21.03.2023

Wer vor dem ira­ni­schen Regime flieht, darf nicht im Schnell­ver­fah­ren an deut­schen Flug­hä­fen abge­lehnt und abge­scho­ben wer­den, for­dert PRO ASYL. Doch ver­gan­ge­ne Woche ist genau das pas­siert, wie PRO ASYL aus Anwalts­krei­sen weiß: Eine ira­ni­sche Per­son wur­de direkt vom Flug­ha­fen aus in den Iran gebracht. Wei­te­re Rück­füh­run­gen dro­hen. PRO ASYL for­dert, ira­ni­sche Schutz­su­chen­de ein­rei­sen zu lassen. 

„Das Flug­ha­fen­ver­fah­ren ist ein Schnell­ver­fah­ren, in dem eine genaue Beur­tei­lung der Gefähr­dung nicht mög­lich ist. Dass das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge trotz der kras­sen Repres­sio­nen des ira­ni­schen Regimes gegen die Pro­test­be­we­gung Asyl­an­trä­ge von ira­ni­schen Schutz­su­chen­den im Flug­ha­fen­ver­fah­ren als ‚offen­sicht­lich unbe­grün­det‘ ablehnt und ihnen die Ein­rei­se nach Deutsch­land ver­wei­gert, ist ein Skan­dal. Beson­ders scho­ckie­rend ist, dass es nun sogar eine Abschie­bung in den Iran gab – und die­se trotz ent­spre­chen­der Hin­wei­se von PRO ASYL auch vom Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um nicht gestoppt wur­de“, kom­men­tiert Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL.

Wei­te­re Rück­füh­run­gen in den Iran drohen

Und es geht wei­ter: PRO ASYL lie­gen Infor­ma­tio­nen dar­über vor, dass sich aktu­ell wei­te­re schutz­su­chen­de Men­schen aus dem Iran am Frank­fur­ter Flug­ha­fen befin­den, dar­un­ter auch Frau­en und ein Kind. Min­des­tens einer Per­son droht wohl bereits kon­kret die Rück­füh­rung in den Iran.

Nach der eska­lie­ren­den Gewalt gegen die Pro­tes­tie­ren­den im ver­gan­ge­nen Jahr hat sich Bun­des­in­nen­mi­nis­te­rin Nan­cy Fae­ser mit den Wor­ten „Abschie­bun­gen in den Iran sind in der aktu­el­len desas­trö­sen Men­schen­rechts­la­ge nicht ver­ant­wort­bar“ am 6. Okto­ber 2022 für einen Abschie­be­stopp stark gemacht. Bei der Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz Ende Novem­ber 2022 wur­de zwar kein for­mel­ler Abschie­be­stopp beschlos­sen, die Teil­neh­men­den haben sich aber dar­auf geei­nigt, vor­erst kei­ne Men­schen mehr in den Iran abzu­schie­ben (vgl. TOP 16 der IMK-Beschlüs­se).

Ira­ni­sche Per­son wird nach Flug­ha­fen­ver­fah­ren zurückgeführt

Doch die­se Aus­set­zung von Abschie­bun­gen schützt nicht wirk­sam die Iraner*innen, die aktu­ell vor dem Aja­tol­lah-Regime flie­hen. PRO ASYL lie­gen Unter­la­gen zu fol­gen­dem Fall vor: Kürz­lich wur­de nach Stel­lung eines Asyl­an­trags eines ira­ni­schen Schutz­su­chen­den, der kei­nen gül­ti­gen Pass oder Pass­ersatz vor­wei­sen konn­te, ein soge­nann­tes Flug­ha­fen­ver­fah­ren durch­ge­führt. Das bedeu­tet, dass das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge inner­halb von zwei Tagen den Fall bear­bei­ten muss. Wäh­rend die­ser Zeit ist die Per­son im Tran­sit­be­reich und gilt als „nicht eingereist“.

Der Asyl­an­trag wur­de als „offen­sicht­lich unbe­grün­det“ abge­lehnt – was die Ver­wei­ge­rung der Ein­rei­se und ein ver­kürz­tes Rechts­schutz­ver­fah­ren zur Fol­ge hat – und die Per­son wur­de schließ­lich in den Iran zurück­ge­führt. Wenn vor­her kei­ne Ein­rei­se nach Deutsch­land erfolgt ist, ist der Rechts­be­griff nicht Abschie­bung son­dern Zurück­wei­sung – für die betrof­fe­ne Per­son bedeu­tet es aber letzt­lich das Gleiche.

Schutz­su­chen­de Ira­ne­rin­nen und Ira­ner müs­sen ein­rei­sen dürfen

„Asyl­an­trä­ge von ira­ni­schen Per­so­nen dür­fen ange­sichts der ange­spann­ten Situa­ti­on in Iran nicht als ‚offen­sicht­lich unbe­grün­det‘ abge­lehnt wer­den, denn eine Gefähr­dung durch das Regime ist wahr­schein­lich – gera­de wenn die­se Men­schen aus Deutsch­land zurück­ge­wie­sen wer­den. Der nun bekannt gewor­de­ne Abschie­bungs­fall muss Kon­se­quen­zen haben. PRO ASYL appel­liert an Bun­des­in­nen­mi­nis­te­rin Fae­ser, dafür zu sor­gen, dass schutz­su­chen­de Ira­ne­rin­nen und Ira­ner ein­rei­sen dür­fen und nicht zurück­ge­wie­sen wer­den. Ihre Asyl­grün­de müs­sen sorg­fäl­tig geprüft wer­den“, for­dert Judith.

Seit dem Tod der 22-jäh­ri­gen Jîna (Mah­sa) Amînî im Gewahr­sam der Sit­ten­po­li­zei, die am 13. Sep­tem­ber 2022 ver­haf­tet wur­de, weil sie ihr Kopf­tuch nicht ordent­lich getra­gen haben soll, brei­tet sich über das gan­ze Land eine vor allem von Frau­en und jun­gen Men­schen getra­ge­ne Wel­le des Pro­tests aus. Seit dem Beginn der Pro­tes­te wur­den Tau­sen­de Men­schen ein­ge­sperrt. Sie wer­den in den Gefäng­nis­sen des Regimes grau­sam gefol­tert. Selbst Jugend­li­che und Kin­der wer­den dabei nicht ver­schont. Auch vor Hin­rich­tun­gen schreckt das Regime nicht zurück: Seit Jah­res­be­ginn gab es mehr als 100 Hinrichtungen.

Hin­weis: PRO ASYL macht kei­ne kon­kre­ten Anga­ben zum Abschie­bungs­fall, um die betrof­fe­ne Per­son nicht zusätz­lich zu gefährden.

Die gene­rel­len Män­gel des Flug­ha­fen­ver­fah­rens wer­den in fol­gen­der Stu­die von PRO ASYL dar­ge­stellt: Abge­lehnt im Nie­mands­land, Rechts­gut­ach­ten und Pra­xis­be­richt, Juni 2021.

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