und Kri­sen häu­fig  beson­ders betrof­fen sind. „Wir ste­hen soli­da­risch mit all jenen, die der­zeit im Iran uner­schro­cken auf die Stra­ße gehen, und allen ande­ren Frau­en welt­weit, die in ihren Län­dern teils unter Lebens­ge­fahr für ihre Rech­te als Men­schen, als Frau­en, kämp­fen“, so Simo­ne Eiler vom Baye­ri­schen Flüchtlingsrat.

Von Deutsch­land erwar­ten PRO ASYL und die Flücht­lings­rä­te einen bes­se­ren Schutz von geflüch­te­ten Frau­en und men­schen­wür­di­ge Auf­nah­me­be­din­gun­gen: „Ob es um Unter­brin­gung in siche­ren Woh­nun­gen geht, um ein geschlech­ter­sen­si­bles Asyl­ver­fah­ren oder um medi­zi­ni­sche und psy­cho­so­zia­le Unter­stüt­zung – Deutsch­land muss deut­lich mehr dafür tun, dass schutz­su­chen­de gewalt­be­trof­fe­ne Frau­en auf­ge­nom­men wer­den, gut ankom­men, und sicher, selbst­be­stimmt und in Wür­de hier leben kön­nen“, so Andrea Kothen, Refe­ren­tin von PRO ASYL.

Ver­ge­wal­ti­gun­gen gehö­ren oft zur Kriegsstrategie

Welt­weit sind rund 50 Mil­lio­nen Frau­en und Mäd­chen auf der Flucht (ca. die Hälf­te aller Flücht­lin­ge welt­weit). In den Her­kunfts­län­dern geflüch­te­ter Frau­en ist phy­si­sche, sexua­li­sier­te, psy­chi­sche und struk­tu­rel­le Gewalt gegen Frau­en und Mäd­chen viel­fach all­täg­li­che Pra­xis. Dazu gehö­ren Zwangs­ver­hei­ra­tun­gen, dro­hen­de Femi­zi­de, Geni­tal­ver­stüm­me­lun­g/-beschnei­dung*, häus­li­che Gewalt, Zwangs­pro­sti­tu­ti­on und Men­schen­han­del. In Krie­gen gehö­ren sys­te­ma­ti­sche Ver­ge­wal­ti­gun­gen von Frau­en und Mäd­chen häu­fig zur Kriegsstrategie.

In Afgha­ni­stan sind Unter­drü­ckung und Gewalt gegen Frau­en spä­tes­tens seit der Macht­über­nah­me der Tali­ban mit aller Bru­ta­li­tät zurück­ge­kehrt. Frau­en­rechts­ak­ti­vis­tin­nen sind unter den Tali­ban der­art bedroht, dass ihnen nichts ande­res bleibt, als sich zu ver­ste­cken und auf eine Chan­ce zur Aus­rei­se zu hof­fen. „Das Bun­des­auf­nah­me­pro­gramm ist im Okto­ber offi­zi­ell ange­lau­fen, aber es ist äußerst intrans­pa­rent und bie­tet vie­len gefähr­de­ten Frau­en kei­ne Per­spek­ti­ve“, sagt Maryam Moham­ma­di, Refe­ren­tin vom Flücht­lings­rat Niedersachsen.

Leid­vol­le Erfah­run­gen, Dis­kri­mi­nie­rung und Gewalt auch in Deutschland 

Frau­en, denen die Flucht aus ihrer Hei­mat gelingt, befin­den sich regel­mä­ßig in einer kaum enden­den Gewalt­spi­ra­le: Auf dem oft mona­te- oder jah­re­lan­gen Flucht­weg erle­ben sie über­pro­por­tio­nal häu­fig wei­te­re Gewalt. Nicht sel­ten set­zen sich leid­vol­le Erfah­run­gen, Dis­kri­mi­nie­rung und Gewalt sogar für die­je­ni­gen Frau­en fort, die nach Deutsch­land geflo­hen sind.

Das Kon­troll­gre­mi­um für die Istan­bul Kon­ven­ti­on GREVIO hat der Bun­des­re­gie­rung im Okto­ber 2022 beschei­nigt, dass der Gewalt­schutz von Frau­en ins­be­son­de­re in Bezug auf mehr­fach dis­kri­mi­nier­te Frau­en wie Asyl­su­chen­de oder Frau­en mit Behin­de­rung gro­ße Män­gel auf­weist und mehr für ihren Schutz getan wer­den muss. So kri­ti­siert GREVIO etwa die Unter­brin­gungs­si­tua­ti­on von geflüch­te­ten Frau­en vor dem Hin­ter­grund, dass sie „vor geschlechts­spe­zi­fi­scher Ver­fol­gung geflo­hen sind oder auf der Flucht unge­heu­er­li­che For­men sexu­el­ler oder geschlechts­spe­zi­fi­scher Gewalt erlebt haben“.

For­de­run­gen an die Bundesregierung 

Das Gre­mi­um sieht »ein grö­ße­res Mus­ter der Bereit­stel­lung von Unter­künf­ten, die kei­ne Sicher­heit gewähr­leis­ten“. Sie böten kei­ne Bedin­gun­gen, „wel­che Frau­en und Mäd­chen die Mög­lich­keit geben, ihre Erleb­nis­se mit Hil­fe von spe­zia­li­sier­ter Bera­tung und Unter­stüt­zung zu ver­ar­bei­ten, um sie den Inter­view­ern offen zu legen und den Gene­sungs­pro­zess zu beginnen“.

In einem umfas­sen­den Bericht lis­tet GREVIO zahl­rei­che Män­gel auf und gibt der Bun­des­re­gie­rung kon­kre­te und zügig umzu­set­zen­de Auf­ga­ben. Was der Aus­schuss mit Blick auf geflüch­te­te Frau­en von der Bun­des­re­gie­rung kon­kret erwar­tet, ist in die­ser News von PRO ASYL vom Okto­ber 2022 nach­zu­le­sen.


* Zum Begriff Genitalverstümmelung/Genitalbeschneidung : https://fim-frauenrecht.de/unsere-themen/genitalbeschneidung#Definition

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