03.08.2021

Schnell, schnel­ler – töd­lich: Die Bun­des­re­gie­rung schiebt unbe­irrt Men­schen nach Afgha­ni­stan ab, dies­mal gemein­sam mit Österreich

Der Bun­des­re­gie­rung kann es offen­bar nicht schnell genug gehen. Ein zunächst für den 10. August geplan­ter Abschie­be­flug mit dem Ziel Kabul wur­de, wie PRO ASYL aus gut unter­rich­te­ten Krei­sen weiß, kurz­fris­tig auf den heu­ti­gen Diens­tag vor­ver­legt. Die Bun­des­re­gie­rung betei­ligt sich dabei an einem öster­rei­chi­schen Abschie­be­flug. Zunächst wird also eine Maschi­ne aus Deutsch­land gen Wien star­ten, vor­aus­sicht­lich am Abend, und von dort wei­ter nach Kabul.

„Es ist völ­lig unver­ant­wort­lich, trotz des unauf­halt­sa­men Vor­rü­ckens der Tali­ban wei­ter nach Afgha­ni­stan abzu­schie­ben“, kri­ti­siert Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Refe­ren­tin bei PRO ASYL. „Die Bun­des­re­gie­rung zieht alle Regis­ter, um die Men­schen noch gera­de recht­zei­tig los­zu­wer­den, bevor die Tali­ban auch Kabul ein­ge­nom­men haben. Das offen­bart eine men­schen­ver­ach­ten­de Hal­tung.“  Dass das SPD-geführ­te Aus­wär­ti­ge Amt jüngst einen neu­en Lage­be­richt zu Afgha­ni­stan her­aus­ge­ge­ben hat, der schon mit Erschei­nen ver­al­tet war, da er auf alten Zah­len, Daten und Fak­ten beruht, wie PRO ASYL ana­ly­sier­te, passt hier ins Bild: Abschie­ben um jeden Preis.

Abschie­bun­gen als Wahl­kampf­the­ma – popu­lis­ti­scher geht’s nicht mehr

Die Fra­ge, ob Geflüch­te­te trotz der explo­si­ven Lage nach Afgha­ni­stan abge­scho­ben wer­den sol­len, ist zu einem deut­schen Wahl­kampf­the­ma gewor­den. CDU-Chef Armin Laschet ver­kün­det, er wol­le an Abschie­bun­gen fest­hal­ten. Ins glei­che Horn stößt Innen­mi­nis­ter Horst See­ho­fer sowie Euro­pas Abschie­be­kö­nig, der öster­rei­chi­sche Kanz­ler Sebas­ti­an Kurz. Mit einem sol­chen The­ma popu­lis­tisch auf Stim­men­fang zu gehen, ist mehr als ver­werf­lich. Es geht um Men­schen­le­ben. Welch dra­ma­ti­sche Fol­gen eine erzwun­ge­ne Rück­kehr nach Afgha­ni­stan für die Betrof­fe­nen haben kann, hat die Sozi­al­wis­sen­schaft­le­rin Frie­de­ri­ke Stahl­mann jüngst in einer Stu­die dargelegt.

Aber auch die SPD- und grün-regier­ten Bun­des­län­der müs­sen sich fra­gen las­sen, war­um sie nicht längst auf Eigen­in­itia­ti­ve hin die Abschie­bun­gen nach Afgha­ni­stan für drei Mona­te aus­ge­setzt haben, wie es ihnen recht­lich mög­lich ist. Zwar kri­ti­sie­ren Bundespolitiker*innen von SPD und Grü­nen die Hal­tung der Uni­on als „men­schen­feind­lich“ (SPD-Chef Wal­ter-Bor­jans ) und „Skan­dal“ (Mar­ga­re­te Bau­se, Spre­che­rin der Grü­nen-Frak­ti­on für Men­schen­rech­te), aber sie haben bis­lang offen­bar nicht kon­se­quent auf ihre Par­tei­ge­nos­sen auf Län­der­ebe­ne hin­ge­wirkt, einen vor­über­ge­hen­den Abschie­be­stopp zu erlas­sen. Dafür ist es nun höchs­te Zeit!

PRO ASYL kri­ti­siert auch die Igno­ranz und Über­heb­lich­keit, die die Bun­des­re­gie­rung der afgha­ni­schen Regie­rung gegen­über an den Tag legt. Deutsch­land kommt der mehr­fa­chen Auf­for­de­rung von afgha­ni­scher Sei­te, Abschie­be­flü­ge aus­zu­set­zen, da die Sicher­heit der Ankom­men­den nicht gewähr­leis­tet wer­den kön­ne, nicht nach – anders als etwa die skan­di­na­vi­schen Län­der. „Statt­des­sen scheint das Recht des Stär­ke­ren zu gel­ten: Mit Blick auf Afgha­ni­stan han­delt die Bun­des­re­gie­rung rück­sichts­los und ego­is­tisch, anstatt den Wer­ten der inter­na­tio­na­len Zusam­men­ar­beit ent­spre­chend, zu denen sie sich offi­zi­ell stets bekennt“, kom­men­tiert Wieb­ke Judith.

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