06.11.2024

PRO ASYL kri­ti­siert den am heu­ti­gen Mitt­woch beschlos­se­nen Gesetz­ent­wurf zur Umset­zung der Reform des Gemein­sa­men Euro­päi­schen Asyl­sys­tems (GEAS) scharf. Der Ent­wurf über­schrei­tet die von der Euro­päi­schen Uni­on gefor­der­ten Min­dest­stan­dards erheb­lich, ent­rech­tet Geflüch­te­te mas­siv und ver­hin­dert fai­re Asylverfahren.

„Die Bun­des­re­gie­rung hat mit dem vor­lie­gen­den Gesetz­ent­wurf ver­passt, die Men­schen­rech­te zu ach­ten und rechts­staat­li­che Stan­dards zu wah­ren. Der Ent­wurf beinhal­tet die größ­ten Asyl­rechts­ver­schär­fun­gen seit Jahr­zehn­ten, es droht Haft von Fami­li­en und Kin­dern – wie weit soll die Ent­rech­tung von schutz­su­chen­den Men­schen noch gehen?“, kri­ti­siert Tareq Alaows, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL.

PRO ASYL for­dert: „Die Bun­des­re­gie­rung muss den Gesetz­ent­wurf im Lich­te der Men­schen­rech­te über­ar­bei­ten, die von der EU gewähr­ten Ermes­sens­spiel­räu­me im Sin­ne des Schut­zes von Asyl­su­chen­den nut­zen sowie fai­re und rechts­staat­li­che Ver­fah­ren unter men­schen­wür­di­gen Bedin­gun­gen gewährleisten.“

Frei­heits­be­schrän­kun­gen und neue Haftformen

Obwohl die EU-Vor­ga­ben bereits eine deut­li­che Ver­schär­fung der Asyl­pra­xis vor­se­hen, geht der deut­sche Gesetz­ent­wurf noch wei­ter und führt unter dem Deck­man­tel der GEAS-Umset­zung neue Mög­lich­kei­ten der Frei­heits­be­schrän­kung und De-fac­to-Inhaf­tie­rung von Schutz­su­chen­den ein.

Es dro­hen geschlos­se­ne Zen­tren, wie es sie bis­her in Deutsch­land noch nicht gibt: Die Flücht­lin­ge dür­fen die­se nicht ver­las­sen, teil­wei­se nur, weil sie aus einem bestimm­ten Her­kunfts­land kom­men. Beson­ders besorg­nis­er­re­gend ist, dass durch die­se Maß­nah­men auch Kin­der wäh­rend ihres Asyl­ver­fah­rens ein­ge­sperrt wer­den könnten.

Schutz­su­chen­de sol­len durch Maß­nah­men wie die soge­nann­te Asyl­ver­fah­rens­haft mas­si­ven Frei­heits­be­schrän­kun­gen unter­wor­fen wer­den, die mit inter­na­tio­na­len Men­schen­rechts­stan­dards nicht ver­ein­bar sind. „Die­se Haft­for­men sind unver­hält­nis­mä­ßig und psy­chisch extrem belas­tend. Sie erhö­hen das Risi­ko von Sui­zid­ver­su­chen. Ein fai­res Asyl­ver­fah­ren ist so  kaum mög­lich, da Betrof­fe­ne unter die­sen Bedin­gun­gen oft nicht in der Lage sind, ihre Flucht­grün­de umfas­send dar­zu­le­gen“, sagt Tareq Alaows, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL.

PRO ASYL lehnt geschlos­se­ne Zen­tren und die Asyl­ver­fah­rens­haft ent­schie­den ab und for­dert die Bun­des­re­gie­rung auf, men­schen­recht­li­che Stan­dards zu wahren.

Aus­wei­tung der „siche­ren Staaten“-Konzepte

Mit dem  Gesetz­ent­wurf sol­len zudem die  Kon­zep­te „siche­rer Her­kunfts­staa­ten“ und „siche­rer Dritt­staa­ten“ mas­siv aus­ge­wei­tet wer­den, was durch die Vor­ga­ben aus Brüs­sel nicht zwin­gend gebo­ten ist. PRO ASYL sieht in der Aus­wei­tung der „siche­ren Staaten“-Konzepte eine unver­hält­nis­mä­ßi­ge Ein­schrän­kung des Rechts auf ein fai­res Asyl­ver­fah­ren. Die Ein­stu­fung eines Lan­des als „sicher“ muss einer gründ­li­chen men­schen­recht­li­chen Prü­fung unter­zo­gen wer­den, die durch die geplan­ten Ände­run­gen nicht mehr gewähr­leis­tet ist. Statt der ange­streb­ten Har­mo­ni­sie­rung droht ein Laby­rinth par­al­le­ler Ver­fah­ren zur Ein­stu­fung als „sicher“, wobei die stren­ge­ren Vor­ga­ben des Grund­ge­set­zes unter­lau­fen wer­den können.

Men­schen­rech­te müs­sen Prio­ri­tät haben

Bereits im Juli 2024 hat­te PRO ASYL gemein­sam mit 25 Orga­ni­sa­tio­nen Vor­schlä­ge für eine men­schen­rechts­kon­for­me Umset­zung der GEAS-Reform unter­brei­tet. Im Okto­ber reich­te PRO ASYL  zudem eine umfas­sen­de Stel­lung­nah­me zum Refe­ren­ten­ent­wurf beim Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um ein, die ver­fas­sungs­recht­li­che und men­schen­recht­li­che Pro­ble­me benennt.

 

(Hin­weis: Die­se Pres­se­er­klä­rung haben wir wegen eines inhalt­li­chen Feh­lers am 7.11 kor­ri­giert, sodass nun die­se Ver­si­on gilt.)

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