26.03.2023

Am Diens­tag, 28. März, geht es vor dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig um das Zutritts­ver­bot zu den AnkER-Zen­tren in Ober­bay­ern für das Bera­tungs­an­ge­bot Info­bus für Flücht­lin­ge des Münch­ner Flüchtlingsrats. 

Dem Info­bus, der seit mehr als 20 Jah­ren Asyl­su­chen­de in Mün­chen und Umge­bung berät, wur­de 2018 der Zutritt zu den AnkER-Ein­rich­tun­gen durch die Regie­rung von Ober­bay­ern ver­sagt. Dage­gen erhob der Münch­ner Flücht­lings­rat Klage.

Bun­des­wei­te Bedeutung

Die Ent­schei­dung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts hat bun­des­wei­te Bedeu­tung, da unab­hän­gi­gen Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen an vie­len Orten der Zutritt zu AnkER-Zen­tren und ande­ren Erst­auf­nah­me­zen­tren erschwert wird. PRO ASYL und Lan­des­flücht­lings­rä­te for­dern, dass in allen Bun­des­län­dern der Zugang der Zivil­ge­sell­schaft gewähr­leis­tet und nicht behin­dert wird.

„Der Zugang zu unab­hän­gi­ger Bera­tung ist ein grund­le­gen­des Recht und eine Vor­aus­set­zung für eine fai­re und gerech­te Asyl­po­li­tik. Dass es über­haupt zu einem Rechts­streit kom­men muss, damit die Men­schen in den Ein­rich­tun­gen unab­hän­gi­ge Bera­tungs­an­ge­bo­te wahr­neh­men kön­nen, ist in einer frei­heit­li­chen Demo­kra­tie inak­zep­ta­bel und ein Angriff auf zivil­ge­sell­schaft­li­che Bera­tungs­struk­tu­ren, die sich für die Rech­te von Asyl­su­chen­den ein­set­zen“, sagt Tareq Alaows, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL. PRO ASYL unter­stützt aus die­sem Grund den Info­bus und das Kla­ge­ver­fah­ren finanziell.

In Ober­bay­ern Bera­tung nur auf Anforderung

In Ober­bay­ern hat das Ver­wal­tungs­ge­richt Mün­chen ent­schie­den, dass ein „man­da­tier­ter Zugang“ gewährt wer­den muss. Das heißt, dass die Berater*innen in das AnkER-Zen­trum dür­fen, wenn sie kon­kret von einem Schutz­su­chen­den ange­fragt wur­den. In der Pra­xis ver­hin­dert dies jedoch einen effek­ti­ven Zugang zur Rechts­be­ra­tung vor allem für vul­nerable Gruppen.

„Die  anlass­be­zo­ge­ne Zutritts­er­laub­nis ist mit hohen büro­kra­ti­schen Hür­den ver­bun­den. Die Nie­der­schwel­lig­keit geht dabei ver­lo­ren. Wir wün­schen uns, wie frü­her, mit unse­rem Info­bus wie­der auf dem Gelän­de der Anker­ein­rich­tun­gen par­ken zu dür­fen, um so mög­lichst gut wahr­ge­nom­men zu wer­den und gleich­zei­tig unse­re Unab­hän­gig­keit zu zei­gen”, erklärt Shee­na Tön­nies vom Info­bus München.

Bun­des­wei­te Neu­re­ge­lung der Asylverfahrensberatung

Auch ange­sichts der Neu­re­ge­lung der Asyl­ver­fah­rens­be­ra­tung durch die Bun­des­re­gie­rung hat die Ent­schei­dung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts Bedeu­tung. Seit Janu­ar 2023 ist der Bund zur För­de­rung einer behör­den­un­ab­hän­gi­gen, frei­wil­li­gen, unent­gelt­li­chen und ergeb­nis­of­fe­nen Asyl­ver­fah­rens­be­ra­tung ver­pflich­tet. „Mitt­ler­wei­le hat auch die Bun­des­re­gie­rung erkannt, wie drin­gend eine unab­hän­gi­ge Bera­tung nötig ist, ins­be­son­de­re nie­der­schwel­li­ge Ange­bo­te für vul­nerable Grup­pen. Die­se las­sen sich nicht errei­chen, wenn Bera­tungs­an­ge­bo­ten der Zugang ver­wehrt wird. Bei unse­rer Kla­ge geht es dar­um, den ohne­hin schon iso­lier­ten Men­schen in den AnkER-Ein­rich­tun­gen einen frei­en Zugang zur Bera­tung wie­der zu ermög­li­chen“, sagt Tönnies.

Auch Sach­sen behin­dert die Bera­tung  immer wieder 

Auch in Sach­sen unter­lie­gen Ange­bo­te zur Bera­tung von Asyl­su­chen­den durch Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen regel­mä­ßig einem Zugangs­ver­bot. „Der nied­rig­schwel­li­ge und kur­ze Weg von neu­an­kom­men­den Men­schen zu Bera­tungs­an­ge­bo­ten in Erst­auf­nah­me­ein­rich­tun­gen ist essen­ti­ell, um ein fai­res Ver­fah­ren zu gewähr­leis­ten. Infor­ma­tio­nen zum Asyl­ver­fah­ren, aber auch zum Leben in Deutsch­land und zu all­täg­li­chen Abläu­fen,  sind gera­de in den ers­ten Tagen des Ankom­mens von gro­ßer Bedeu­tung für die Schutz­su­chen­den“, so Dave Schmidk­te vom Säch­si­schen Flücht­lings­rat. „Feh­len­de Infor­ma­tio­nen oder unzu­rei­chen­de Bera­tung kön­nen zu schwer­wie­gen­den Fol­gen im Asyl­ver­fah­ren führen.“

Zum Hin­ter­grund:

Ab 2001 bot der Münch­ner Flücht­lings­rat in Zusam­men­ar­beit mit Amnes­ty Inter­na­tio­nal unab­hän­gi­ge Asyl­ver­fah­rens­be­ra­tung in eini­gen Erst­auf­nah­me- und AnkER-Ein­rich­tun­gen in Ober­bay­ern an. Dazu fuhr – soweit es die räum­li­chen Gege­ben­hei­ten zulie­ßen – ein Info­bus in die Außen­an­la­gen der Unter­künf­te. Anfang 2018 wur­de den Berater*innen von der Regie­rung von Ober­bay­ern ohne stich­hal­ti­ge Grün­de der Zugang bezie­hungs­wei­se die Zufahrt zu den Unter­künf­ten ver­wei­gert. Dage­gen erhob der Mün­che­ner Flücht­lings­rat Kla­ge, finan­zi­ell unter­stützt von PRO ASYL. Im Lau­fe des Kla­ge­ver­fah­rens modi­fi­zier­te die Regie­rung Ober­bay­erns ihre Ent­schei­dung dahin­ge­hend, dass der Info­bus zumin­dest auf kon­kre­te Anfra­gen ein­zel­ner Bewohner*Innen Zugang zu den Ein­rich­tun­gen erhält.

PRO ASYL unter­stützt auf­grund ihrer Bedeu­tung sowohl die Kla­ge als auch grund­sätz­lich den Info­bus in sei­ner täg­li­chen Arbeit. Neben PRO ASYL finan­zie­ren zudem die Lan­des­haupt­stadt Mün­chen, Amnes­ty Inter­na­tio­nal und die UNO-Flücht­lings­hil­fe das unab­hän­gi­ge Beratungsprojekt.

Die münd­li­che Ver­hand­lung am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt beginnt am Diens­tag, 28. März 2023 um 14 Uhr im Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt, Sim­son­platz 1, 04107 Leip­zig. Vertreter*innen des Info­bus­ses und des Münch­ner Flücht­lings­rat sowie des Säch­si­schen Flücht­lings­rats wer­den vor Ort sein und ste­hen dort – und auch vor­her –  für Pres­se­an­fra­gen zur Verfügung.

Kon­takt­da­ten:
Chris­ti­an Oppl, Münch­ner Flücht­lings­rat, info@muenchner-fluechtlingsrat.de, 0176 30773471
Dave Schmidt­ke, Säch­si­scher Flücht­lings­rat, schmidtke@sfrev.de, 0176 427 286 23
Tareq Alaows, PRO ASYL, presse@proasyl.de, 069 / 24 23 14 30

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