13.08.2021

Der jüngst erfolg­te Abschie­be­stopp nach Afgha­ni­stan ist rich­tig und war längst über­fäl­lig. Doch nun müs­sen wei­te­re Schrit­te fol­gen: Orts­kräf­te und ihre Ange­hö­ri­gen müs­sen eben­so wie Men­schen, die auf ein Visum zum Fami­li­en­nach­zug war­ten, schnellst­mög­lich aus­ge­flo­gen werden.

Ges­tern Herat, heu­te früh die Mel­dung über die Ein­nah­me Kan­da­hars durch die Tali­ban: Seit letz­ter Woche sind die Isla­mis­ten auf einem unauf­halt­sa­men Vor­marsch. Es ist ein Wett­lauf gegen die Zeit, gefähr­de­te Men­schen über Kabul zu ret­ten – bevor auch die­se Stadt fällt und damit der Flucht­weg per Flug­zeug ver­sperrt wird. PRO ASYL for­dert eine sofor­ti­ge Notaufnahme.

„Jeden Tag rufen ver­zwei­fel­te Men­schen bei PRO ASYL an: Orts­kräf­te, die nicht wis­sen, wo sie sich hin­wen­den sol­len, um Hil­fe zu bekom­men. Afgha­nen in Deutsch­land, die um ihre Fami­lie in Afgha­ni­stan ban­gen und schon seit Mona­ten in der end­lo­sen Schlei­fe des Fami­li­en­nach­zugs hän­gen. Die­se Situa­ti­on ist uner­träg­lich. Es braucht eine sofor­ti­ge Not­auf­nah­me die­ser gefähr­de­ten Men­schen!“, for­dert Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL. Die Bun­des­re­gie­rung muss die seit kur­zem bestehen­de Hot­line für Orts­kräf­te, die bereits eine Auf­nah­me­zu­sa­ge haben, erwei­tern, um den Men­schen wenigs­tens Aus­kunft zu ertei­len und sie nicht völ­lig im Unkla­ren zu lassen.

Anträ­ge zum Fami­li­en­nach­zug müs­sen umge­hend bear­bei­tet werden

Wäh­rend die Tali­ban eine Stadt nach der ande­ren erobern, pla­nen immer mehr Regie­run­gen die Eva­ku­ie­rung ihrer Staats­an­ge­hö­ri­gen. Außen­mi­nis­ter Maas hat nun ein bis zwei Char­ter­flü­ge bis Ende des Monats ange­kün­digt, auch um ört­li­che Hel­fer der Bun­des­wehr nach Deutsch­land zu brin­gen. Eine sol­che Eva­ku­ie­rungs­maß­nah­me ist drin­gend über­fäl­lig. Die Fra­ge bleibt, wie dies genau ablau­fen wird und wer berück­sich­tigt wird. Auch die bei Sub­un­ter­neh­men Beschäf­tig­ten sind in Gefahr. Eins ist klar: Die Zeit für büro­kra­ti­sche Prüf­ver­fah­ren ist abge­lau­fen. Es ist gera­de­zu pein­lich, dass die Bun­des­re­gie­rung noch nicht ein­mal eine Kon­takt­adres­se ver­öf­fent­licht, an die schutz­su­chen­de Afgha­nen sich wen­den kön­nen, wäh­rend Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin Anne­gret Kramp-Kar­ren­bau­er die Schuld für die lang­sa­men Ver­fah­ren allein der afgha­ni­schen Regie­rung zuschiebt.

Anträ­ge für den Fami­li­en­nach­zug aus Afgha­ni­stan müs­sen schnellst­mög­lich bear­bei­tet wer­den. An den Deut­schen Bot­schaf­ten in Islam­abad und Neu-Delhi, die für Fami­li­en­nach­zug aus Afgha­ni­stan zustän­dig sind, war­ten rund 3000 Men­schen allein auf einen Ter­min, um einen Visa­an­trag stel­len zu dür­fen (Bun­des­tags­druck­sa­che Nr. 19/29430, S.4). Ihnen steht es recht­lich zu, zu ihren in Deutsch­land leben­den, engs­ten Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen zu zie­hen, die hier einen Schutz­sta­tus erhal­ten haben.

Zudem braucht es ein Auf­nah­me­pro­gramm für jene Afghan*innen, die in den letz­ten Jah­ren für Frau­en­rech­te, Demo­kra­tie und eine freie Gesell­schaft gear­bei­tet haben – und die auf­grund ihrer Arbeit nun zur Ziel­schei­be der Tali­ban wer­den. „Wir haben es mit einer Aus­nah­me­si­tua­ti­on zu tun. Es gilt, jetzt so vie­le Men­schen­le­ben zu ret­ten wie mög­lich“, for­dert Gün­ter Burkhardt.

PRO ASYL kri­ti­siert den Ent­schei­dungs­stopp des BAMF

Afgha­nen brau­chen Schutz. Es gibt kei­ne siche­ren Gebie­te in Afgha­ni­stan, es gibt kei­nen inter­nen Schutz vor der Tali­ban. Mit der Argu­men­ta­ti­on, von den Tali­ban Ver­folg­te könn­ten in Groß­städ­ten wie Herat, Mazar-i-Sha­rif, Kun­duz oder Kabul sicher leben, wur­den in der Ver­gan­gen­heit ver­folg­te Afgha­nen vom BAMF abge­lehnt. „Der nun vom BAMF ver­kün­de­te  Ent­schei­dung­stopp ist unan­ge­mes­sen. Die Fik­ti­on der angeb­lich siche­ren Gebie­te ist in sich zusam­men­ge­bro­chen“, sagt Burk­hardt. Wer ver­folgt ist, braucht Schutz und darf nicht durch einen Ent­schei­dungs­stopp mona­te­lang in der Wahr­neh­mung sei­ner Rech­te als Flücht­ling, zum Bei­spiel beim Fami­li­en­nach­zug, aus­ge­bremst werden.

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