30.09.2009

PRO ASYL und AMNESTY INTERNATIONAL for­dern eine neue Blei­be­rechts­re­ge­lung und das Ende der men­schen­rechts­wid­ri­gen Rück­schie­bun­gen an den Gren­zen Europas 

BERLIN, 30.09.2009 – Die schwarz-gel­be Koali­ti­on muss den Flücht­lings­schutz im Koali­ti­ons­ver­trag ver­an­kern. Das betref­fe sowohl Flücht­lin­ge, die in Deutsch­land leben, als auch die, die ver­zwei­felt ver­such­ten, auf euro­päi­schem Boden einen Asyl­an­trag zu stel­len, sag­ten Ver­tre­ter von Amnes­ty Inter­na­tio­nal und Pro Asyl heu­te in Berlin.

Die Orga­ni­sa­tio­nen for­der­ten, die zum 31. Dezem­ber aus­lau­fen­de Blei­be­rechts­re­ge­lung neu zu fas­sen und dabei deut­lich zu ver­bes­sern. „Die unmensch­li­che Pra­xis der Ket­ten­dul­dun­gen ist immer noch nicht abge­schafft. Wer lan­ge hier lebt, muss blei­ben dür­fen“, sag­te Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von Pro Asyl. Die eng gefass­ten Aus­schluss­grün­de hät­ten von vorn­her­ein vie­le Flücht­lin­ge von der Blei­be­rechts­re­ge­lung aus­ge­schlos­sen. Die ein­ma­li­gen Stich­ta­ge für die Ein­rei­se führ­ten dazu, dass immer wie­der neue Fäl­le von lang­jäh­rig Gedul­de­ten ent­ste­hen. “Abschie­bun­gen nach jah­re­lan­gem Auf­ent­halt sind unmensch­lich. Die Stich­tags­re­ge­lung muss auf­ge­ho­ben, das Blei­be­recht von der Lebens­un­ter­halts­si­che­rung ent­kop­pelt wer­den“, for­der­te Burk­hardt. Die Iso­lie­rung in Lagern und die ent­mün­di­gen­de Zwangs­ver­sor­gung mit Essens­pa­ke­ten müs­se been­det werden.

Mit Blick auf die Flücht­lings­po­li­tik der EU for­dern Pro Asyl und Amnes­ty die neue Bun­des­re­gie­rung, auf, Deutsch­lands gan­zes poli­ti­sches Gewicht dafür ein­zu­set­zen, damit Flücht­lin­ge nicht län­ger auf Hoher See im Mit­tel­meer abge­fan­gen und ohne rechts­staat­li­che Über­prü­fung ihrer Flucht­grün­de in Tran­sit­staa­ten zurück­ge­schickt wer­den. „Das ist völ­ker­rechts­wid­rig“, erklär­te Wolf­gang Grenz, Lei­ter der Abtei­lung Län­der und Asyl von Amnes­ty Inter­na­tio­nal. „Es gibt kei­nen men­schen­rechts­frei­en Raum im Mit­tel­meer. Auch Men­schen, die auf Hoher See auf­ge­grif­fen wer­den, haben Anspruch auf ein fai­res Asyl­ver­fah­ren.“ Liby­en und ande­re nord­afri­ka­ni­sche Staa­ten erfüll­ten die­se Vor­aus­set­zun­gen nicht. Die Agen­tur Fron­tex braucht nach Auf­fas­sung der Orga­ni­sa­tio­nen drin­gend men­schen­rechts­kon­for­me Leitlinien.

Wei­ter for­der­ten Amnes­ty und Pro Asyl, Deutsch­land dür­fe sich nicht län­ger dage­gen sper­ren, die Ver­ant­wor­tung für die Flücht­lin­ge soli­da­ri­scher inner­halb Euro­pas zu ver­tei­len. „Deutsch­land muss mehr Flücht­lin­ge auf­neh­men als bis­her, statt die Ver­ant­wor­tung auf die Rand­staa­ten abzu­wäl­zen“, sag­te Burk­hardt. „Grie­chen­land, Mal­ta und Zypern sind in der Tat mit der Flücht­lings­auf­nah­me über­las­tet. In Grie­chen­land gebe es kein men­schen­recht­li­chen Stan­dards genü­gen­des Asyl­ver­fah­ren, was auch die Eil­ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 8.09.2009 nahe lege. „Abschie­bun­gen nach Grie­chen­land müs­sen daher sofort aus­ge­setzt wer­den“, for­der­te Burkhardt.

Zur soli­da­ri­sche­ren Ver­tei­lung der Auf­ga­ben im Flücht­lings­schutz gehört nach Ansicht von Pro Asyl und Amnes­ty Inter­na­tio­nal auch, einem Pro­gramm für die regel­mä­ßi­ge Neu­an­sied­lung (Resett­le­ment) von Flücht­lin­gen zuzu­stim­men, die in ande­ren Län­dern bereits als Flücht­lin­ge aner­kannt sind, dort aber auf Dau­er nicht blei­ben könn­ten. Die EU-Kom­mis­si­on hat hier ent­spre­chen­de Vor­schlä­ge gemacht. „Die Auf­nah­me ira­ki­scher Flücht­lin­ge aus Jor­da­ni­en und Syri­en zeigt, dass ein sol­ches Pro­gramm umsetz­bar ist“, sag­te Grenz. „Die 2.500 Ira­ker kön­nen nur ein Anfang sein. Wir müs­sen jähr­lich Flücht­lin­ge bei uns neu ansie­deln. Und damit kein Miss­ver­ständ­nis ent­steht: Es soll die indi­vi­du­el­le Auf­nah­me von Flücht­lin­gen ergän­zen, nicht erset­zen“, sag­te Grenz. 

Staa­ten wie Aus­tra­li­en, Däne­mark, Finn­land, Kana­da, Neu­see­land, die Nie­der­lan­de, Nor­we­gen, Schwe­den und die USA sie­deln schon seit lan­gem regel­mä­ßig Flücht­lin­ge bei sich neu an. Schwe­den, ein Land von neun Mil­lio­nen Ein­woh­nern, nimmt jähr­lich bis zu 1.800 Flücht­lin­ge dau­er­haft auf.

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