07.07.2009

Ant­wort der Bun­des­re­gie­rung wirft neue Fra­gen auf

PRO ASYL: Aus­stieg aus den FRON­TEX-Mis­sio­nen im Mittelmeer

Am 18. bzw. 19. Juni 2009 wur­den nach einem Bericht der Zei­tung „Mal­ta Today on Sun­day“ meh­re­re Dut­zend Boots­flücht­lin­ge 110 Mei­len süd­lich von Mal­ta auf hoher See von der ita­lie­ni­schen Küs­ten­wa­che auf­ge­bracht und dann einem liby­schen Patrouil­len­boot über­ge­ben. An die­ser Akti­on soll ein Heli­ko­pter der Bun­des­po­li­zei mit­ge­wirkt haben. Eine dies­be­züg­li­che schrift­li­che Fra­ge des Abge­ord­ne­ten Josef Wink­ler (Bünd­nis 90 / Die Grü­nen) vom 25. Juni 2009 hat die Bun­des­re­gie­rung inzwi­schen beant­wor­tet (s. Anlage).

Die Ant­wort wirft neue Fra­gen auf. Tat­säch­lich waren Hub­schrau­ber der Bun­des­po­li­zei ein­ge­setzt. Im Rah­men der FRON­TEX-Ope­ra­ti­on „Nau­ti­lus IV“ sol­len sie jedoch beim Auf­griff und der Über­ga­be von Boots­flücht­lin­gen an liby­sche Hoheits­trä­ger nicht betei­ligt gewe­sen sein. Die Akti­on der ita­lie­ni­schen Küs­ten­wa­che sei kei­ne Maß­nah­me im Rah­men der FRON­TEX-Ope­ra­ti­on gewesen.

Mag sein, dass die deut­sche Hub­schrau­ber­be­sat­zung die Infor­ma­tio­nen über die Ortung eines Flücht­lings­boots „zustän­dig­keits­hal­ber“ an die Mal­te­ser wei­ter­ge­ge­ben hat, ohne Kennt­nis dar­über, was dann gesche­hen wür­de. Auf Unkennt­nis und Arg­lo­sig­keit kann sich die Bun­des­re­gie­rung jedoch ledig­lich rück­wir­kend beru­fen. Nach­dem bekannt ist, auf wel­che Wei­se Ita­li­en und Mal­ta unter Bruch des Völ­ker­rech­tes mit Liby­en koope­rie­ren, muss die Bun­des­re­gie­rung ihre Betei­li­gung an Gemein­schafts­ope­ra­tio­nen – ob im Rah­men von FRONTEX oder außer­halb – unver­züg­lich been­den. Sie wirkt sonst am Völ­ker­rechts­bruch aktiv mit.

Kei­nes­falls genügt der Hin­weis, dass eine Koope­ra­ti­on mit Liby­en nicht Bestand­teil des Ein­satz­pla­nes von „Nau­ti­lus IV“ ist.

Der Vor­fall und sei­ne Bestä­ti­gung bele­gen die von PRO ASYL vor­ge­brach­te Kri­tik, dass die Ver­ant­wort­lich­kei­ten für den Umgang mit Boots­flücht­lin­gen im Mit­tel­meer und im Atlan­tik absicht­lich so aus­ge­stal­tet sind, dass die Ver­ant­wor­tung letzt­end­lich ungreif­bar wird.

Die ita­lie­ni­schen Prak­ti­ken gehen wei­ter. Die seit Tagen auch in der deut­schen Pres­se kur­sie­ren­den Infor­ma­tio­nen, Anfang Juli vor Lam­pe­du­sa auf­ge­grif­fe­ne Boots­flücht­lin­ge sei­en nicht nach Liby­en zurück­ge­scho­ben wor­den, sind falsch. Von den ins­ge­samt 89 Flücht­lin­gen konn­ten 65 Män­ner in der liby­schen Haft­an­stalt von Zuwa­rah loka­li­siert wer­den. Neun Frau­en befin­den sich in einem Frau­en­ge­fäng­nis öst­lich von Tri­po­lis. Die Mehr­heit der Inhaf­tier­ten sind eri­tre­ische Kriegs­dienst­ver­wei­ge­rer, die mit Haft auf unbe­stimm­te Zeit oder gar ihrer Abschie­bung nach Eri­trea rech­nen müssen.

gez. Bernd Mesovic

Refe­rent

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