17.10.2013

Gene­rel­le Unter­brin­gung im Flücht­lings­la­ger, 7 m² indi­vi­du­el­le Wohn­flä­che in Mehr­bett­zim­mern bis zu 6 Per­so­nen, Gemein­schafts­kü­chen, ‑bäder und ‑toi­let­ten, Essens­pa­ke­te, Resi­denz­pflicht, Arbeits­ver­bo­te und regel­mä­ßi­ge Poli­zei­kon­trol­len – das ist die Lebens­rea­li­tät von Flücht­lin­gen in Bay­ern. Die Lebens­be­din­gun­gen, die in ande­ren Bun­des­län­dern schon schwer erträg­lich sind, sind in Bay­ern noch schlim­mer. Die CSU hat die bun­des­ge­setz­li­chen Vor­ga­ben bis an die Gren­zen des recht­lich zuläs­si­gen ver­schärft und hält wei­ter an ihrer rigi­den Asyl­po­li­tik fest, die auf die Aus­gren­zung und Iso­la­ti­on von Flücht­lin­gen zielt. Seit Febru­ar 2011 orga­ni­sie­ren Flücht­lin­ge selb­stän­dig Pro­test­ak­tio­nen, nach­dem sich ein ira­ni­scher Flücht­ling in einem Sam­mel­la­ger in Würz­burg das Leben nahm, weil er den Druck und die Ver­zweif­lung nicht mehr aus­hielt. Da die pro­tes­tie­ren­den Flücht­lin­ge in Bay­ern nichts errei­chen konn­ten, zogen sie nach Ber­lin, wo sie sich seit über einer Woche im Hun­ger­streik und seit vier Tagen auch im Durst­streik befinden.

Alle Ver­su­che, Ver­tre­te­rIn­nen der zustän­di­gen Bun­des­mi­nis­te­ri­en oder der Bun­des­po­li­tik zu einem Besuch der Flücht­lin­ge am Bran­den­bur­ger Tor zu bewe­gen, schei­ter­ten bis­her. CDU, CSU und SPD, die der­zeit die Mög­lich­keit einer gro­ßen Koali­ti­on son­die­ren, las­sen sich bei den Flücht­lin­gen nicht bli­cken, ledig­lich Ver­tre­te­rIn­nen der Oppo­si­ti­ons­par­tei­en die Lin­ke und der Grü­nen sind regel­mä­ßig vor Ort.

„Wie ver­zwei­felt muss man sein, dass man für den Pro­test gegen men­schen­un­wür­di­ge Lebens­be­din­gun­gen sein eige­nes Leben ris­kiert? Es ist beschä­mend, dass in einem der reichs­ten Län­der der Welt Flücht­lin­ge für Jah­re in Lagern unter­ge­bracht wer­den und mit schlech­ten Lebens­be­din­gun­gen zur Aus­rei­se genö­tigt wer­den sol­len. Wenn die­se Poli­tik nicht umge­hend geän­dert wird, wer­den die radi­ka­len selbst­or­ga­ni­sier­ten Pro­test­ak­tio­nen der Flücht­lin­ge nicht abrei­ßen“, erklärt Alex­an­der Thal, Spre­cher des Baye­ri­schen Flüchtlingsrats.

Mar­ti­na Mau­er vom Flücht­lings­rat Ber­lin kri­ti­siert, dass die zustän­di­gen Bun­des­mi­nis­te­ri­en und die Bun­des­po­li­tik die pro­tes­tie­ren­den Flücht­lin­ge kom­plett igno­rie­ren. „Wir sind in gro­ßer Sor­ge um die Hun­ger­strei­ken­den, weil sich ihre gesund­heit­li­che Ver­fas­sung von Stun­de zu Stun­de ver­schlech­tert. Drin­gend not­wen­dig ist ein Signal der Ver­ant­wort­li­chen in Behör­den und Par­tei­en, dass die Ver­zweif­lung der Flücht­lin­ge wahr­ge­nom­men wird. Statt­des­sen wird die Ver­ant­wor­tung von einem zum ande­ren gescho­ben, aber kei­ner will sie übernehmen“.

„Die Kern­for­de­run­gen nach Abschaf­fung von Lager­un­ter­brin­gung, Essens­pa­ke­ten, Resi­denz­pflicht und Arbeits­ver­bo­ten sowie nach einem fai­ren Asyl­ver­fah­ren müs­sen auf die Tages­ord­nung begin­nen­der Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen“, sag­te Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL. „Die Aus­gren­zung von Flücht­lin­gen muss been­det werden.“

Alle Presse­mitteilungen