11.01.2021

Pro Asyl for­dert Eva­ku­ie­rung und Auf­nah­me aus den Elend­sla­gern vor und an der EU-Grenze

Mit Blick auf die ver­öf­fent­lich­ten Asyl­zah­len für 2020 stellt PRO ASYL fest, dass die Zugangs­zah­len nach Deutsch­land seit 2012 auf einen Tief­stand gesun­ken sind. Die Zahl der grenz­über­schrei­ten­den Asy­l­erst­an­trä­ge lag im Jahr 2020 bei 76.061 und damit um 31,5 % nied­ri­ger als im Vor­jahr (Quel­le: BMI).

„Deutsch­land hat Platz, die Bun­des­re­gie­rung muss sich ihrer huma­ni­tä­ren und men­schen­recht­li­chen Ver­ant­wor­tung stel­len. Wir for­dern Initia­ti­ven zur sofor­ti­gen Been­di­gung der ille­ga­len Pus­backs durch Kroa­ti­en und Grie­chen­land an der EU- Außen­gren­ze. Das Tot­schwei­gen und die Tole­rie­rung die­ses Men­schen­rechts­bruchs müs­sen auf­hö­ren. Weder vor den Toren Euro­pas in Bos­ni­en noch in den Elend­sla­gern in der EU wie auf Les­bos und ande­ren grie­chi­schen Inseln gibt es eine Per­spek­ti­ve auf Schutz und Asyl. Deutsch­land muss mit der por­tu­gie­si­schen Rats­prä­si­dent­schaft aktiv wer­den und selbst vor­an­ge­hen: Eva­ku­ie­rung, Auf­nah­me  und Gewähr­leis­tung des Zugangs zum Asyl­ver­fah­ren in der EU ist das Gebot der Stun­de. Die Bun­des­re­gie­rung muss han­deln“,  for­dert Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL.

Es ist deut­lich, dass in Deutsch­land erheb­li­che Auf­nah­me­ka­pa­zi­tä­ten frei sind. PRO ASYL for­dert die Bun­des­re­gie­rung auf, ange­sichts stei­gen­der Flücht­lings­zah­len auf mitt­ler­wei­le über 80 Mil­lio­nen Men­schen welt­weit, die­se Kapa­zi­tä­ten auch zu nutzen.

Die gerin­gen Zugangs­zah­len nach Deutsch­land sind eine Fol­ge der rigo­ro­sen Grenz­ab­rie­ge­lung Euro­pas. Die grie­chisch-tür­ki­sche Land­gren­ze, die unga­ri­sche und die kroa­ti­sche EU-Außen­gren­zen sind sys­te­ma­tisch abge­rie­gelt; Schutz­su­chen­de sit­zen in Bos­ni­en im Elend und Win­ter unter Lebens­ge­fahr fest, ohne die Per­spek­ti­ve auf Schutz. In ähn­li­cher Wei­se wird die See­gren­ze von  Grie­chen­land zur Tür­kei abge­rie­gelt, auch hier sin­ken die Zugangs­zah­len dra­ma­tisch. Kamen 2019 noch 60.000 Schutz­su­chen­de mit Boo­ten an, so waren es 2020 nur noch 9.687, die Gesamt­zahl der Ankünf­te in Grie­chen­land (Land und See) sank von 75.000 in 2019 auf 15.533 in 2020.

Wider­rufs­ver­fah­ren beim BAMF

PRO ASYL stellt fest, dass die Zahl der Wider­rufs­ent­schei­dun­gen des Bun­des­amts für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF) dras­tisch auf 252.940 gestie­gen ist. Zudem waren 148.873 Wider­rufs­prü­fun­gen anhän­gig. Das BAMF ent­wi­ckelt sich zuneh­mend zur Wider­rufs­prü­fungs­be­hör­de. Wider­rufs­ver­fah­ren machen mitt­ler­wei­le rund zwei Drit­tel aller Ent­schei­dun­gen aus. Ent­schei­dun­gen über Asyl betref­fen nur noch rund ein Drit­tel aller BAMF-Ent­schei­dun­gen (145.071). Zum Jah­res­en­de waren zudem mehr als 150.000 Wider­rufs­ver­fah­ren anhän­gig (Quel­le: BAMF, Sei­te 14).

Die Behör­de hat Hun­dert­tau­sen­de Wider­rufs­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet, zahl­rei­che Men­schen wur­den die­ses Jahr im Rah­men der Wider­rufs­prü­fung zu per­sön­li­chen Befra­gun­gen vor­ge­la­den, die unter Betrof­fe­nen Angst und Schre­cken ver­brei­ten. Doch die Lage in den Haupt­her­kunfts­län­dern hat sich kaum zum Bes­se­ren gewen­det, die Wider­rufs­quo­te ist mit etwas mehr als 3,4% gering (Quel­le: BAMF, Sei­te 14). Die­se Fehl­lei­tung von Per­so­nal­res­sour­cen ist ver­ur­sacht durch eine falsch aus­ge­rich­te­te Gesetzgebung.

Das BAMF muss die Mög­lich­keit erhal­ten, sei­ne Res­sour­cen statt für auf­wän­di­ge Wider­rufs­prü­fun­gen – die zumeist die ursprüng­li­che Ent­schei­dung bestä­ti­gen – bes­ser dafür ein­set­zen, die eige­ne Feh­ler­quo­te bei Asyl­be­schei­den zu sen­ken. Auch 2020 wur­den zu Tau­sen­den Ableh­nungs­be­schei­de des BAMF durch Gerich­te kor­ri­giert. Gera­de bei den Her­kunfts­län­dern mit beson­ders hoher Kor­rek­tur­quo­te wie bei­spiels­wei­se Afgha­ni­stan (ca. 60% aller inhalt­lich von Gerich­ten geprüf­ter Fäl­le, Quel­le: Bun­des­re­gie­rung, Fra­ge 24, Sei­te 15) soll­te das Bun­des­amt in die Lage ver­setzt wer­den, sein Per­so­nal dafür ein­zu­set­zen, die Zahl feh­ler­haf­ter Ableh­nun­gen dras­tisch zu senken.

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