Morgen stimmt das Kabinett über den von Innenminister Alexander Dobrindt vorgelegten Gesetzentwurf ab, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte für „zunächst zwei Jahre“ komplett auszusetzen. Dieses Familienzerstörungsgesetz ist eine Katastrophe für die Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind. Mütter, Väter und Kinder müssen weiterhin in Gefahr und Angst leben, ihre Familien bleiben zerrissen.
„Mit der Aussetzung des Familiennachzugs schließen CDU und SPD legale und sichere Fluchtwege. Es ist eine Katastrophe für die betroffenen Familien“ , sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL. „Die faktische Trennung ist länger als zwei Jahre, vor allem für Familien, die bereits seit Jahren auf die Bearbeitung ihrer Anträge warten. PRO ASYL lehnt die Aussetzung des Familiennachzugs entschieden ab“, so Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.
Schon jetzt dauert der Familiennachzug unverhältnismäßig lang. Bei den meisten Auslandsvertretungen betragen schon die Wartezeiten zur Visumantragstellung ein bis zwei Jahre, weitere Wartezeiten folgen. Wird der Familiennachzug nun komplett ausgesetzt, werden Familien völlig zerstört, denn nach der Aussetzung wird sich ein großer Antragsstau aufgebaut haben.
Schon jetzt zu lange Wartezeiten
Was die langen Wartezeiten schon jetzt bedeuten können, weiß Samira Al-Hassan*. Vor einigen Monaten sagte sie: „Seit eineinhalb Jahren warte ich darauf, dass meine Kinder und mein Ehemann zu mir nach Deutschland kommen können, insbesondere mein zwölfjähriger kranker Sohn. Mein Leben dreht sich um eine Wartenummer bei der Botschaft.“ Zu Beginn dieses Jahres geschah das Unfassbare: Samira Al-Hassans* Sohn starb, weil er in Syrien keine passende medizinische Versorgung bekam.
Auf die unmenschlichen Wartezeiten soll nun die komplette Aussetzung folgen. Die Folgen: Isolation, psychische Belastung, erschwerte Integration sowie Lebensgefahr für die zurückgebliebenen Familienmitglieder
Einzige Ausnahmen sollen Härtefälle bleiben. Diese sind jedoch den Behörden gegenüber extrem schwer zu begründen und durchzusetzen. Das zeigte sich zwischen 2016 und 2018, als schon einmal der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten ausgesetzt wurde.
PRO ASYL steht an der Seite der Betroffenen
Aus dem Entwurf geht hervor, dass es keine Stichtagsregelung geben soll. Das würde bedeuten, dass die Bearbeitung laufender Anträge für zwei Jahre ausgesetzt wird, womit aus Sicht von PRO ASYL das Rückwirkungsverbot verletzt würde. Sollte das tatsächlich passieren, steht PRO ASYL an der Seite der Betroffenen und würde eventuelle Klagen dagegen unterstützen.
Nach dem Kabinettsbeschluss am Mittwoch wird das Gesetz in den Bundestag gehen. PRO ASYL fordert alle Abgeordneten auf, das Gesetz abzulehnen. Familie ist kein Gnadenrecht – sondern ein Grundrecht, das für alle Familien gilt.
Hintergrund:
Eine Person erhält subsidiären Schutz (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 Aufenthaltsgesetz), wenn zwar keine Flüchtlingseigenschaft vorliegt, aber ernsthafter Schaden im Herkunftsland droht, zum Beispiel: Todesstrafe oder Hinrichtung, Folter oder unmenschliche beziehungsweise erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson aufgrund willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
*Name geändert