25.11.2010

Seit Anfang Novem­ber sind deut­sche Grenz­be­am­te im Rah­men einer Fron­tex-Mis­si­on an der Land­gren­ze Grie­chen­lands zur Tür­kei im Einsatz.

Letz­te Woche besuch­ten Gün­ter Burk­hardt (Geschäfts­füh­rer) und Karl Kopp (Europa­re­fe­rent) von PRO ASYL gemein­sam mit Tom Koe­nigs, Vor­sit­zen­der des Men­schen­rechts­aus­schus­ses des Deut­schen Bun­des­ta­ges, das Evros-Gebiet. Ergän­zend recher­chier­te PRO ASYL gemein­sam mit grie­chi­schen Rechts­an­wäl­ten und Unter­stüt­zern die Situation.

Das erschre­ckend Neue an den Ergeb­nis­sen die­ser Rei­se ist, dass ver­mehrt Flücht­lin­ge aus dem Iran, dem Irak und Syri­en akut von Abschie­bung in die Tür­kei bedroht sind. PRO ASYL und Tom Koe­nigs stie­ßen auf völ­lig über­füll­te Haft­la­ger, in denen selbst Fami­li­en mit Kin­dern und unbe­glei­te­te min­der­jäh­ri­ge Flücht­lin­ge unter men­schen­un­wür­di­gen Bedin­gun­gen inhaf­tiert sind. Eine wochen­lan­ge Inhaf­tie­rung unter Bedin­gun­gen, wo sich Men­schen noch nicht ein­mal nie­der­le­gen kön­nen, um zu schla­fen, ist men­schen­ver­ach­tend. Die Haft­be­din­gun­gen stel­len einen Ver­stoß gegen die euro­päi­sche Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on dar: „Nie­mand darf der Fol­ter oder unmensch­li­cher oder ernied­ri­gen­der Stra­fe oder Behand­lung unter­wor­fen werden“.

Deut­sche und Grenz­po­li­zis­ten ande­rer EU-Staa­ten wer­den in ein völ­lig chao­ti­sches Sys­tem ein­ge­bun­den, das zu ekla­tan­ten Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen führt. Ange­sichts ihrer Ein­bin­dung in nicht ver­ant­wort­ba­re Zustän­de im Evros-Gebiet fal­len sie in ein „mora­li­sches Loch“.

Der Ein­satz von Fron­tex hat die Lage aus Sicht von PRO ASYL nicht bes­ser gemacht – im Gegen­teil: Das has­ti­ge Scree­ning (Iden­ti­täts­fest­stel­lungs­ver­fah­ren) durch Fron­tex führt zu kras­sen Fehl­ent­schei­dun­gen. Koe­nigs und die PRO ASYL-Ver­tre­ter tra­fen im Haft­la­ger Tyche­ro Afgha­nen an, die als Ira­ner inhaf­tiert sind und die akut von der Abschie­bung in die Tür­kei bedroht sind.

PRO ASYL klagt die Bun­des­re­gie­rung an, sich der Bei­hil­fe zum Bruch der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on schul­dig zu machen. Wenn deut­sche Poli­zis­ten im Rah­men eines Fron­tex-Ein­sat­zes in sol­che Zustän­de ein­ge­bun­den sind und Kin­der, Fami­li­en und Schutz­be­dürf­ti­ge einer der­art ernied­ri­gen­den Behand­lung unter­wor­fen wer­den, trägt der Bun­des­mi­nis­ter des Innern hier­für die Verantwortung.

Statt einer wei­te­ren Abschot­tung der Gren­zen for­dert PRO ASYL ein Sofort­pro­gramm in Deutsch­land und ande­ren euro­päi­schen Staa­ten zur Unter­stüt­zung von Flücht­lin­gen in Grie­chen­land. Dazu gehö­ren insbesondere:

  • Auf­nah­me­maß­nah­men für unbe­glei­te­te Flücht­lings­kin­der und Fami­li­en mit Kin­dern, die sich z.Zt. in Grie­chen­land aufhalten. 
  • Ernst­haf­te Ver­hand­lun­gen mit dem Ziel einer soli­da­ri­schen Tei­lung der Ver­ant­wor­tung in Euro­pa für die Auf­nah­me von Flücht­lin­gen. Dazu gehört die grund­le­gen­de Reform des euro­päi­schen Zustän­dig­keits­sys­tems Dub­lin II. Eine euro­päi­sche Gesamt­lö­sung für den Schutz von Flücht­lin­gen ist erforderlich.

Rei­se­be­richt: Zu den Fol­gen des Fron­tex-Ein­sat­zes an der tür­kisch-grie­chi­schen
Land­gren­ze mit deut­scher Beteiligung »

Kon­takt:

Tel. 069 23 06 95

E‑Mail presse@proasyl.de

Alle Presse­mitteilungen