Angesichts der 180 Kilometer langen Stahlmauer, deren Fertigstellung der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki heute feiert, kritisiert PRO ASYL die weitere systematische Abschottung an Europas Außengrenzen.
Es ist noch keine Woche her, dass Schutzsuchende an den Grenzmauern von Melilla grausam zu Tode kamen. Dennoch intensivieren die EU-Mitgliedsstaaten den Kampf gegen Schutzsuchende an den Grenzen immer weiter. Heute feiern der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki und der polnische Grenzschutz die Hochsicherheitsanlage entlang der polnischen EU-Außengrenze zu Belarus. „Die EU-Grenzen werden durch Mauern, Zäune und Hightech-Überwachung immer gefährlicher und damit tödlicher. Auch hier werden weiterhin Menschen sterben“, kritisiert Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von PRO ASYL. Laut Medienberichten kamen seit September 2021 allein an der Grenze zwischen Polen und Belarus mindestens 21 Menschen auf der Flucht ums Leben.
180 Kilometer lang, 5,5 Meter hoch – nur ein Baustein der Abschottung
Schon Ende August 2021 hatte Polen mit dem Bau eines 2,5 Meter hohen Stacheldrahtzauns entlang der 400 Kilometer langen Grenze zu Belarus begonnen. Im Herbst 2021 beschloss das polnische Parlament die Aufrüstung der Grenzanlage: 180 Kilometer lang, 5,5 Meter hoch aus Stahl, Bewegungsmelder und Wärmebildkameras. Bereits im Januar 2022 wurde mit dem Bau des 353-Millionen-Euro Projekts begonnen, das nun in Rekordzeit fertiggestellt wurde.
Die Grenzanlage ist dabei nur ein Baustein der Abschottung. Zusätzlich sorgte Polen zwischenzeitlich mit Pushbacks (völkerrechtswidrige Zurückweisungen), mehreren Tausend Soldat*innen sowie weitreichenden Gesetzesänderungen, mit denen das Land internationales Recht bricht, dafür, dass der Zugang zu Schutz in Polen unmöglich geworden ist. Leidtragende sind Schutzsuchende unter anderem aus dem Irak, aus Syrien, Afghanistan und Jemen, die versuchen, über die östliche Route in die EU einzureisen.
Von der EU zurückgewiesen – Lukaschenko ausgeliefert
Weil Polen mit Pushbacks, der Mauer und Gesetzesänderungen die Flucht in die EU verhindert, sind Schutzsuchende dem Unrechtsregime des belarussischen Machthabers Lukaschenko ausgeliefert. Gut dokumentiert ist die willkürliche und rigorose Anwendung von Gewalt durch belarussische Einheiten in Folge von Pushbacks und verweigerten Grenzübertritten an der EU-Außengrenze.
Wer es doch über die Grenze nach Polen schafft, kommt automatisch in Haft. Um die Kapazitäten zu erweitern, wurde die Mindestanforderung an Quadratmetern pro Person von vier auf zwei reduziert. Zusätzlich richtete Polen weitere geschlossene Lager ein. Alarmiert über diese Zustände zeigte sich Mitte Juni 2022 der polnische Kommissar für Menschenrechte, der in einem Bericht auf die Situation in Haft eingeht.