24.10.2024

PRO ASYL ver­ur­teilt den vom Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um vor­ge­leg­ten Refe­ren­ten­ent­wurf zum GEAS-Umset­zungs­ge­setz. Die­ser Ent­wurf zur Umset­zung der Reform des Gemein­sa­men Euro­päi­schen Asyl­sys­tems (GEAS) in Deutsch­land bedroht grund­le­gen­de Men­schen- und Flüchtlingsrechte. 

Beson­ders alar­mie­rend sind die weit­rei­chen­den Ver­schär­fun­gen bei Frei­heits­be­schrän­kun­gen und Inhaf­tie­run­gen von Schutz­su­chen­den, dar­un­ter auch von Kin­dern. PRO ASYL for­dert eine umfas­sen­de Über­ar­bei­tung des Ent­wurfs, um den Schutz von Geflüch­te­ten sicherzustellen.

„Wir ste­hen vor einem Rück­schritt für den Schutz geflüch­te­ter Men­schen in Deutsch­land, grund­le­gen­de Men­schen- und Flücht­lings­rech­te wer­den wei­ter beschnit­ten. Der vor­lie­gen­de Ent­wurf geht weit über das hin­aus, was die GEAS-Reform ver­langt, und setzt auf eine unnö­ti­ge Ver­schär­fung des deut­schen Asyl­rechts“, sagt Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL.

Statt auf eine „Mini­mal­um­set­zung“ der EU-Vor­ga­ben setzt der Refe­rent­ent­wurf auf nicht not­wen­di­ge Ver­schär­fun­gen, „denen zum Teil ver­fas­sungs­recht­li­che und men­schen­recht­li­che Beden­ken ent­ge­gen­ste­hen“, heißt es in der Stel­lung­nah­me zum Refe­ren­ten­ent­wurf, die PRO ASYL beim Innen­mi­nis­te­ri­um ein­ge­reicht hat.

Geschlos­se­ne Zen­tren und Inhaf­tie­rung von Schutz­su­chen­den in Deutschland

Der Refe­ren­ten­ent­wurf sieht umfang­rei­che Mög­lich­kei­ten vor, die Frei­heit von Schutz­su­chen­den zu beschrän­ken und sie zu inhaf­tie­ren. Es dro­hen neue geschlos­se­ne Zen­tren, wie sie in Deutsch­land bis­her nicht bekannt sind. Schutz­su­chen­de dürf­ten dann ihre Unter­brin­gungs­ein­rich­tung nicht ver­las­sen, zum Teil nur, weil sie aus einem bestimm­ten Her­kunfts­land kommen.

Auch Kin­der könn­ten in Haft kommen

Beson­ders besorg­nis­er­re­gend ist auch die geplan­te neu­ar­ti­ge Asyl­ver­fah­rens­haft, die auch Kin­der betref­fen könn­te. „Es ist uner­träg­lich, dass Deutsch­land nun ernst­haft in Erwä­gung zieht, Kin­der wäh­rend ihres Asyl­ver­fah­rens wie in einem Gefäng­nis ein­zu­sper­ren. Dabei hat­te die Bun­des­re­gie­rung beteu­ert, gera­de sol­che Zustän­de ver­hin­dern zu wol­len. Die Rege­lung zur neu­en Asyl­haft muss umge­hend gestri­chen wer­den“, sagt Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL.

Fai­re Asyl­ver­fah­ren sind nach der Erfah­rung von PRO ASYL unter Haft­be­din­gun­gen nicht mög­lich, zudem sind sie für die Betrof­fe­nen oft retrau­ma­ti­sie­rend und eine hohe psy­chi­sche Belastung.

Aus­wei­tung der Grenz­ver­fah­ren geplant

Auch die von der EU geplan­ten Asyl­ver­fah­ren an den EU-Außen­gren­zen stel­len einen mas­si­ven Ein­schnitt in Flücht­lings­rech­te dar. Men­schen, die an den EU-Außen­gren­zen Asyl bean­tra­gen, sol­len unter der Fik­ti­on der Nicht-Ein­rei­se fest­ge­hal­ten wer­den. Die­se Ver­fah­ren, die auch das bis­he­ri­ge deut­sche Flug­ha­fen­ver­fah­ren erset­zen wer­den, kön­nen bis zu zwölf Wochen dau­ern. Für Asyl­su­chen­de im Außen­grenz­ver­fah­ren gel­ten die neu­en Regeln zur Frei­heits­be­schrän­kung und Inhaf­tie­rung in jedem Fall.

Und selbst hier will die Bun­des­re­gie­rung noch über die euro­päi­schen Ver­schär­fun­gen hin­aus­ge­hen: Der deut­sche Ent­wurf sieht vor, das Grenz­ver­fah­ren auf wei­te­re optio­na­le Fäl­le auszuweiten.

Aus­wei­tung der „siche­ren Staaten“-Konzepte unter Umge­hung demo­kra­ti­scher Prozesse

Sehr pro­ble­ma­tisch ist auch die geplan­te Aus­wei­tung der Kon­zep­te der „siche­ren Her­kunfts­staa­ten“ und der „siche­ren Dritt­staa­ten“. Die­se sol­len künf­tig per Rechts­ver­ord­nung der Bun­des­re­gie­rung, also ohne Zustim­mung von Bun­des­tag und Bun­des­rat, bestimmt wer­den kön­nen. Eine sol­che Umge­hung des demo­kra­ti­schen Pro­zes­ses ist höchst bedenk­lich. Bis­her hat sich gera­de der Bun­des­rat als wich­ti­ge Instanz erwie­sen, um vor­ei­li­ge Ein­stu­fun­gen zu ver­hin­dern. So hat er zum Bei­spiel ver­hin­dert, dass Marok­ko und Tune­si­en zu soge­nann­ten siche­ren Her­kunfts­staa­ten erklärt werden.
PRO ASYL lehnt eine Ein­stu­fung von Län­dern als „sicher“ als Beschrän­kung des Rechts auf ein fai­res Asyl­ver­fah­ren grund­sätz­lich ab.

Men­schen­rech­te müs­sen im Fokus stehen

PRO ASYL for­dert eine grund­le­gen­de Über­ar­bei­tung des GEAS-Umset­zungs­ge­set­zes. Deutsch­land muss bei der Umset­zung der GEAS-Reform men­schen­recht­li­che Stan­dards wah­ren und den Schutz geflüch­te­ter Men­schen in den Mit­tel­punkt stel­len. Statt auf neue Haft­for­men und Frei­heits­be­schrän­kun­gen zu set­zen, soll­te der bestehen­de Spiel­raum genutzt wer­den, um fai­re und sorg­fäl­ti­ge Asyl­ver­fah­ren unter men­schen­wür­di­gen Bedin­gun­gen zu gewährleisten.

Bereits im Juli hat­te PRO ASYL gemein­sam mit 25 ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen Vor­schlä­ge für eine men­schen­rechts­kon­for­me Umset­zung der GEAS-Reform gemacht.

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