20.01.2017

PRO ASYL appel­liert an die Bun­des­län­der: Sicher­heits­la­ge zur Kennt­nis neh­men, Abschie­bungs­vor­be­rei­tun­gen stoppen!

PRO ASYL appel­liert erneut drin­gend an die Bun­des­län­der, die Vor­be­rei­tun­gen für Abschie­bun­gen nach Afgha­ni­stan für den öffent­lich bekannt­ge­wor­de­nen Ter­min zu stoppen.

PRO ASYL wirft dem Bun­des­in­nen­mi­nis­ter vor, die sach­ge­rech­te Lage­ein­schät­zung des UNHCR nicht zur Kennt­nis zu neh­men. Im Schrei­ben an die Län­der vom 9. Janu­ar 2017 behaup­tet der Bun­des­in­nen­mi­nis­ter schlicht das Gegen­teil des­sen, was die Rea­li­tät ist: »Die Sicher­heits­la­ge in Afgha­ni­stan kann jeden­falls nicht als all­ge­mein unsi­cher bezeich­net wer­den.« Und: »Einer sol­chen Inten­si­vie­rung der Rück­füh­rung steht die all­ge­mei­ne Bewer­tung der gegen­wär­ti­gen Sicher­heits­la­ge in Afgha­ni­stan nicht entgegen«.

Die Lage­ein­schät­zung des UNHCR ist ein­deu­tig: Das UNHCR stellt in sei­nem Bericht fest, dass das gesam­te Staats­ge­biet Afgha­ni­stans von einem »inner­staat­li­chen bewaff­ne­ten Kon­flikt« im Sin­ne des euro­päi­schen Flücht­lings­rech­tes betrof­fen sei. Auf­grund der sich stän­dig ändern­den Sicher­heits­la­ge kön­ne man gar nicht zwi­schen siche­ren und unsi­che­ren Regio­nen in dem Bür­ger­kriegs­land ent­schei­den.

PRO ASYL ist in höchs­tem Maß beun­ru­higt, dass SPD- und grün geführ­te Bun­des­län­der Abschie­bun­gen nach Afgha­ni­stan vor­be­rei­ten. »Das BMI ver­dreht die Rea­li­tät, die Innen­mi­nis­ter der Län­der dür­fen die Ver­dre­hun­gen des BMI nicht für bare Mün­ze neh­men. Die Abge­scho­be­nen wer­den sehen­den Auges in eine Gefähr­dungs­la­ge gebracht«, sagt Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL.

Mit der Eti­ket­tie­rung »jun­ge, allein­ste­hen­de Män­ner« oder »Straf­tä­ter« soll die Hemm­schwel­le für Abschie­bun­gen in ein Kriegs- und Kri­sen­ge­biet gesenkt und Akzep­tanz geschaf­fen wer­den. Auch Abschie­bun­gen von jun­gen, allein­ste­hen­den Män­nern oder Straf­tä­tern in ein Kriegs- und Kri­sen­ge­biet sind bedenk­lich, da die Betrof­fe­nen sehen­den Auges in eine Gefähr­dungs­la­ge geführt werden.

Die Grup­pe der Abge­scho­be­nen am 14. Dezem­ber 2016 war sehr hete­ro­gen und die Mehr­heit war gera­de nicht straf­fäl­lig. Unter ihnen waren über­wie­gend Per­so­nen, die bereits lang­jäh­rig in Deutsch­land gelebt hat­ten. Vie­le waren lang­jäh­rig gedul­det, hat­ten Arbeit oder sogar Fami­lie in Deutschland.

PRO ASYL for­dert erneut, dass auf­grund der aktu­el­len Fak­ten­la­ge gera­de alle in der Ver­gan­gen­heit abge­lehn­ten Asyl­an­trä­ge neu zu bewer­ten sind. Der UNCHR hat in sei­nem Bericht auf­merk­sam gemacht, dass »die Bewer­tung des Schutz­be­darfs stets auf­grund aller zum Zeit­punkt der Ent­schei­dung ver­füg­ba­ren, neu­es­ten Erkennt­nis­se erfol­gen muss. Bei einem bereits län­ger zurück­lie­gen­den nega­ti­ven Abschluss eines Asyl­ver­fah­rens wird somit häu­fig Anlass bestehen, auf­grund der Ver­än­de­rung der Fak­ten­la­ge eine neue Ermitt­lung des Schutz­be­darfs vorzunehmen.«

Den voll­stän­di­gen UNHCR-Bericht fin­den Sie hier.

Hier die wich­tigs­ten Aussagen:

  • »Unter Bezug­nah­me auf die Aus­le­gung des Begriffs des inner­staat­li­chen bewaff­ne­ten Kon­flikts durch den Euro­päi­schen Gerichts­hof in der Ent­schei­dung Dia­ki­té ist UNHCR der Auf­fas­sung, dass das gesam­te Staats­ge­biet Afgha­ni­stans von einem inner­staat­li­chen bewaff­ne­ten Kon­flikt im Sin­ne des Art. 15 c der EU-Qua­li­fi­ka­ti­ons­richt­li­nie betrof­fen«.
  • »Ein pau­scha­lie­ren­der Ansatz, der bestimm­te Regio­nen hin­sicht­lich der Gefahr von Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen, wie sie für den Flücht­lings­schutz oder den sub­si­diä­ren Schutz rele­vant sind, als siche­re und zumut­ba­re inter­ne Schutz­al­ter­na­ti­ve ansieht, ist nach Auf­fas­sung von UNHCR vor dem Hin­ter­grund der aktu­el­len Situa­ti­on in Afgha­ni­stan nicht möglich«.

Zum o.g. Ter­min: PRO ASYL ist der exak­te Abflug­zeit­punkt bzw. ‑ort nicht bekannt. Mög­li­cher­wei­se star­tet der Flie­ger schon am 23.  Janu­ar und lan­det am 24. Janu­ar in Kabul.

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