29.11.2017

PRO ASYL kri­ti­siert Plä­ne der CDU/C­SU-Innen­mi­nis­ter als unverantwortlich

Nach Medi­en­be­rich­ten for­dern die uni­ons­ge­führ­ten Bun­des­län­der zur Innen­mi­nis­ter­kon­fe­renz kom­men­de Woche in Leip­zig eine Neu­be­wer­tung der Lage in Syri­en und eine Wie­der­auf­nah­me von Abschie­bun­gen. PRO ASYL kri­ti­siert die­se Plä­ne als unver­ant­wort­lich. PRO ASYL hält syri­sche Flücht­lin­ge unver­än­dert für schutz­be­dürf­tig. Eine Gefahr und Ver­fol­gung durch das Regime bei Rück­kehr ist nicht aus­zu­schlie­ßen, gera­de wenn das Regime den Krieg mili­tä­risch gewin­nen soll­te. 

Das Assad-Regime ist seit Jah­ren bekannt für gra­vie­ren­de Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen, Fol­ter, sys­te­ma­ti­sche Inhaf­tie­rung und bru­tals­tes Vor­ge­hen gegen Oppo­si­tio­nel­le. Es ist abwe­gig zu glau­ben, dass nach einem etwa­igen Kriegs­en­de in eine Regi­on, in der nahe­zu alle Regio­nal­mäch­te und Regime auch wei­ter­hin in Kon­flik­te invol­viert sind, gefah­ren­frei eine Rück­kehr mög­lich wäre. PRO ASYL for­dert nach­hal­ti­gen Schutz für syri­sche Flüchtlinge.

PRO ASYL wirft den uni­ons­ge­führ­ten Bun­des­län­dern vor, aus innen­po­li­ti­schen Erwä­gun­gen in unver­ant­wort­li­cher Wei­se über Abschie­bun­gen nach­zu­den­ken und die aktu­el­le Lage­ein­schät­zung des UNHCR aus Novem­ber 2017 kom­plett zu igno­rie­ren. Der UNHCR for­dert ein Mora­to­ri­um für Abschie­bun­gen von syri­schen Flücht­lin­gen: »As all parts of Syria are repor­ted to have been affec­ted, direct­ly or indi­rect­ly, by one or mul­ti­ple con­flicts, UNHCR calls on sta­tes not to for­ci­b­ly return Syri­an natio­nals and for­mer habi­tu­al resi­dents of Syria, inclu­ding Pal­es­ti­ni­ans pre­vious­ly resi­ding in Syria. UNHCR also con­siders that it would gene­ral­ly not be appro­pria­te to return natio­nals or for­mer habi­tu­al resi­dents of Syria to neigh­bou­ring count­ries and non-neigh­bou­ring count­ries in the regi­on, unless spe­ci­fic arran­ge­ments are in place that gua­ran­tee that the indi­vi­du­al con­cer­ned will be read­mit­ted to the coun­try and can re-avail him/herself of inter­na­tio­nal pro­tec­tion. (…) Depen­ding on the coun­try, the indi­vi­du­al con­cer­ned may not be read­mit­ted, or such return may not be safe for the indi­vi­du­als con­cer­ned, and it may be impos­si­ble for their (spe­ci­fic) needs to be met.«

Laut inter­na­tio­na­len Pres­se­be­rich­ten sind bis zu 3,5 Mil­lio­nen Zivi­lis­ten von mili­tä­ri­schen Angrif­fen und der sys­te­ma­ti­schen Blo­cka­de­po­li­tik des Regimes betrof­fen (The Guar­di­an, »Syria: Sho­cking images of star­ving baby reve­al impact of food cri­sis«, 23.10.2017). Knapp 2 Mil­lio­nen Men­schen wur­den in Syri­en 2017 erneut ver­trie­ben. Ca. die Hälf­te der syri­schen Bevöl­ke­rung ist auf der Flucht. Die UN-Orga­ni­sa­ti­on OCHA stellt in ihrem aktu­el­len Bericht vom 21.11.2017 fest, dass die Not­la­ge der Zivil­be­völ­ke­rung wei­ter­hin auf­grund des Kon­flikts erdrü­ckend ist – über 13 Mil­lio­nen Syre­rIn­nen sind wei­ter­hin auf huma­ni­tä­re Hil­fe ange­wie­sen (abruf­bar unter http://www.unocha.org/story/syria-2018-humanitarian-needs-overview-millions-people-face-daily-struggle-survive).

Sowohl Syre­rIn­nen, die als GFK-Flücht­lin­ge aner­kannt sind als auch die­je­ni­gen, die sub­si­diä­ren Schutz erhal­ten, kön­nen nicht in Kür­ze zurück. Selbst nach einem Sieg des Assad-Regimes wären dau­er­haf­ter Frie­de in Syri­en und eine siche­re Rück­kehr weder für GFK-Flücht­lin­ge noch für sub­si­di­är Geschütz­te noch lan­ge nicht in Sicht. Der UNHCR führ­te bereits im Früh­jahr 2017 in sei­nen Her­kunfts­land­in­for­ma­tio­nen zu Syri­en aus (abruf­bar unter https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1493896269_opendocpdf.pdf, S. 5 f.): »Es wird berich­tet, dass für Rück­keh­rer außer­dem das Risi­ko besteht, inhaf­tiert zu wer­den, weil Fami­li­en­mit­glie­der von den Behör­den gesucht wer­den, weil sie ihren Mili­tär­dienst nicht geleis­tet haben, weil sie auch einem Gebiet stam­men, das sich unter der Kon­trol­le der Oppo­si­ti­on befin­det, oder weil sie auf­grund ihrer kon­ser­va­ti­ven Klei­dung als reli­gi­ös wahr­ge­nom­men wer­den. Ande­re wer­den, wie berich­tet wird, ohne bestimm­ten Grund ent­spre­chend der weit ver­brei­te­ten Will­kür und das Macht­miss­brauchs durch Sicher­heits­be­am­te inhaf­tiert und misshandelt.«

Die kürz­lich im syri­schen Staats­fern­se­hen aus­ge­spro­che­nen Dro­hun­gen des Top-Gene­rals des Assad-Regimes Issad Zahred­di­ne rich­te­ten sich gegen alle syri­schen Geflüch­te­ten: »Kehrt nicht zurück! Wir wer­den euch nie­mals ver­zei­hen!« (Spie­gel Online, »Syri­en­krieg Assads Top-Gene­ral droht Flücht­lin­gen«, 11.09.2017). Die Dro­hun­gen sind ernst zu neh­men. Bereits in der Ver­gan­gen­heit ist das Assad-Regime gegen aus Deutsch­land Abge­scho­be­ne vor­ge­gan­gen, sie wur­den in Incom­mu­ni­ca­do­haft genom­men – zu Anfang meist ohne jeden Kon­takt zur Außen­welt (https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2011/05/Vetrag_mit_Folteren.pdf). Incom­mu­ni­ca­do­haft bedeu­tet: Das Risi­ko, miss­han­delt oder gefol­tert zu wer­den, nimmt zu. Es gibt kei­ner­lei belast­ba­ren Indi­zi­en, dass das Assad-Regime sich heu­te geän­dert hät­te – im Gegenteil.

PRO ASYL stimmt in der Ana­ly­se den Rede­bei­trä­gen von Abge­ord­ne­ten von CDU/CSU zu, die sich am Novem­ber 2017 im Bun­des­tag scharf gegen die For­de­rung der AfD, Rück­füh­run­gen nach Syri­en durch­zu­füh­ren, abge­grenzt haben: »An den Hän­den von Baschar al-Assad klebt das Blut Hun­dert­tau­sen­der von Men­schen«, for­mu­lier­te Ste­phan May­er (CSU) gegen die AfD-Posi­ti­on. Und wei­ter: »Wenn man in Ihrem Antrag liest, dass Sie davon aus­ge­hen, ein Ver­trags­part­ner auf syri­scher Sei­te kön­ne glaub­haft ver­si­chern, dass die rück­ge­führ­ten Per­so­nen in siche­re Gebie­te gebracht, mit dem Nötigs­ten ver­sorgt, nicht gefol­tert und nicht ver­folgt wer­den, dann kann man nur sagen: Das ist Sar­kas­mus pur.« (Sei­te 188 aus Ple­nar­pro­to­koll vom 22. Novem­ber 2017 unter Fund­stel­le Ple­nar­pro­to­koll https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2017/kw47-de-rueckfuehrung-syrer/531836)

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