PRO ASYL sowie weitere Organisationen des Bündnisses „Pass(t) uns allen” fordern anlässlich der ersten Lesung des Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts am Donnerstag die Abgeordneten auf, die zahlreichen Einschränkungen in dem Entwurf zurückzunehmen. Das Recht auf Einbürgerung muss an die Realitäten einer vielfältigen und demokratischen Migrationsgesellschaft angepasst werden. Hierzu veranstaltet das Bündnis am 30. November eine Kundgebung vor dem Bundestag.
„Die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts ist ein lange überfälliger Schritt, den wir begrüßen. Jedoch geht der Gesetzentwurf an vielen Stellen an der Lebensrealität vieler Menschen und an der Behördenpraxis vorbei. Die Abgeordnete haben jetzt die Aufgabe, die unnötigen Hürden in dem Entwurf zu beseitigen, damit das Gesetz tatsächlich seinem selbst gesteckten Ziel einer echten Modernisierung gerecht wird“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.
„Das Bündnis ‚Pass(t) uns allen‘ fordert, die historische Gelegenheit zu nutzen, das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht umfassend zu modernisieren, das Gesetz im parlamentarischen Verfahren nachzubessern und an die Realitäten einer vielfältigen und demokratischen Migrationsgesellschaft anzupassen. Dazu gehört neben der Rücknahme der vorgesehenen Verschärfungen und der Möglichkeit, mehrfache Staatsangehörigkeiten zu besitzen, eine unbürokratische Einbürgerung für alle, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben sowie ein uneingeschränktes ius soli“, erklärt Olga Gerstenberger, Geschäftsführerin von With Wings and Roots e.V. und Koordinatorin des Bündnisses.
Einschränkungen – zu viele bleiben außen vor
Konkret kritisiert das Bündnis, dass mit dem neuen Gesetz nun auch Personen, die unverschuldet in die Lage geraten sind, ihren Lebensunterhalt nicht sichern zu können – wie zum Beispiel viele Alleinerziehende, Rentner*innen, Menschen mit Behinderungen und ihre pflegenden Angehörigen – das Recht auf Einbürgerung vorenthalten wird. Durch diese Änderung wird eine Anspruchsregelung durch eine Härtefallregelung ersetzt, die absehbar nur in wenigen Fällen greifen wird.
Von unnötiger Härte zeugt zudem, dass an der Passbeschaffungspflicht für die Einbürgerung festgehalten wird, ohne gesetzliche Alternativen zu ermöglichen. So werden Staatsbürger*innen aus autokratischen Staaten, wie zum Beispiel Syrien oder Iran, weiterhin dazu gezwungen, in die Botschaft ihres Verfolgerstaates zu gehen, um dort den Pass zu beantragen.
Das Bündnis ist zudem enttäuscht, dass der Gesetzentwurf Staatenlose und langjährig Geduldete nach wie vor nicht berücksichtigt. Ihr Status wird in den meisten Fällen an die Kinder vererbt. So bleiben Tausende Kinder, die hier geboren werden, weiterhin von der deutschen Staatsangehörigkeit ausgeschlossen.
Verbesserungen – richtige Richtung, aber unzureichend
Das Bündnis begrüßt die in dem Entwurf enthaltenen substantiellen Verbesserungen für zugewanderte Menschen. So sollen zukünftig alle Einbürgerungsbewerber*innen die Möglichkeit haben, ihre bisherige Staatsangehörigkeit neben der deutschen beizubehalten. Außerdem werden sinnvollerweise die für eine Einbürgerung notwendigen Voraufenthaltszeiten auf fünf bis drei Jahre verkürzt (bisher galt acht bis sechs Jahre).
Kundgebung
Vertreter*innen des Bündnisses „Pass(t) uns allen“ laden herzlich ein, an der Kundgebung teilzunehmen, bei der die oben angeführten Kritikpunkte detailliert erläutert werden.
Datum: 30.11.2023 10–11 Uhr
Ort: Platz der Republik / Wiese vor dem Bundestag
Anwesende:
- zahlreiche Nichtregierungsorganisationen wie PRO ASYL, Türkische Gemeinde in Deutschland e.V., RomaniPhen/Bundes Roma Verband e.V., Statefree e.V. Migrationsrat Berlin e.V., Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg e.V., Polnischer Sozialrat, With Wings and Roots e.V., MigLoom e.V.
- eingeladene Abgeordnete des deutschen Bundestags
- Zum Abschluss schildern Rezan Shekh Muslim, Mitglied der Selbstvertretungsgruppe NOW! Nicht ohne das Wir und Karsten Dietze, Handicap International e.V., die Auswirkungen des Gesetzentwurfs auf Menschen mit Behinderung und pflegende Angehörige.
Weitere Informationen
Eine umfangreichere Betrachtung der Reform zum Staatsangehörigkeitsrecht von PRO ASYL finden Sie hier, eine ausführliche Stellungnahme hier.
Eine Stellungnahme des Bündnisses “Pass(t) uns allen” sowie ein „Konzeptpapier für ein gerechtes Staatsangehörigkeits‑, Einbürgerungs‑, und Wahlrecht“ finden Sie hier.
Pressekontakte
Für das Bündnis: Olga Gerstenberger, olga@withwingsandroots.com, 0176/72775478
PRO ASYL: presse@proasyl.de, 069–24231430