16.04.2014

Das Land­ge­richt Kas­sel hat am letz­ten Mon­tag den Voll­zug von Abschie­bungs­haft in Frank­fur­ter Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt (JVA) im Eil­be­schluss aus­ge­setzt, da Zwei­fel an der Rechts­mä­ßig­keit bestün­den. Das Gericht ord­ne­te an, den Betrof­fe­nen unver­züg­lich aus der Haft zu ent­las­sen. Hin­ter­grund ist, dass der­zeit ein Ver­fah­ren vor dem EuGH anhän­gig ist bei dem geklärt wer­den soll, ob der Voll­zug von Abschie­bungs­haft in Deutsch­land mit EU-Recht ver­ein­bar ist.

PRO ASYL sieht sich in der Auf­fas­sung bestä­tigt, dass der Voll­zug von Abschie­bungs­haft in Gefäng­nis­sen, die dem Straf­voll­zug die­nen, bis zur EuGH-Ent­schei­dung unzu­läs­sig ist. „Wir for­dern das Land Hes­sen auf, umge­hend alle Abschie­bungs­häft­lin­ge aus der JVA Pre­un­ges­heim zu ent­las­sen. Alles ande­re grenzt an Frei­heits­be­rau­bung“, sag­te Marei Pel­zer, rechts­po­li­ti­sche Refe­ren­tin von PRO ASYL.

Für die Betrof­fe­nen wirkt sich der Voll­zug in einer JVA so aus, dass sie die dort herr­schen­den Restrik­tio­nen wie extre­me Sicher­heits­maß­nah­men, Han­dy­ver­bo­te oder ein­ge­schränk­te Besuchs­zei­ten zu erdul­den haben.

In der JVA Pre­un­ges­heim wer­den männ­li­che Abschie­bungs­häft­lin­ge in einem geson­der­ten Trakt der JVA inhaf­tiert. Aller­dings ist damit dem euro­päi­schen Tren­nungs­ge­bot nicht genü­ge getan, das bei Vor­lie­gen spe­zi­el­ler Abschie­bungs­haft­ein­rich­tun­gen einen Voll­zug in der Straf­haft nicht erlaubt. Noch pro­ble­ma­ti­scher ver­hält es sich für weib­li­che Abschie­bungs­häft­lin­ge in Frank­furt. Sie wer­den gar nicht von Unter­su­chungs­häft­lin­gen getrennt. Dies ist nach Auf­fas­sung von PRO ASYL mit der EU-Rück­füh­rungs­richt­li­nie nicht vereinbar.

Art. 16 der Richt­li­nie lau­tet: „Die Inhaf­tie­rung erfolgt grund­sätz­lich in spe­zi­el­len Haft­ein­rich­tun­gen. Sind in einem Mit­glied­staat sol­che spe­zi­el­len Haft­ein­rich­tun­gen nicht vor­han­den und muss die Unter­brin­gung in gewöhn­li­chen Haft­an­stal­ten erfol­gen, so wer­den in Haft ge­nommene Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge geson­dert von den gewöhnli­chen Straf­ge­fan­ge­nen untergebracht.“

Dem­nach ist der Umgang mit weib­li­chen Inhaf­tier­ten in Hes­sen ganz offen­sicht­lich rechts­wid­rig. In der JVA Pre­un­ges­heim wer­den immer wie­der weib­li­che Abschie­bungs­häft­lin­ge mit Unter­su­chungs­häft­lin­gen inhaf­tiert. Dies ver­letzt das Tren­nungs­ge­bot der Richtlinie.

Wie das Land­ge­richt Kas­sel jetzt fest­ge­stellt hat, ist aber auch die Haft­pra­xis gegen­über Män­nern nicht zuläs­sig, solan­ge der EuGH nicht ent­schie­den hat. Sehr vie­les spricht dafür, dass der EuGH gene­rell den Voll­zug von Abschie­bungs­haft in gewöhn­li­chen Straf­haft­an­stal­ten in Deutsch­land für unzu­läs­sig erklä­ren wird. Denn nach der Richt­li­nie darf nur in gewöhn­li­chen Haft­an­stal­ten inhaf­tiert wer­den, wenn es kei­ne spe­zi­el­len Abschie­bungs­haft­ein­rich­tun­gen gibt. Die sind in Deutsch­land jedoch, z.B. in Ingel­heim, vorhanden.

Mit einem Urteil des EuGH wird in den kom­men­den Mona­ten gerech­net. Am 8. April 2014 fand die münd­li­che Ver­hand­lung in Luxem­burg statt. Am 30. April wird der Gene­ral­an­walt plä­die­ren. Bei der Vor­la­ge an den EuGH ging es unter ande­rem auch um einen Fall aus Frank­furt. Betrof­fen war eine Syre­rin, die Anfang 2011 in der Frank­fur­ter Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt in Abschie­bungs­haft genom­men wur­de. Sie wird vom Rechts­an­walt, Peter Fahl­busch aus Han­no­ver vertreten.

Beschluss des LG Kassel

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