29.03.2019

Gelie­fert wer­den: Ver­steck­te Kür­zun­gen mit absur­den Begründungen

Nach­dem das zustän­di­ge Bun­des­ar­beits­mi­nis­te­ri­um (BMAS) unter Huber­tus Heil jah­re­lang nicht in die Gän­ge gekom­men war, den gesetz­li­chen Auf­trag umzu­set­zen und die Regel­sät­ze für Bezie­he­rIn­nen von Asyl­be­wer­ber­leis­tun­gen end­lich auf Grund­la­ge der aktu­el­len Ein­kom­mens- und Ver­brauchs­stich­pro­be anzu­pas­sen, liegt jetzt ein Refe­ren­ten­ent­wurf aus dem BMAS vor. Er bringt ver­deck­te Kür­zun­gen mit absur­den Begründungen.

Mit die­sem Gesetz­ent­wurf wür­de die SPD ihr Selbst­ver­ständ­nis, für sozia­le Gerech­tig­keit ein­zu­tre­ten, kon­ter­ka­rie­ren. Im Ent­wurf wer­den die Ein­spa­run­gen durch die Neu­ord­nung der Regel­sät­ze auf 40 Mil­lio­nen Euro jähr­lich bezif­fert. Dem ste­hen Mehr­aus­ga­ben durch die Erhö­hung der Grund­leis­tun­gen von 40 Mil­lio­nen gegen­über. Das ange­streb­te Null­sum­men­spiel, modern »schwar­ze Null« genannt, ver­sucht schein­bar rechts­kon­form die Leit­plan­ken des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts aus­zu­he­beln und Hilfs­be­dürf­ti­ge unter ein men­schen­wür­di­ges Exis­tenz­mi­ni­mum zu drü­cken. Die Men­schen­wür­de wird rela­ti­viert und an popu­lis­ti­sche Welt­an­schau­un­gen ange­passt. Der Geist des Hau­ses See­ho­fer beein­flusst nun auch das sozi­al­de­mo­kra­tisch geführ­te BMAS und schiebt Schutz­su­chen­de noch wei­ter ins sozia­le Abseits.

Die Erhö­hung der Leis­tun­gen wird mehr als auf­ge­wo­gen durch (a) eine Kür­zung der Regel­sät­ze für bestimm­te Grup­pen, (b) noch wei­ter­ge­hen­de Sach­leis­tun­gen und © eine Neu­re­ge­lung zulas­ten von Asylberechtigten.

Arbeits­mi­nis­ter Heil spielt Schick­sal – für Men­schen, die Asyl­be­wer­ber­leis­tun­gen beziehen

Asyl­su­chen­de, die als Allein­ste­hen­de in Gemein­schafts­un­ter­künf­ten zusam­men mit ihnen frem­den Per­so­nen unter­ge­bracht sind, sol­len künf­tig nur noch den Regel­satz der Bedarfs­stu­fe 2 erhal­ten. Sie wer­den als Mit­glie­der einer Haus­halts­ge­mein­schaft behan­delt, mit dem Ergeb­nis, dass ihre Leis­tun­gen um 10 Pro­zent gekürzt wer­den. Begrün­det wird das mit angeb­li­chen Syn­er­gie­ef­fek­ten. Die Betrof­fe­nen stell­ten schließ­lich eine »Schick­sals­ge­mein­schaft« dar. Von der dür­fe man erwar­ten, dass sie gemein­sam wirt­schaf­te. Nun sind Flücht­lin­ge aus aller Her­ren Län­der, die der Zufall in einer Gemein­schafts­un­ter­kunft zwangs­wei­se zusam­men­führt, alles ande­re als eine Schick­sals­ge­mein­schaft. Sie haben kaum etwas mit­ein­an­der zu schaf­fen und ver­su­chen müh­sam, ihr Mini­mum an Pri­vat­sphä­re zu bewah­ren. Da wird meist nicht gemein­sam ein­ge­kauft oder ein Haus­halts­buch geführt. Man wird den unter­schied­li­chen All­tag von Eritreer*innen, Syrer*innen u.a. nicht per Begriffs­hül­se »Schick­sal« zusam­men­span­nen kön­nen. Aber es geht im Hau­se Heil eben nicht um die Rea­li­tät, son­dern um die Kür­zung an sich, eine Ver­beu­gung vor dem Popu­lis­mus, den die CSU nun auch dem sozi­al­de­mo­kra­tisch geführ­ten BMAS aufnötigt.

Auch Men­schen in Pri­vat­woh­nun­gen sind betroffen

Gekürzt wer­den sol­len außer­dem die Bedar­fe für Strom und Schön­heits­re­pa­ra­tu­ren. Sie sol­len sogar für Men­schen, die in Pri­vat­woh­nun­gen leben, aus dem Regel­satz her­aus­ge­rech­net wer­den. Das ist lebens­fremd. Wie sol­len die statt­des­sen vor­ge­se­he­nen Sach­leis­tun­gen erbracht wer­den? Viel Auf­wand für die Leis­tungs­be­hör­den, die dann jede Strom­rech­nung ein­zeln zah­len müss­ten. Das Ziel der Ope­ra­ti­on ist eine Kür­zung, in Bedarfs­stu­fe 1 um sat­te 38 Euro.

Aner­kann­ten Geflüch­te­ten wer­den För­de­rungs­leis­tun­gen verwehrt

Bis­her erhal­ten Asyl­be­rech­tig­te – wie Inländer*innen auch – Leis­tun­gen nach SGB II oder XII, auch wäh­rend ihre Aner­ken­nungs­ent­schei­dung noch nicht unan­fecht­bar ist. Nun sol­len sie bis zur Unan­fecht­bar­keit der Ent­schei­dung auf Asyl­be­wer­ber­leis­tun­gen ver­wie­sen wer­den. Nach Ablauf von 15 Mona­ten macht das von der Höhe der gewähr­ten Beträ­ge her zwar kei­nen Unter­schied, aber ent­schei­dend ist: Im Rah­men des Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­set­zes gibt es kei­nen Anspruch auf För­de­rungs­leis­tun­gen, z.B. Maß­nah­men zur Ein­glie­de­rung in Aus­bil­dung und Arbeit. Bei jah­re­lan­ger Dau­er der Asyl­ver­fah­ren ist dies das Gegen­teil von Integration.

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