28.04.2022

Die Ver­län­ge­rung der Grenz­kon­trol­len durch das Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um ist ein Affront gegen­über dem Euro­päi­schen Gerichts­hof und ein beun­ru­hi­gen­des Signal für die Rechts­staat­lich­keit in Euro­pa. Von der Ent­schei­dung dürf­ten vor allem geflüch­te­te Men­schen betrof­fen sein.

Am Mitt­woch wur­de bekannt, dass die Bun­des­in­nen­mi­nis­te­rin die Kon­trol­len an der Gren­ze zu Öster­reich um wei­te­re sechs Mona­te ver­län­gert hat. Laut einem Spre­cher des BMI sei dies der EU-Kom­mis­si­on in einem Schrei­ben vom 14. April mit­ge­teilt wor­den. „Dass dies einen Tag nach einem Urteil des EuGH zum sel­ben The­ma ver­kün­det wird, in dem die Rich­ter eine anlass­lo­se Ver­län­ge­rung als euro­pa­rechts­wid­rig ein­stu­fen, offen­bart eine erschre­cken­de Igno­ranz gegen­über dem gel­ten­den Recht sei­tens des Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­ums“, empört sich Peter von Auer, rechts­po­li­ti­scher Refe­rent von PRO ASYL. „Spä­tes­tens jetzt nach dem Urteil muss Bun­des­in­nen­mi­nis­te­rin Fae­ser umsteu­ern und die Ver­län­ge­rung der Grenz­kon­trol­len zurücknehmen.“

Der Euro­päi­sche Gerichts­hof hat­te in einem Urteil vom Diens­tag dar­auf hin­ge­wie­sen, dass Staa­ten sol­che Kon­trol­len nur im Fall „einer neu­en ernst­haf­ten Bedro­hung sei­ner öffent­li­chen Ord­nung oder sei­ner inne­ren Sicher­heit“ ver­län­gern dür­fen. Eine sol­che ernst­haf­te Bedro­hung ist aus Sicht von PRO ASYL nicht gege­ben und sie wird von der Bun­des­re­gie­rung auch nicht aus­ge­führt. Begrün­det wird die Ver­län­ge­rung bis Novem­ber pau­schal mit dem Migra­ti­ons­ge­sche­hen, doch selbst die Gewerk­schaft der Poli­zei hält jah­re­lan­ge EU-Bin­nen­grenz­kon­trol­len zur Bekämp­fung von irre­gu­lä­rer Migra­ti­on an der baye­risch-öster­rei­chi­schen Gren­ze nicht für sinn­voll. Nichts­des­to­trotz setzt das BMI den restrik­ti­ven Kurs von Horst See­ho­fer (CSU) fort. „Der ein­zi­ge Grund für die Wei­ter­füh­rung der Grenz­kon­trol­len kann nur der sein, Geflüch­te­te an der deutsch-öster­rei­chi­schen Gren­ze zurück­zu­wei­sen und somit eine von der Gro­Ko begon­ne­ne Abschot­tungs­po­li­tik wei­ter­zu­füh­ren “, sagt Peter von Auer.

Geflüch­te­te wer­den immer wie­der von Grenz­be­am­ten direkt an der Gren­ze zurück­ge­wie­sen mit dem Ver­weis, für ihren Asyl­an­trag sei das Land zustän­dig, das sie zuerst betre­ten haben. Das ent­spricht zwar grund­sätz­lich gel­ten­der Rechts­la­ge, jedoch ist in Deutsch­land das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge dafür zustän­dig, den Asyl­an­trag zu über­prü­fen. Wird dies von Grenz­be­am­ten ver­hin­dert, haben die schutz­su­chen­den Men­schen kei­ne Chan­ce, ihren Antrag in Deutsch­land gege­be­nen­falls auch gericht­lich über­prü­fen zu las­sen. Das ist pro­ble­ma­tisch ins­be­son­de­re mit Blick auf diver­se Urtei­le deut­scher (Ober-) Ver­wal­tungs­ge­rich­te: Die besa­gen, dass Geflüch­te­te, die zuerst in Grie­chen­land waren und dann auf­grund der kata­stro­pha­len Lage dort nach Deutsch­land wei­ter­rei­sen, nicht nach Grie­chen­land abge­scho­ben wer­den dür­fen. Mit einer Ver­län­ge­rung der Grenz­kon­trol­len wer­den schutz­su­chen­de Men­schen also wei­ter­hin ihrer Rech­te beraubt.

PRO ASYL erwar­tet von den Koali­ti­ons­part­nern, dass sie sich für eine unbe­ding­te Aner­ken­nung des EuGH-Urteils und eine sofor­ti­ge Been­di­gung der Kon­trol­len an den euro­päi­schen Bin­nen­gren­zen einsetzen. 

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