01.03.2016

PRO ASYL for­dert nach dem heu­ti­gen EuGH- Urteil die Gro­ße Koali­ti­on auf, die Wohn­sitz­auf­la­ge für sub­si­di­är Geschütz­te abzu­schaf­fen und die Plä­ne zur Ein­füh­rung einer sol­chen Auf­la­ge für aner­kann­te Flücht­lin­ge fal­len zu las­sen. „Die genaue Lek­tü­re des Urteils ver­deut­licht: Wohn­sitz­auf­la­gen für sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­te und Flücht­lin­ge sind euro­pa­recht­lich nicht mach­bar“, sagt Marei Pel­zer, rechts­po­li­ti­sche Refe­ren­tin von PRO ASYL.

Auf Vor­la­ge des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts hat der EuGH heu­te über die Recht­mä­ßig­keit von Wohn­sitz­auf­la­gen für sub­si­di­är Geschütz­te ein Urteil gefällt. Der Gerichts­hof hat dabei hohe Vor­aus­set­zun­gen für die Zuläs­sig­keit von der­ar­ti­gen Wohn­sitz­auf­la­gen auf­ge­stellt, die nach deut­schem Recht nicht vor­lie­gen. Zum Maß­stab sei­ner Ent­schei­dung hat er dabei die Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on und die EU-Qua­li­fi­ka­ti­ons­richt­li­nie, die die Vor­aus­set­zun­gen für den inter­na­tio­na­len Schutz sowie die Rech­te von Aner­kann­ten regelt, zugrun­de gelegt.

Ergeb­nis des heu­ti­gen Urteils ist, dass eine Wohn­sitz­auf­la­ge zur gleich­mä­ßi­gen Ver­tei­lung der Kos­ten für Sozi­al­leis­tun­gen nur dann zuläs­sig ist, wenn man auch eige­nen Staats­an­ge­hö­ri­gen und ande­ren Dritt­staats­an­ge­hö­ri­gen eine sol­che Auf­la­ge auf­er­legt. Dies ist in Deutsch­land aktu­ell nicht der Fall. Das Recht, inner­halb von Deutsch­land den Wohn­sitz frei zu wäh­len, haben auch deut­sche Sozialhilfeempfänger.

Des­we­gen ist eine Beschrän­kung der frei­en Wohn­sitz­wahl – aus Gleich­be­hand­lungs­grün­den – nicht zuläs­sig, wenn der Zweck die gleich­mä­ßi­ge Ver­tei­lung der Kos­ten für Sozi­al­leis­tun­gen ist. Dabei ver­weist der EuGH sowohl auf Art. 33 der Richt­li­nie, der die Bewe­gungs­frei­heit gewähr­leis­tet, als auch auf Art. 29 der Richt­li­nie, der den gleich­be­rech­tig­ten Zugang zu den Sozi­al­leis­tun­gen garantiert.

Wei­ter­hin geht der EuGH auch auf die Fra­ge ein, ob aus inte­gra­ti­ons­po­li­ti­schen Grün­den eine Wohn­sitz­auf­la­ge für sub­si­di­är Geschütz­te recht­lich zuläs­sig wäre. Eine Begrün­dung könn­te hier­für die Ver­mei­dung von sozia­len Brenn­punk­ten sein. Hier­zu stellt der EuGH fest, dass mit einer sol­chen Ziel­set­zung zwar kein Gleich­be­hand­lungs­an­spruch mit Deut­schen bestehe, aber dafür mit ande­ren ver­gleich­ba­ren Drittstaatsangehörigen.

Im deut­schen Recht fin­det sich kei­ne Pflicht für ande­re Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge, aus inte­gra­ti­ons­po­li­ti­schen Grün­den einer Wohn­sitz­ver­pflich­tung nach­zu­kom­men. Der Gerichts­hof stellt außer­dem die Über­le­gung an, ob unter Umstän­den den­noch kei­ne Ungleich­be­hand­lung der sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­ten vor­lie­gen wür­de, wenn die­se einen ande­ren, beson­de­ren Inte­gra­ti­ons­be­darf hät­ten. Dann wür­den sich bei­de Grup­pen nicht in einer „ver­gleich­ba­ren Situa­ti­on befin­den“. Eine Ungleich­be­hand­lung wür­de nicht vor­lie­gen, weil es um unter­schied­li­che Sach­ver­hal­te gehen wür­de. Ob dies der Fall ist, prüft der EuGH jedoch nicht wei­ter, son­dern ver­weist die Prü­fung die­ser Fra­ge zurück an das Bundesverwaltungsgericht.

PRO ASYL sieht die­se vom EuGH zur Vor­aus­set­zung erklär­ten Unter­schie­de als nicht gege­ben an. Im Ver­gleich zu ande­ren Migran­tIn­nen­grup­pen befin­den sich inter­na­tio­nal Schutz­be­rech­tig­te nicht in einer ande­ren Situa­ti­on, was das Ziel der Inte­gra­ti­on angeht. Bei­de Grup­pen müs­sen glei­cher­ma­ßen Deutsch ler­nen, sich in den Arbeits­markt inte­grie­ren und Teil­ha­be­mög­lich­kei­ten erhalten.

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