14.02.2017

PRO ASYL: Lager in Tune­si­en wer­den Zonen der orga­ni­sier­ten Ver­ant­wor­tungs­lo­sig­keit sein

Beim heu­ti­gen Tref­fen in Ber­lin will Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel mit dem tune­si­schen Pre­mier Yous­sef Cha­hed über den Bau von »Auf­fang­la­gern« in Tune­si­en beraten.

Was die Kanz­le­rin »Auf­fang­la­ger« nennt, wird für die meis­ten die End­sta­ti­on sein. Das Schutz­be­dürf­nis der Betrof­fe­nen wür­de kaum eine Rol­le spie­len. Tune­si­en ver­fügt über kein funk­tio­nie­ren­des Asyl­sys­tem. Ein rechts­staat­li­ches Ver­fah­ren, in dem die indi­vi­du­el­len Flucht­grün­de gewür­digt und nega­ti­ve Behör­den­ent­schei­dun­gen von einem Gericht über­prüft wer­den, gibt es nicht. Tune­si­en mag die Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on unter­zeich­net haben; ent­schei­dend ist jedoch ihre Umset­zung und die­se ist nicht vorhanden.

PRO ASYL befürch­tet, dass die Ein­rich­tung von Lagern in Tune­si­en das indi­vi­du­el­le Recht auf Asyl in der EU wei­ter unter­gräbt. Schutz­su­chen­den blie­be der Zugang zum Asyl­ver­fah­ren auf euro­päi­schem Boden ver­wehrt. Das indi­vi­du­el­le Recht auf Asyl läuft so ins Lee­re. Statt­des­sen wol­len EU-Staa­ten nach poli­ti­schem Gus­to eini­ge hand­ver­le­se­ne Schutz­su­chen­de aus den Lagern Nord­afri­kas auf­neh­men – oder sie dort auf unbe­stimm­te Zeit fest­zu­set­zen, um sie von Euro­pa fern zu halten.

Dass über­haupt eine rele­van­te Zahl von Schutz­be­dürf­ti­gen aus den Lagern her­aus­kommt, ist ange­sichts der gerin­gen Bereit­schaft zahl­rei­cher EU-Mit­glied­staa­ten, Flücht­lin­ge auf­zu­neh­men, mehr als zwei­fel­haft. Schon die Umver­tei­lung von Flücht­lin­gen inner­halb der EU funk­tio­niert nur schlep­pend: Von 160.000 anbe­raum­ten Plät­zen im Relo­ca­ti­on-Pro­gramm wur­de aus Grie­chen­land und Ita­li­en gera­de mal ein Bruch­teil (Stand 2. Febru­ar: 11.897) auf ande­re EU-Län­der verteilt.

Ein am 13. Febru­ar ver­öf­fent­lich­ter Bericht von Amnes­ty Inter­na­tio­nal unter­streicht, dass auch im lan­ge als sta­bil gel­ten­den Tune­si­en Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen ein dra­ma­ti­sches Aus­maß ange­nom­men haben. So kom­me es ins­be­son­de­re zu mas­si­ven Über­grif­fen durch die Sicher­heits­kräf­te, will­kür­li­chen Ver­haf­tun­gen sowie zu Fol­ter und Todes­fäl­len in Haft­an­stal­ten, berich­tet Amnes­ty. Dass Mer­kel Tune­si­en mit Blick auf die Koope­ra­ti­ons­vor­ha­ben als »Hoff­nungs­pro­jekt« in der Regi­on bezeich­ne­te, grenzt an eine Täu­schung der Öffent­lich­keit. Wider bes­se­res Wis­sen ver­sucht die Bun­des­re­gie­rung seit ver­gan­ge­nem Jahr, Tune­si­en als ein »siche­res Her­kunfts­land« einzustufen.

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