PRO ASYL kritisiert die nächste Sammelabschiebung nach Kabul am 04.12. und fordert ein Abschiebungsmoratorium
Anlässlich der aktuell tagenden Innenministerkonferenz in Magdeburg, kritisiert PRO ASYL die Realitätsverweigerung des Bundesinnenministeriums (BMI) und der Unions-Innenminister, die Abschiebungen nach Afghanistan forcieren wollen. Die Behauptung des BMI, die Lage habe sich nach dem jüngsten Lagebericht vom Sommer nicht verschlechtert, ist schlichtweg falsch. Täglich finden Anschläge in Afghanistan statt. Die einige Zeit nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes (AA) veröffentlichten Elegibility Guidelines des UNHCR zu Afghanistan sprechen eine deutliche Sprache: Für die Region Kabul – in der deutschen Rechtsprechung immer noch eine theoretische Fluchtalternative – wurde eine Situation generalisierter Gewalt festgestellt. Sie kann nicht mehr als inländische Fluchtalternative angesehen werden.
Nach einem aktuellen Bericht des Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) hat sich die Zahl der von der afghanischen Regierung noch kontrollierten Regionen weiter reduziert. Vor allem in umkämpften Gebieten, aber auch in Großstädten wie Kabul finden beständig »violent events« statt. Mit Attacken auf Distrikt- und Provinzhauptstädte zeigen die Taliban, dass auch in dicht bevölkerten städtischen Regionen der Übergang von Guerillastrategien zu flächendeckender territorialer Kontrolle möglich ist. Die hohen Verlust- und Desertionsraten bei den afghanischen Sicherheitskräften werfen die Frage auf, wo und wie lange der afghanische Staat seiner Schutzfunktion noch gerecht werden kann.
PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt: »Während in Magdeburg über Afghanistan, und damit über tragische Einzelschicksale, diskutiert wird, werden mit dem nächsten Abschiebungsflug Fakten geschaffen.« Nach Informationen aus verschiedenen Bundesländern soll der nächste Sammelflug nach Kabul am 04. Dezember stattfinden, von wo der Flieger abgeht ist noch unklar. PRO ASYL fordert ein Abschiebungsmoratorium.
Darüber hinaus stehen Abschiebungen nach Syrien auf der Tagesordnung der Innenministerkonferenz. Der Abschiebestopp wird von CSU-Politikern gänzlich in Frage gestellt, andere Unions-Innenminister wollen ihn nur bis Mitte des nächsten Jahres verlängern. BMI Seehofer hatte Syrienabschiebungen zwar erst kürzlich ausgeschlossen, aber auch eine Verlängerung des Abschiebungsstopps um lediglich einige Monate schürt Unsicherheit und Angst bei den Betroffenen.
Syrien ist nicht nur vor dem Hintergrund immer noch stattfindender Kämpfe unsicher, es findet auch von Seiten des Regimes in großem Stil politische Verfolgung statt. Der aktuelle Lagebericht des AA weist daraufhin, dass Polizei, Justizvollzugsbeamte, Sicherheits- und Geheimdienste systematisch Folter anwenden, insbesondere gegen Oppositionelle oder Menschen, die vom Regime als oppositionell eingestuft werden. Um als oppositionell eingestuft zu werden, reicht schon in einem bestimmten Gebiet zu leben oder gelebt zu haben – oder eben die Flucht aus Syrien. Aus Deutschland Abgeschobene sind damit in besonderem Maße von Verfolgung durch das Assad-Regime bedroht.