17.05.2024

Noch bevor über ihren Asyl­an­trag ent­schie­den wird, sol­len Geflüch­te­te in Asylbewerber*innen mit „guter oder gerin­ger Blei­be­per­spek­ti­ve“ unter­teilt und getrennt unter­ge­bracht wer­den. Die­sen Gesetz­ent­wurf der CDU Thü­rin­gen und die Idee dahin­ter – Dro­hung mit Abschie­bung und Stig­ma­ti­sie­rung statt gutes Ankom­men und Inte­gra­ti­ons­be­mü­hun­gen – lehnt PRO ASYL ent­schie­den ab. Zudem bräuch­te die CDU die Stim­men der vom Thü­rin­ger Ver­fas­sungs­schutz als rechts­extrem ein­ge­stuf­ten AfD, um die­sen Gesetz­ent­wurf durch­zu­brin­gen: ein wei­te­res Loch in der Brand­mau­er gegen Rechts­extre­mis­ten, an der die demo­kra­ti­schen Par­tei­en eigent­lich wei­ter­bau­en sollten.

„Ein stig­ma­ti­sie­ren­des Gesetz vor­zu­schla­gen, das nur ver­ab­schie­det wer­den kann, wenn die vom Ver­fas­sungs­schutz als rechts­extrem ein­ge­stuf­te Thü­rin­ger AfD zustimmt, ist nichts ande­res als ein wei­te­rer Tabu­bruch. Des­halb muss die CDU Thü­rin­gen die­sen Gesetz­ent­wurf sofort zurück­zie­hen, um ihre Brand­mau­er gegen Rechts­extre­mis­ten nicht end­gül­tig zu zer­stö­ren”, sagt Tareq Alaows, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL.

„Eine Sepa­rie­rung der Schutz­su­chen­den noch vor einer Ent­schei­dung des Bun­des­am­tes für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF) nach dem Kri­te­ri­um einer guten bzw. gerin­gen Blei­be­per­spek­ti­ve ist nach Ansicht von PRO ASYL weder zuläs­sig noch mög­lich“, heißt es in der heu­te ver­öf­fent­lich­ten Stel­lung­nah­me von PRO ASYL zu dem CDU-Gesetz­ent­wurf zur “Neu­ord­nung der Zustän­dig­kei­ten und Auf­ga­ben im Bereich der Migra­ti­on”, die der Land­tag erbe­ten hatte.

Stim­mungs­ma­che gegen geflüch­te­te Menschen

„Wenn Men­schen Schutz suchen, muss es zuerst um ein gutes Ankom­men, eine gute Unter­brin­gung, Bera­tung für die fol­gen­den Schrit­te bei den Behör­den und die medi­zi­ni­sche und psy­cho­so­zia­le Ver­sor­gung nach der Flucht gehen. Dass die Behör­den nach dem Wil­len der Thü­rin­ger CDU statt­des­sen direkt nach der Ankunft der Geflüch­te­ten deren mög­li­che Abschie­bung in den Mit­tel­punkt des Ver­fah­rens stel­len sol­len, ohne dass über­haupt jemand über den Asyl­an­trag ent­schie­den hat, ist schä­big und dient ein­zig der Stim­mungs­ma­che gegen geflüch­te­te Men­schen. Zudem wider­spricht die­ses Vor­ge­hen dem Recht auf eine fai­re, vor­ur­teils­freie Anhö­rung der Asyl­grün­de und auf eine indi­vi­du­el­le Ent­schei­dung über den Asyl­an­trag”, sagt Tareq Alaows, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL.

Das gilt auch auf dem Hin­ter­grund, dass der größ­te Teil der Schutz­su­chen­den tat­säch­lich Schutz erhält und Men­schen mit gerin­ger Blei­be­per­spek­ti­ve in der Min­der­heit sind. So lag die berei­nig­te Schutz­quo­te bei den Ent­schei­dun­gen des Bun­des­am­tes für Asyl und Migra­ti­on (BAMF) im Jahr 2023 zuletzt bei 70 Pro­zent. „Berück­sich­tigt man wei­ter­hin, dass zahl­rei­che nega­ti­ve Ent­schei­dun­gen des BAMF gericht­lich auf­ge­ho­ben wer­den und den Kläger*innen durch die Ver­wal­tungs­ge­rich­te Schutz zuge­spro­chen wird (ver­glei­che hier­zu BT-Drs. 20/10869), wird umso deut­li­cher, dass der Fokus nicht in ers­ter Linie auf der Auf­ent­halts­be­en­di­gung im Fal­le der ver­hält­nis­mä­ßig weni­gen Ableh­nun­gen, son­dern auf dem Ankom­men und der Inte­gra­ti­on der­je­ni­gen lie­gen muss, die in Deutsch­land blei­ben wer­den“, heißt es in der Stel­lung­nah­me weiter.

Hin­ter­grund
Laut ihrem Gesetz­ent­wurf will die Thü­rin­ger CDU in Thü­rin­gen ankom­men­de Schutz­su­chen­de zunächst in der Erst­auf­nah­me­ein­rich­tung (EAE) Suhl auf­neh­men und dort noch vor der Ent­schei­dung über ihre Asyl­an­trä­ge durch das BAMF in Asylbewerber*innen mit guter und mit gerin­ger Blei­be­per­spek­ti­ve unter­tei­len. Kri­te­ri­en dafür sol­len sein: das Vor­lie­gen eines Dub­lin-Tref­fers in einem ande­ren Mit­glied­staat, das Stel­len eines Fol­ge­an­trags, eine (ver­meint­lich) zu erwar­ten­de Ent­schei­dung über den Asyl­an­trag als offen­sicht­lich unbegründet.

Men­schen mit guter Blei­be­per­spek­ti­ve sol­len dann auf die Kom­mu­nen und Land­krei­se ver­teilt wer­den, die mit (ver­meint­lich) gerin­ger Blei­be­per­spek­ti­ve hin­ge­gen sol­len in noch zu schaf­fen­de “Thü­rin­ger Zen­tren für Auf­nah­me und Rück­füh­rung” gebracht werden.

 

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