Das Rostocker Pogrom steht bis heute für das Zusammenwirken von Politik und dem rassistischen, gewalttätigen Mob der Straße. Rostock war ein Akt politischer Brandstiftung.
Die politische Hetze gegen Asylsuchende lieferte den Gewalttätern von Rostock-Lichtenhagen die Stichworte. Die Eskalation wurde von der Landesregierung und der Stadt Rostock sehenden Auges in Kauf genommen. Das Pogrom wurde von den Polizeibehörden nicht verhindert und anschließend als Hebel zur Verstümmelung des Grundrechts auf Asyl instrumentalisiert.
Die „Ausschreitungen vom vergangenen Wochenende sind die grässliche Begleitmusik zur Bereitschaft der SPD-Spitze, das Grundrecht auf Asyl zu kippen“, diagnostizierte PRO ASYL schon in einer Pressemitteilung am 24. August 1992. Am 6. Dezember 1992 einigten sich SPD, CDU/CSU und FDP im sogenannten Asylkompromiss darauf, das Asylrecht weitgehend auszuhebeln.
Statt die rassistischen Gewalttäter zu verfolgen, beschuldigte die Politik die Asylsuchenden. Auf einer Pressekonferenz am 24. August 1992 anlässlich der Ereignisse sagte der damalige Bundesinnenminister Rudolf Seiters: „Wir müssen handeln gegen den Missbrauch des Asylrechts, der dazu geführt hat, dass wir einen unkontrollierten Zustrom in unser Land bekommen haben.“
Seither soll die Drittstaatenregelung – heute praktisch durch die Dublin-II-Verordnung ersetzt – Schutzsuchende von Deutschland fernhalten. Wer dennoch kommt, wird den im Zuge des „Asylkompromisses“ beschlossenen rassistischen Sondergesetzen unterworfen: Der zermürbenden Lagerunterbringung und dem erniedrigenden Asylbewerberleistungsgesetz samt seiner demütigenden „Sachleistungen“.
Damit wirken das Pogrom und seine politischen Instrumentalisierung bis heute fort. Seit fast 20 Jahren degradiert die Bundesrepublik Flüchtlinge zu Menschen zweiter Klasse und grenzt sie systematisch aus. Dadurch bestärkt sie noch immer den Rassismus der Straße, statt ihm entgegenzutreten. Politik, die es Rassisten recht macht, gibt ihnen Recht und bestärkt sie in ihrem Tun.
Zwanzig Jahre nach dem Pogrom ist es an der Zeit, die Paragrafen abzuschaffen, mit denen man 1992 die „Ausländer raus“-Rufe des Mobs von Rostock in die Gesetzbücher geschrieben hat.
PRO ASYL fordert: Das diskriminierende Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Die entwürdigende Praxis, Asylsuchende mit Lebensmittelpaketen und anderen Sachleistungen abzuspeisen, muss beendet werden. Flüchtlinge dürfen nicht länger gezwungen werden, in Lagern zu leben. Flüchtlinge haben ein Recht auf Schutz und menschenwürdige Aufnahme.
PRO ASYL – Erklärung „20 Jahre Rostock-Lichtenhagen – ein Akt politischer Brandstiftung“