15.08.2025

Die Orga­ni­sa­tio­nen und Anwält*innen ste­hen am heu­ti­gen Frei­tag, 15. August, ab 11.30 Uhr   für Inter­views und Video­auf­nah­men zur Ver­fü­gung: vor der Staats­an­walt­schaft Ber­lin (Turm­stra­ße 91, 10559 Ber­lin). Sie­he auch unten.

PRO ASYL und das Paten­schafts­netz­werk Orts­kräf­te haben am heu­ti­gen Frei­tag Straf­an­zei­ge gegen zwei deut­sche Bun­des­mi­nis­ter gestellt: Der Bun­des­mi­nis­ter des Aus­wär­ti­gen, Johann Wade­phul, und der Bun­des­mi­nis­ter des Innern, Alex­an­der Dob­rindt, haben sich nach Ansicht der Orga­ni­sa­tio­nen des Straf­tat­be­stands der Aus­set­zung und der unter­las­se­nen Hil­fe­leis­tung schul­dig gemacht, weil sie zuge­las­sen haben, dass Afghan*innen von Paki­stan nach Afgha­ni­stan abge­scho­ben wur­den, obwohl sie eine Auf­nah­me­zu­sa­ge für Deutsch­land haben. 

Paki­stan hat am 13. August 2025 34 Afghan*innen mit deut­scher Auf­nah­me­zu­sa­ge nach Afgha­ni­stan abge­scho­ben. In den Wochen zuvor sind mehr als 400 afgha­ni­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge mit Auf­nah­me­zu­sa­ge fest­ge­nom­men wor­den. Zudem wur­den in der Nacht zum 14. August 2025 laut Medi­en­be­rich­ten wei­te­re 20 Afghan*innen mit Auf­nah­me­zu­sa­ge in Abschie­be­zen­tren in Islam­abad inhaf­tiert, was auch der Bun­des­re­gie­rung bekannt ist. Aktu­ell sind noch um die 2.000 Afghan*innen mit deut­scher Auf­nah­me­zu­sa­ge in Pakistan.

Gro­ße Gefähr­dung der Abge­scho­be­nen in Afghanistan

“Seit genau vier Jah­ren herr­schen die Tali­ban mit bru­ta­ler Gewalt. Den von den paki­sta­ni­schen Behör­den abge­scho­be­nen Afgha­nen und Afgha­nin­nen dro­hen will­kür­li­che Inhaf­tie­rung, Miss­hand­lun­gen oder gar Hin­rich­tun­gen. Die­se Abschie­bun­gen und die Gefähr­dung der Men­schen sind Resul­tat deut­schen Regie­rungs­han­delns. Statt den Men­schen end­lich die durch die Auf­nah­me­zu­sa­gen ver­spro­che­nen Visa zu ertei­len, haben die deut­schen Ver­ant­wort­li­chen sie immer wei­ter hin­ge­hal­ten – obwohl das Risi­ko der Abschie­bun­gen bekannt war. Das muss Kon­se­quen­zen haben. Des­we­gen haben wir Anzei­ge gegen Bun­des­au­ßen­mi­nis­ter Wade­phul und Bun­des­in­nen­mi­nis­ter Dob­rindt gestellt”, erklärt Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL.

“Ehe­ma­li­ge afgha­ni­sche Orts­kräf­te deut­scher Regie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen sind durch die Tali­ban beson­ders gefähr­det. Die Tali­ban betrach­ten sie als Fein­de, an denen sie sich rächen wol­len. 300 Afgha­nin­nen und Afgha­nen mit Auf­nah­me­zu­sa­gen des Orts­kräf­te­ver­fah­rens der Bun­des­re­gie­rung befin­den sich aktu­ell in Paki­stan. Vie­le von ihnen bereits seit mehr als acht Mona­ten. Die Abschie­bung in die Hän­de der Tali­ban wäre für vie­le von ihnen der Tod”, sagt Alex­an­der Fröh­lich vom Paten­schafts­netz­werk Ortskräfte.

“Mei­ne Man­dan­ten und Man­dan­tin­nen haben eine Auf­nah­me­zu­sa­ge für Deutsch­land erhal­ten, weil sie wegen ihrer frü­he­ren Tätig­kei­ten  beson­ders gefähr­det sind. Sie soll­ten in Paki­stan auf ihre Aus­rei­se nach Deutsch­land war­ten. Es hieß, dort sei­en sie sicher. Doch dass dies nicht stimmt, ist spä­tes­tens jetzt klar, denn meh­re­re von mir Ver­tre­te­ne wur­den inhaf­tiert und abge­scho­ben. Dabei wur­den Fami­li­en getrennt und selbst eine Min­der­jäh­ri­ge ohne ihre Eltern nach Afgha­ni­stan gebracht. Dort hat sie als Mäd­chen kei­ner­lei Rech­te. In einem ande­ren Fall hat­te das Ver­wal­tungs­ge­richt Ber­lin im Eil­ver­fah­ren das Aus­wär­ti­ge Amt bereits ver­pflich­tet, Visa zu ertei­len. Trotz­dem ist nichts pas­siert. Mei­ne Man­dan­ten und Man­dan­tin­nen haben sehr gro­ße Angst”, sagt Rechts­an­wäl­tin Vic­to­ria Lies, die meh­re­re Afghan*innen mit Auf­nah­me­zu­sa­ge vertritt.

Bun­des­re­gie­rung macht sich strafbar

“Schon vor über einem Monat haben wir dar­auf auf­merk­sam gemacht, dass die Bun­des­re­gie­rung sich straf­bar macht, wenn Afgha­nen und Afgha­nin­nen mit deut­scher Auf­nah­me­zu­sa­ge von Paki­stan nach Afgha­ni­stan abge­scho­ben und der Gefahr von Miss­hand­lun­gen bis hin zu Tötun­gen durch die Tali­ban aus­ge­setzt wer­den. Dies ist nun pas­siert. Die Staats­an­walt­schaft Ber­lin ist jetzt ver­pflich­tet, ein Ermitt­lungs­ver­fah­ren ein­zu­lei­ten und den Sach­ver­halt wei­ter zu ermit­teln”, so Dr. Robert Brock­haus, Straf­ver­tei­di­ger in Ber­lin und Ver­fas­ser der Strafanzeige.

In einem Gut­ach­ten vom 8. Juli hat Dr. Robert Brock­haus die Straf­bar­keit die­ses Vor­ge­hens bereits dar­ge­legt. In die­sem von PRO ASYL und dem Paten­schafts­netz­werk Orts­kräf­te e.V. in Auf­trag gege­be­nen Rechts­gut­ach­ten heißt es: “Nach der­zei­ti­ger Sach­la­ge ist davon aus­zu­ge­hen, dass sich die Ver­ant­wort­li­chen in den Minis­te­ri­en und Behör­den wegen § 221 Straf­ge­setz­buch [Aus­set­zung von Per­so­nen in hilf­lo­sen Lagen] straf­bar machen, wenn es zu den von Paki­stan ange­kün­dig­ten Abschie­bun­gen von Men­schen mit Auf­nah­me­zu­sa­gen nach Afgha­ni­stan kommt. Vor­zu­wer­fen wäre ihnen ins­be­son­de­re, dass sie die Abschie­bun­gen, durch die die Men­schen vor­aus­sicht­lich in die Gefahr des Todes oder schwe­rer Gesund­heits­schä­di­gun­gen gera­ten, nicht ver­hin­dert haben, obwohl ihnen das mög­lich war.“ Die Beschul­dig­ten wür­den sich wegen wei­te­rer Delik­te straf­bar machen, wenn die Abge­scho­be­nen in Afgha­ni­stan miss­han­delt oder sogar getö­tet wür­den. Dass dies nach Abschie­bun­gen aus Paki­stan nach Afgha­ni­stan bereits pas­siert ist, bestä­tig­te kürz­lich ein UN-Bericht.

Ein­la­dung an die Medien:

Am Frei­tag, 15. August, ab 11.30 Uhr, ste­hen Wieb­ke Judith (PRO ASYL), Alex­an­der Fröh­lich (Paten­schafts­netz­werk Orts­kräf­te) und die Anwält*innen Vic­to­ria Lies und Dr. Robert Brock­haus bei der Staats­an­walt­schaft Ber­lin (Turm­str. 91, 10559 Ber­lin) etwa eine Stun­de lang für Inter­views und Auf­nah­men zur Verfügung. 

Die Straf­an­zei­ge wur­de am Frei­tag Mor­gen elek­tro­nisch bei der Staats­an­walt­schaft Ber­lin eingereicht. 

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