03.05.2023

Zum Inter­na­tio­na­len Tag der Pres­se­frei­heit appel­liert PRO ASYL an die Bun­des­re­gie­rung, bedroh­ten afgha­ni­schen Journalist*innen, die sich in Afgha­ni­stan ver­ste­cken oder in Nach­bar­län­der flie­hen muss­ten, huma­ni­tä­re Visa zu erteilen.

Seit Mona­ten erhält PRO ASYL von bedroh­ten Afghan*innen aus Iran und Paki­stan Hil­fe­ru­fe, dar­un­ter sind auch zahl­rei­che Journalist*innen, die vor der Ver­fol­gung durch die Tali­ban flie­hen muss­ten. Frau Dr. Ale­ma, Afgha­ni­stan-Refe­ren­tin von PRO ASYL, beklagt: „Es ist unver­ant­wort­lich, die Ver­ga­be von huma­ni­tä­ren Visa für beson­ders gefähr­de­te afgha­ni­sche Per­so­nen, die sich für Men­schen­rech­te und Demo­kra­tie in Afgha­ni­stan ein­ge­setzt haben, ein­zu­stel­len. Trotz der Ver­spre­chen der vor­he­ri­gen und der aktu­el­len Bun­des­re­gie­rung gibt es bis heu­te für Medi­en­schaf­fen­de, die in das Visier der Tali­ban gera­ten sind, kei­ne Wege der Zuflucht nach Deutschland.“

Im Koali­ti­ons­ver­trag von Novem­ber 2021 hieß es noch: „Wir wer­den huma­ni­tä­re Visa für gefähr­de­te Per­so­nen ermög­li­chen und dazu digi­ta­le Ver­ga­be­ver­fah­ren ein­füh­ren.“ (Koali­ti­ons­ver­trag, S.113) Im Moment beab­sich­tigt die Bun­des­re­gie­rung aber die Ertei­lung von huma­ni­tä­ren Visa nach §22 Satz 2 Auf­ent­halts­ge­setz, für die das Aus­wär­ti­ge Amt zustän­dig ist, aus­lau­fen zu las­sen. Statt­des­sen will sie nur über das Bun­des­auf­nah­me­pro­gramm für beson­ders gefähr­de­te Men­schen aus Afgha­ni­stan unter der Feder­füh­rung des Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­ums afgha­ni­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge auf­neh­men, die sich unter ande­rem im Bereich „Medi­en […] beson­ders expo­niert haben und des­halb indi­vi­du­ell gefähr­det sind“. Jedoch konn­te auf­grund zahl­rei­cher Schwie­rig­kei­ten seit dem offi­zi­el­len Start im Okto­ber 2022 bis jetzt noch kei­ne ein­zi­ge Per­son über die­ses Pro­gramm nach Deutsch­land ein­rei­sen. Und es sieht nur die Auf­nah­me direkt aus Afgha­ni­stan vor – Men­schen aber, die auf­grund der gro­ßen Gefähr­dung durch die Tali­ban bereits in Nach­bar­län­der wie Paki­stan und Iran flie­hen muss­ten, blei­ben außen vor.

Dabei sind sie eben­so bedroht. Im Febru­ar 2023 wand­te sich eine Grup­pe von  Menschenrechtsaktivist*innen, Journalist*innen, Frau­en und ehe­ma­li­gen afgha­ni­schen Sicher­heits­kräf­ten, die vor den Tali­ban nach Paki­stan flie­hen muss­ten, mit einem fle­hent­li­chen Appell über PRO ASYL an die deut­sche Bun­des­re­gie­rung: „Die Mehr­heit von uns, die sich in Paki­stan auf­hal­ten, hat Angst um ihr Leben, weil die Tali­ban in Paki­stan freie Hand haben und sie mit der Umge­bung die­ses Lan­des ver­traut sind.“

Hin­ter­grund­in­for­ma­ti­on

Bis zum Som­mer 2021 konn­te sich dank des Rechts auf Pres­se- und Mei­nungs­frei­heit in Afgha­ni­stan unter der dama­li­gen Regie­rung eine viel­fäl­ti­ge Medi­en­land­schaft mit 547 Medi­en und über 11.000 Journalist*innen eta­blie­ren. Doch seit  der Macht­über­nah­me der Tali­ban ist die Medi­en­land­schaft um mehr als ein Drit­tel geschrumpft. Laut Repor­ter ohne Gren­zen wur­den inner­halb eines Jah­res fast 40 Pro­zent aller Medi­en ein­ge­stellt, und über 76 Pro­zent der Journalist*innen haben ihren Job ver­lo­ren oder gaben ihn aus Angst vor den Tali­ban auf. In vie­len Pro­vin­zen arbei­ten gar kei­ne  Jour­na­lis­tin­nen mehr. Auf der Rang­lis­te der Pres­se­frei­heit für das Jahr 2022 ist Afgha­ni­stan auf den Platz 156 von ins­ge­samt 180 Plät­zen zurück­ge­fal­len (im Jahr 2021 war Afgha­ni­stan noch auf Platz 122).

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