Die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL warnt vor einer neuen Mauer gegen Flüchtlinge in Griechenland. EU-Kommissarin Malmström kündigte vorgestern den Einsatz von „Rapid Border Intervention Teams“ der EU-Agentur FRONTEX an. Die Mehrheit der rund 32.000 in den ersten vier Monaten dieses Jahres über die griechisch-türkische Nordgrenze angekommenen Menschen sind Schutzbedürftige. Einer der letzten offenen Fluchtwege für Flüchtlinge aus dem Iran, Irak, Afghanistan, Somalia, Eritrea nach Europa soll nun geschlossen werden. 30.000–40.000 Flüchtlinge sind für ein kleines Land wie Griechenland, das über kein funktionierendes Asylsystem verfügt, eine Herkulesaufgabe – nicht jedoch für die gesamte Europäische Union mit Staaten wie Deutschland, die noch vor einigen Jahren die Asylanträge von jährlich 100.000 Schutzsuchenden bearbeiten konnten. PRO ASYL erwartet von den Staaten der Europäischen Union ein Zeichen der Solidarität mit Flüchtlingen. Dazu gehört auch die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland in anderen EU-Staaten und eine grundlegende Reform der europäischen Zuständigkeitsverordnung Dublin II.
Die deutsche Bundesregierung geht jedoch den entgegengesetzten Weg. Ihr Ziel: Flüchtlinge sollen in den EU-Staat zurück, über den sie nach Europa eingereist sind. Selbst Gerichte sollen Zurückweisungen nach Griechenland nicht effektiv stoppen dürfen. Deshalb wird sich das Bundesverfassungsgericht in einer mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 2010 damit befassen.
PRO ASYL fordert angesichts der sich zuspitzenden Verhältnisse in Griechenland die Bundesregierung auf, einen sofortigen Abschiebestopp zu erlassen. In Griechenland drohen Flüchtlingen Obdachlosigkeit und Rechtlosigkeit. „Griechenland ist eine asylrechtliche Wüste. Die Chance auf Asyl ist dort gleich null, den Menschen droht die Obdachlosigkeit“, sagte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL. Europaweit werden Abschiebungen nach Griechenland gestoppt – in Deutschland werden aufgrund eines Erlasses des Innenministeriums nur Minderjährige und besonders Schutzbedürftige von einer Zurückschiebung ausgenommen. Der UN-Sonderberichterstatter gegen Folter hat am 20. Oktober 2010 ebenfalls die Situation in Griechenland kritisiert. Dies sei ein europäisches Problem, das eine europäische Lösung erfordere und nicht eine Verstärkung der Grenzen durch FRONTEX. Die Europäische Union müsse die Dublin II-Verordnung durch ein faireres System ersetzen.
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