29.01.2009

Den Men­schen­rech­ten geht es gut in Deutsch­land, behaup­tet die Bun­des­re­gie­rung in ihrem Staa­ten­be­richt im Rah­men des All­ge­mei­nen Peri­odi­schen Über­prü­fungs­ver­fah­rens. Am 2. Febru­ar 2009 steht dabei die Umset­zung von Men­schen­rechts­ab­kom­men hier­zu­lan­de vor dem UN-Men­schen­rechts­rat in Genf auf dem Prüf­stand.
Die opti­mis­ti­sche Sicht des deut­schen Sach­stan­des, die in der Behaup­tung der Regie­rung kul­mi­niert, die Men­schen­rech­te „gel­ten in Deutsch­land für jeder­mann, und dies nicht nur auf dem Papier, son­dern in der all­täg­li­chen Rechts­wirk­lich­keit“, wird von Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen nicht geteilt. Bei einer Pres­se­kon­fe­renz in Ber­lin stell­ten heu­te Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter des Deut­schen Frau­en­ra­tes, des Ver­ban­des bina­tio­na­ler Fami­li­en und Part­ner­schaf­ten, PRO ASYL und des Forum Men­schen­rech­te dem Anspruch die deut­sche Wirk­lich­keit gegen­über.
„In Bezug auf die Umset­zung des Asyl­rech­tes hat die Bun­des­re­gie­rung ein gan­zes Potem­kin­sches Dorf auf­ge­baut, in dem es sicher und gemüt­lich zugeht,“ kom­men­tier­te PRO ASYL-Geschäfts­füh­rer Gün­ter Burk­hardt das angeb­lich beson­de­re Anlie­gen der Bun­des­re­gie­rung: Ihr unein­ge­schränk­tes Bekennt­nis zum Schutz poli­tisch Ver­folg­ter. Die Rea­li­tät ist: Deutsch­land betei­ligt sich im EU-Ver­bund an Maß­nah­men an den Außen­gren­zen, mit denen Schutz­su­chen­de gera­de dar­an gehin­dert wer­den sol­len, EU-Ter­ri­to­ri­um zu errei­chen und einen Asyl­an­trag zu stel­len. Die Koope­ra­ti­on mit men­schen­rechts­ver­let­zen­den Regi­men kennt beim Abschluss von Rück­über­nah­me­ab­kom­men und bei der para­mi­li­tä­ri­schen Grenz­si­che­rung kei­ne Gren­zen.
Von einem sub­jek­ti­ven Recht auf Asyl, das die Bun­des­re­gie­rung beson­ders her­aus­stellt, kann in der Rea­li­tät nicht die Rede sein, wenn etwa im Rah­men der Dub­lin II-Ver­ord­nung Asyl­su­chen­de ohne Prü­fung ihrer Flucht­grün­de und ohne effek­ti­ven Rechts­schutz in einen EU-Mit­glieds­staat abge­scho­ben wer­den, in dem sie – wie in Grie­chen­land – weit­ge­hend recht­los sind.
Hin­ter der Fas­sa­de des regie­rungs­amt­li­chen Potem­kin-Dor­fes leben wei­te­re Per­so­nen­grup­pen, denen die Poli­tik der Bun­des­re­gie­rung kei­ne Sicher­heit bie­tet: Seit 2004 hat Deutsch­land in ca. 50.000 Fäl­len den in frü­he­ren Jah­ren gewähr­ten Flücht­lings­sta­tus wider­ru­fen – und steht mit die­ser Pra­xis in Euro­pa allei­ne da.
Auch die Grup­pe der Ket­ten­ge­dul­de­ten mit lan­gem Auf­ent­halt ist inzwi­schen wie­der auf über 110.000 Men­schen ange­wach­sen. Die Bun­des­re­gie­rung schreibt sich auf die men­schen­recht­li­che Haben-Sei­te ihrer Bilanz, dass 50.000 Per­so­nen einen Auf­ent­halts­ti­tel nach der Alt­fall­re­ge­lung erhal­ten hät­ten. Doch selbst die­se Mes­se ist noch nicht gesun­gen. Etwa die Hälf­te der Betrof­fe­nen haben den Sta­tus nur „auf Pro­be“ erhal­ten. Ihr wei­te­res Schick­sal ist von der Ent­wick­lung des Arbeits­mark­tes abhän­gig.
Alles in allem setzt die Bun­des­re­gie­rung mit dem Bericht auf das Prin­zip Hoff­nung: Sie hofft, dass es der Men­schen­rechts­rat so genau nicht wis­sen will.

PS.: Eine aus­führ­li­che Ana­ly­se der Men­schen­rechts­po­li­tik in Deutsch­land fin­den Sie auf unse­rer Home­page.

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