22.04.2020

PRO ASYL/RSA erstrei­tet Erfolg vor Gericht 

Der Euro­päi­sche Gerichts­hof für Men­schen­rech­te (EGMR) ord­net die Über­stel­lung von vul­ner­ablen Schutz­su­chen­den aus Moria, ver­tre­ten durch PRO ASYL /Refugee Sup­port Aeg­an (RSA) in eine men­schen­wür­di­ge Unter­brin­gung an. Der Gerichts­hof gewährt vor­läu­fi­ge Maß­nah­men (Rule 39) im Fall E.I. u.a. gegen Grie­chen­land, um die sofor­ti­ge Über­stel­lung von ins­ge­samt acht Per­so­nen aus Moria in eine ange­mes­se­ne Unter­kunft sicher­zu­stel­len. Das Gericht for­dert, dass eine Unter­kunft im Ein­klang mit Arti­kel 3 der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on zur Ver­fü­gung gestellt und dass die medi­zi­ni­sche Behand­lung den phy­si­schen und medi­zi­ni­schen Bedürf­nis­sen der Antragsteller*innen ent­spre­chend sicher­ge­stellt wird.

Zu den Schutz­su­chen­den gehö­ren ein schwer­kran­ker Mann aus Afgha­ni­stan mit Fami­lie, ein Fol­ter­op­fer aus Syri­en, sowie ein Klein­kind und des­sen Eltern aus Afgha­ni­stan. Die­se wich­ti­gen recht­li­chen Erfol­ge haben einen hohen Preis. Um einen Men­schen aus dem Alb­traum Moria zu ret­ten, braucht es mitt­ler­wei­le einen mas­si­ven Per­so­nal- und Res­sour­cen­ein­satz. Bei allen erfolg­rei­chen Kla­gen müs­sen umfas­sen­de Schrift­sät­ze bezo­gen auf die Vul­nerabi­li­tät und die Erkran­kung der Schutz­su­chen­den ver­fasst wer­den und detail­lier­te medi­zi­ni­sche Befun­de vor­ge­legt wer­den. Ins­ge­samt acht Flücht­lin­ge aus Syri­en und Afgha­ni­stan dür­fen jetzt durch die ange­ord­ne­ten Maß­nah­men aus Straß­burg den »Hot­spot« Moria ver­las­sen und müs­sen men­schen­wür­dig unter­ge­bracht wer­den. Wei­te­re Ein­zel­fäl­le wer­den folgen.

Eine allein­ste­hen­de 65-jäh­ri­ge Frau aus Afgha­ni­stan mit Dia­be­tes darf vor­erst das Lager nicht ver­las­sen. Unser Team in Les­bos muss nun im Cha­os von Moria und in Zei­ten der Pan­de­mie wei­te­re medi­zi­ni­schen Gut­ach­ten beschaf­fen, um die Flücht­lings­frau aus der Schutz­lo­sig­keit zu befrei­en. Ange­sichts der kata­stro­pha­len Gesund­heits­ver­sor­gung, dem Man­gel an medi­zi­ni­schem Per­so­nal und der bestehen­den Coro­na- Bewe­gungs­re­strik­tio­nen ist dies nahe­zu unmöglich.

Karl Kopp, Lei­ter der Euro­pa-Abtei­lung von PRO ASYL: »Es ist Aus­druck einer nie­der­träch­ti­gen Asyl­po­li­tik, dass in Ungarn unse­re Partner*innen vom Hun­ga­ri­an Hel­sin­ki Komi­tee immer wie­der gezwun­gen sind, die Essens­ver­sor­gung von Schutz­su­chen­den in den soge­nann­ten Tran­sit­zo­nen vor dem Men­schen­rechts­ge­richts­hof in Straß­burg zu erstrei­ten. Ähn­lich nun in Grie­chen­land: Unse­ren Kol­le­gin­nen gelingt es aktu­ell, ledig­lich die umfas­send doku­men­tier­ten kran­ken Flücht­lin­ge aus den men­schen­un­wür­di­gen Ver­hält­nis­sen aus den Hot­spots oder unbe­glei­te­te Min­der­jäh­ri­ge aus der Haft zu kla­gen. Zynisch zusam­men­ge­fasst: So sehen heu­te Erfol­ge aus.«

Dies zeigt, wie dra­ma­tisch sich die flücht­lings- und men­schen­recht­li­che Situa­ti­on in der EU ver­schärft hat. Weil in den EU-Hot­spots auf den grie­chi­schen Inseln nur Elend, Cha­os und Will­kür vor­herr­schen, müs­sen Min­dest­stan­dards der Rechts­staat­lich­keit, des Gesund­heits­schut­zes und der Men­schen­wür­de vor inter­na­tio­na­len Gerich­ten erstrit­ten wer­den. Das ist die bit­te­re Sei­te die­ser sehr wich­ti­gen Einzelfallerfolge.

Weil aber nie­mand die­sen unmensch­li­chen Bedin­gun­gen auf Les­bos, Samos, Chi­os etc. aus­ge­setzt wer­den darf, sind die­se Kla­gen durch alle Instan­zen abso­lut notwendig.

Die Bedin­gun­gen in den EU-Hot­spots set­zen alle Schutz­su­chen­den wei­ter­hin einer enor­men Gefahr aus. Die Coro­na-Pan­de­mie macht die voll­stän­di­ge Räu­mung der Lager zum Gebot des Gesund­heits­schut­zes und der Mensch­lich­keit drin­gend not­wen­dig. Nur die kom­plet­te Eva­ku­ie­rung der Lager kann den Ver­lust von Men­schen­le­ben ver­hin­dern. Nie­mand darf im Elend zurück­ge­las­sen werden.

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