03.09.2024

PRO ASYL appel­liert an die Bun­des­re­gie­rung nach den für demo­kra­ti­sche Par­tei­en ver­hee­ren­den Ergeb­nis­sen der Land­tags­wah­len in Thü­rin­gen und Sach­sen: Die Bun­des­re­gie­rung darf kei­ne Maß­nah­men beschlie­ßen, die gegen Ver­fas­sung, Euro­pa­recht oder Völ­ker­recht ver­sto­ßen. Rechts­wid­ri­ge Ver­schär­fun­gen unter­gra­ben den Rechts­staat, spie­len den Rechts­extre­mis­ten in die Hän­de und lösen kei­ne gesell­schaft­li­chen Probleme.

Anläss­lich des heu­ti­gen Tref­fens zwi­schen Vertreter*innen der Bun­des­re­gie­rung, den Bun­des­län­dern und der größ­ten Oppo­si­ti­ons­par­tei warnt PRO ASYL: Die CDU muss ihrer Ver­ant­wor­tung als demo­kra­ti­sche Par­tei nach­kom­men und darf die Pola­ri­sie­rung der Debat­te nicht wei­ter vor­an­trei­ben. Bei dem Tref­fen soll­te sich auf Maß­nah­men kon­zen­triert wer­den, die unse­re Demo­kra­tie und den gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halt stär­ken und der Radi­ka­li­sie­rung hin zum Isla­mis­mus oder Rechts­extre­mis­mus vorbeugen.

„Im ver­zwei­fel­ten Ver­such, den restrik­ti­ven Kurs der Ampel-Regie­rung zu über­tref­fen, ver­liert die CDU unter Merz und Spahn jedes Maß. For­de­run­gen nach Zurück­wei­sun­gen an den deut­schen Gren­zen und der Bezug zu einer angeb­li­chen Not­la­ge sind nicht nur euro­pa­rechts­wid­rig, son­dern auch euro­pa­po­li­ti­scher Spreng­stoff“, kom­men­tiert Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL. „Eine Orba­ni­sie­rung der CDU, die EU-Recht igno­riert, wäre ein Geschenk für jene, die die EU in einen Ver­bund natio­na­lis­ti­scher ‘Vater­län­der’ ver­wan­deln wol­len. Das Asyl­recht ist hier­für ein Ein­falls­tor“, führt Judith weiter.

Bereits letz­te Woche leg­te die Bun­des­re­gie­rung ein restrik­ti­ves Maß­nah­men­pa­ket vor, das unter ande­rem abseh­bar ver­fas­sungs­wid­ri­ge Leis­tungs­kür­zun­gen für soge­nann­te Dub­lin-Fäl­le vor­sieht. Doch dies geht der CDU nicht weit genug. Sie for­dert nun auch Zurück­wei­sun­gen an den Bin­nen­gren­zen, die EU-Recht bre­chen wür­den. Auch der Deut­sche Land­kreis­tag stellt For­de­run­gen auf, die ein­deu­tig euro­pa- und völ­ker­rechts­wid­rig wären.

Kur­ze recht­li­che Ein­ord­nung zu eini­gen Vorschlägen

  • Leis­tungs­kür­zun­gen: Eine Strei­chung der Sozi­al­leis­tun­gen „auf Null“ für Men­schen in Dub­lin­ver­fah­ren ist abseh­bar ver­fas­sungs­wid­rig. Dies wür­de auch Men­schen betref­fen, die ohne eige­nes Ver­schul­den, zum Bei­spiel wegen Krank­heit, im Dul­dungs­sta­tus fest­hän­gen. Den Men­schen im Dub­lin-Ver­fah­ren ist eine eigen­stän­di­ge frei­wil­li­ge Aus­rei­se regel­mä­ßig nicht mög­lich. Sie kön­nen also nicht selbst­stän­dig in den für sie zustän­di­gen EU-Staat gehen und somit ihre Situa­ti­on selbst behe­ben. Auch die Strei­chung des sozio­kul­tu­rel­len Exis­tenz­mi­ni­mums, wie sie für bestimm­te Kon­stel­la­tio­nen bereits im Gesetz steht, ist schon jetzt sowohl in ver­fas­sungs­recht­li­cher Hin­sicht als auch mit Blick auf das – aktu­el­le wie künf­ti­ge – EU-Recht extrem frag­wür­dig. Auch Gedul­de­te haben oft gute oder huma­ni­tär zwin­gen­de Grün­de für einen Ver­bleib in Deutsch­land. Eine pau­scha­le Kür­zung der Leis­tun­gen für die­se Men­schen lässt sich rechts­staat­lich nicht  begründen.
  • Zurück­wei­sun­gen an Bin­nen­gren­zen: Deutsch­land darf Schutz­su­chen­de nicht ein­fach in jenes Land zurück­schi­cken, aus dem sie ein­zu­rei­sen ver­su­chen, denn Zurück­wei­sun­gen an den Bin­nen­gren­zen sind uni­ons­rechts­wid­rig. Deutsch­land ist nach der Dub­lin-Ver­ord­nung dazu ver­pflich­tet, den für das Asyl­ver­fah­ren zustän­di­gen Mit­glied­staat zu klä­ren – das kann aber nicht durch die Bun­des­po­li­zei an der Gren­ze pas­sie­ren, son­dern hier­für besitzt allein das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge die Kom­pe­tenz und die not­wen­di­gen Infor­ma­tio­nen (sie­he aus­führ­li­cher hier).
  • Not­la­ge: Das Aus­ru­fen einer Not­la­ge, um direk­te Zurück­wei­sun­gen an den Bin­nen­gren­zen durch­zu­füh­ren, wäre euro­pa­rechts­wid­rig. Es ist stark umstrit­ten, ob es nach dem EU-Recht über­haupt die Mög­lich­keit gibt, eine Not­la­ge aus­zu­ru­fen und des­we­gen Asyl­re­geln nicht anzu­wen­den. Denn das Asyl­recht sieht bereits Son­der­re­ge­lun­gen vor, wenn zum Bei­spiel sehr vie­le Men­schen gleich­zei­tig einen Asyl­an­trag stel­len. Der EuGH hat zum Bei­spiel bezüg­lich der unga­ri­schen Tran­sit­zo­nen ent­schie­den, dass es hier­für kei­ne Not­la­ge gab, die dies gerecht­fer­tigt hätte.
Alle Presse­mitteilungen