01.02.2019

In einem offe­nen Brief for­dern PRO ASYL und über 30 ande­re Orga­ni­sa­tio­nen ver­bind­li­che Rege­lun­gen zur Aus­schif­fung von Schutz­su­chen­den in Europa

In dem von PRO ASYL mit­ge­zeich­ne­ten Brief an Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­rin Bar­ley und Bun­des­in­nen­mi­nis­ter See­ho­fer for­dern die Orga­ni­sa­tio­nen die Unter­stüt­zung von Such- und Ret­tungs­maß­nah­men und eine Ende der Blo­cka­de von Schif­fen, die Men­schen aus See­not geret­tet haben.

In dem Appell, der auch an den nächs­ten EU-Rat für Jus­tiz und Inne­res geht, heißt es: »Ange­sichts der drin­gen­den Not­wen­dig­keit von Maß­nah­men zur Auf­tei­lung der gemein­sa­men Ver­ant­wor­tung und der Hin­der­nis­se für eine EU-wei­te Lösung soll­ten unver­züg­lich Ver­ein­ba­run­gen getrof­fen wer­den und die teil­neh­men­den Staa­ten soll­ten von Anfang an fest­ste­hen, nicht auf einer ‚Schiff-für-Schiff‘-Basis.« Seit Som­mer 2018 sind die Häfen in Ita­li­en und Mal­ta für Schutz­su­chen­de weit­ge­hend geschlos­sen. Die Erlaub­nis Schif­fe, die Schutz­su­chen­de geret­tet haben, anlan­den zu las­sen, wird an die Bereit­schaft ande­rer Mit­glied­staa­ten geknüpft, die­se Per­so­nen aufzunehmen.

Die teils wochen­lan­ge War­te­zeit auf den Schif­fen setzt die Gesund­heit der Betrof­fe­nen aufs Spiel. Die Schlie­ßung der Häfen ver­letzt grund­le­gen­de Men­schen­rech­te der Schutz­su­chen­den. Der Zugang zu einem Asyl­ver­fah­ren wird ihnen verwehrt.

Schutz­su­chen­den, die über das Mit­tel­meer nach Euro­pa flie­hen, darf die Anlan­dung nicht ver­wei­gert wer­den. Nach gel­ten­dem See­recht und der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on müs­sen sie in den nächs­ten siche­ren Hafen gebracht wer­den. Die Zusam­men­ar­beit mit der »liby­schen Küs­ten­wa­che« muss sofort ein­ge­stellt wer­den. In Liby­en wer­den die Men­schen­rech­te von Schutz­su­chen­den mas­siv ver­letzt. Die EU muss sicher­stel­len, dass es den Men­schen mög­lich ist, die­sem Elend zu ent­kom­men und sie auf dem Weg nach Euro­pa nicht ihr Leben verlieren.

Der Aus­lö­ser der jet­zi­gen Kri­se ist die Schlie­ßung der ita­lie­ni­schen und mal­te­si­schen Häfen. Sie ist auch eine Fol­ge von feh­len­den lega­len Zugangs­we­gen in die EU, einem unso­li­da­ri­schen Auf­nah­me­sys­tem inner­halb der EU und der rechts­po­pu­lis­ti­schen Het­ze in Staa­ten wie Ita­li­en, die das Regie­rungs­han­deln prägt.

»Der Schlüs­sel zur Lösung liegt vor allem in Brüs­sel, Ber­lin und Paris«, so Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL, »See­not­ret­tung und Zugang zu Schutz sind euro­päi­sche Auf­ga­ben. Wir erwar­ten eine Initia­ti­ve von Deutsch­land und Frank­reich. Bei aller Kri­tik an Ita­li­en und Mal­ta, es braucht eine struk­tu­rel­le Lösung. Das Ster­ben auf dem Meer betrifft uns alle. Das men­schen­un­wür­di­ge Gescha­che­re auf höchs­ter poli­ti­scher Ebe­ne bei jedem Schiff muss auf­hö­ren. Das Abdrü­cken der Ver­ant­wor­tung auf die EU-Grenz­staa­ten muss enden«.

Bis eine euro­päi­sche Lösung für Schutz­su­chen­de nach einem soli­da­ri­schen Prin­zip der Ver­ant­wor­tungs­tei­lung gefun­den wird, braucht es einen ver­bind­li­chen Ablauf zur Auf­nah­me und Verteilung:

  • Die teil­neh­men­den Mit­glied­staa­ten legen unter sich einen Ver­tei­lungs­schlüs­sel fest. Die­ser gilt für jede Anlan­dung und wird nicht mehr von Fall zu Fall aus­ge­han­delt werden.
  • Nach der Anlan­dung in dem Mit­glied­staat wer­den die Geret­te­ten regis­triert und haben die Mög­lich­keit, ihr Schutz­ge­such zu stel­len. Die Auf­nah­me wird men­schen­wür­dig orga­ni­siert, Schutz­su­chen­de nicht inhaf­tiert oder in Lagern isoliert.
  • Zur soli­da­ri­schen Auf­nah­me fin­det der Rah­men der gel­ten­den Dub­lin III-Ver­ord­nung Anwen­dung: Schutz­su­chen­de mit fami­liä­ren Bin­dun­gen in ande­ren EU-Mit­glied­staa­ten rei­sen zu ihren Ange­hö­ri­gen. Dar­über hin­aus neh­men die teil­neh­men­den Mit­glied­staa­ten – wie schon bis­her – die Betrof­fe­nen nach der »huma­ni­tä­ren Klau­sel« auf.

PRO ASYL unter­stützt des­halb den vom Euro­päi­schen Flücht­lings­rat aus­ge­ar­bei­te­ten Vor­schlag.

Für die EU ist es eine Fra­ge der Glaub­wür­dig­keit: Kei­ne Reform ist für die­sen Vor­schlag not­wen­dig, kein Gesetz wird geän­dert. Es ist ledig­lich die Anwen­dung gel­ten­den Rechts bis eine nach­hal­ti­ge, euro­päi­sche Lösung gefun­den ist.

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